Stift Klosterneuburg
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Administrator

Stift Klosterneuburg übernimmt für Missbrauch „Verantwortung“

Der neue Administrator des Stifts Klosterneuburg, der emeritierte Propst Maximilian Fürnsinn, hat einmal mehr bekräftigt, dass sich das Stift seiner Verantwortung im Blick auf Missbrauchsfälle stellt.

„Es gab Missbrauchsfälle. Dafür muss das Stift institutionelle Verantwortung übernehmen. Wir dürfen nicht wegschauen“, so Fürnsinn am Wochenende im Interview mit der Tageszeitung „Die Presse“.

Zur Zahl der Missbrauchsfälle befragt, sagte Fürnsinn, es seien etwas mehr als fünf, „in sehr unterschiedlicher Form“. Bei den Tätern habe es sich um Mitbrüder aus dem Stift gehandelt, „aber wir sprechen hier teilweise von alten Fällen, von