150 Jahre

Methodisten: Einst verspottet, heute anerkannt

Seit 150 Jahren gibt es die Evangelisch-methodistische Kirche in Österreich (EmK), die ihren Fokus auf Sozialarbeit legt und das mit dem christlichen Glauben begründet. Der Name „Methodisten“ war ursprünglich eigentlich eine spöttische und abfällige Bezeichnung für Menschen, die ihren christlichen Glauben besonders ernst nahmen.

„Wir möchten jeden Tag weiser werden als zuvor und dann ändern, was zum Besseren verändert werden kann“, lautet ein Zitat von Begründer John Wesley. Obwohl von der Zahl her sehr klein, ist die methodistische Kirche vor allem auch für ihr soziales Engagement bekannt. Die bedeutendste soziale Einrichtung ist das Diakoniezentrum Spattstraße in Linz mit gut 900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Die Einrichtung wurde 1963 gegründet und sei besonders innovativ, wie es vonseiten der Kirchenleitung heißt.

So war die Spattstraße in den 1960er-Jahren die erste „offene“ Jugendeinrichtung, in der Mädchen unter dem pädagogischen Anspruch „Helfen statt Strafen“ zu selbständigen Menschen erzogen wurden. In den 1990er Jahren leistete die Spattstraße Pionierarbeit mit Erlebnispädagogik, und in der jüngsten Zeit wurde mit der Entwicklung der „Kaya Wohngruppen für junge Menschen mit Essstörungen“ Neuland betreten. Zur Spattstraße gehört auch das „Sonderkrankenhaus für Kinder- und Jugendpsychiatrie“, in dem sowohl stationäre als auch ambulante heil- und sozialpädagogische Gruppen untergebracht sind.

Neun Gemeinden in Österreich

Die methodistische Theologie ist bestimmt durch Gottes Gnade. Sie wird in der methodistischen Vorstellung allen Menschen zuteil. Die Entscheidung, zu glauben und danach zu handeln, muss aber aus Sicht der EmK jede und jeder selbst treffen.

Die EmK kennt neben dem Sakrament der Taufe auch das Abendmahl, das niemandem verwehrt wird und mit Traubensaft statt Wein gefeiert wird – um auch mit Kindern und Alkoholkranken feiern zu können. Es wird keine bestimmte Bibelübersetzung verwendet, sondern verschiedene, die auch unterschiedliche Ansprüche abdecken – z.B. leicht verständlich oder nahe am Urtext. Häufig wird mit der „BasisBibel“ gearbeitet, die eine klare Sprache aufweist und auch auf Smartphones und Tablets verfügbar ist.

Ein Gottesdienst der Methodisten
EmK
Die Evangelisch-methodistische Kirche in Österreich feiert ihr 150-jähriges Bestehen

In Österreich zählen sich rund 1.400 Menschen in neun Gemeinden zur methodistischen Kirche. Gemeinden gibt es in Graz, Linz, Ried, St. Pölten, Salzburg, Wien-Floridsdorf und Wien-Fünfhaus. In Wien-Fünfhaus gibt es zudem auch eine englischsprachige internationale Gemeinde. Auch in Bregenz gibt es eine evangelisch-methodistische Gemeinde, die aber zur EmK Schweiz gehört. Die methodistische Gemeinschaft lebt vor allem von den Beiträgen ihrer Mitglieder.

Weltweit 90 Millionen Methodisten

Weltweit bekennen sich bis rund 90 Millionen Menschen zu Kirchen, die aus der methodistischen Bewegung hervorgegangen und im World Methodist Council (Weltrat Methodistischer Kirchen) verbunden sind. Die Evangelisch-methodistische Kirche in Österreich gehört zur „United Methodist Church“, die weltweit verbreitet und knapp 13 Millionen Mitglieder hat.

Der Österreich-Zweig gehört zusammen mit anderen europäischen Ländern (aber auch Tunesien und Algerien) zum Amtsbereich von Bischof Patrick Streiff, der seinen Sitz in Zürich hat. Superintendent (Distriktsvorsteher) in Österreich ist Stefan Schröckenfuchs. Die Kirche hat eine demokratische Struktur, wobei in Konferenzen (Synoden) gemeinsam von Laien sowie Pastorinnen und Pastoren Beschlüsse gefasst werden.

Es gibt kein Oberhaupt (wie den Papst), sondern eine „Kirchenfamilie“, wie Superintendent Stefan Schröckenfuchs einmal in einem Interview mit dem ORF sagte. Alle geistlichen Ämter stehen Männern und Frauen gleichermaßen offen. Bischöfinnen und Bischöfe werden gewählt, weltweit gibt es derzeit knapp 70.

„Methodisten“ als Spottname

Die Evangelisch-methodistische Kirche ist im 18. Jahrhundert aus der Kirche von England (Anglikanische Kirche) hervorgegangen. Der anglikanische Priester John Wesley (1703-1791) gilt gemeinsam mit seinem Bruder Charles Wesley und George Whitefield als Begründer der methodistischen Bewegung.

Ursprünglich wurde der Name „Methodisten“ einer Gruppe von Theologiestudenten an der Universität Oxford gegeben, die mit großem Eifer versuchten, ein streng geregeltes Leben nach christlichen Idealen zu führen. John Wesley war einer von diesen Studenten. Der Name „Methodisten“ war damals eine eher spöttische und abfällige Bezeichnung für Menschen, die ihren christlichen Glauben besonders ernst nahmen und sich durch eine disziplinierte Lebensweise auszeichneten. Ihre Frömmigkeit hatte „Methode“. Wesley wandte sich vor allem an die sozial schwache Arbeiterbevölkerung, die sich von der etablierten Kirche nciht angesprochen fühlte und setzte sich für die Beseitigung sozialer Missstände ein.

Seit 1951 staatlich anerkannt

1870 kam der erste methodistische Prediger Christian Dieterle aus Schwaben in (Deutschland) nach Österreich. 1871 gründete er in bescheidenem Rahmen in Wien die erste methodistische Gemeinde. Damals gab es keine Religionsfreiheit, wie man sie heute kennt, trotzdem wuchs die Gemeinde. Seit 1951 ist die Evangelisch-methodistische Kirche staatlich anerkannt, sie ist ökumenisch sehr engagiert und gehörte schon 1958 zu den Gründungsmitgliedern des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ).

Festakt am 8. Oktober

Mit einem Festakt am 8. Oktober feiert die EmK ihr 150-jähriges Bestehen. Die Jubiläumsfeier solle ein „kurzweiliger, fröhlicher Festakt sein, in dem nicht nur die Geschichte der Methodistischen Kirche und ihr sozialdiakonisches Engagement sichtbar werden sollen“, so Superintendent Stefan Schröckenfuchs gegenüber der katholischen Nachrichtenagentur Kathpress. Man wolle „den Blick auch bewusst in die Zukunft richten und die Frage nach dem Auftrag Christi für seine Kirche in unserer heutigen Zeit stellen“.

Das Fest findet ab 18.00 Uhr in der Wiener Sechshauserstraße statt, wo die methodistische Superintendentur ihren Sitz hat. Ihr Kommen zugesagt und Grußworte sprechen werden u.a. der methodistische Bischof für Mittel- und Südeuropa, Patrick Streiff, der in der Österreichischen Bischofskonferenz für Ökumene zuständige Linzer Bischof Manfred Scheuer, der evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka und der rumänisch-orthodoxe Bischofsvikar Nicolae Dura; letzterer vertritt auch den Ökumenischen Rat der Kirchen in Österreich bei der Feier. Bundespräsident Alexander Van der Bellen sendet eine Videobotschaft. Superintendent Schröckenfuchs und der methodistische Altsuperintendent Helmut Nausner schauen im Gespräch auf die Kirche von „damals und heute“.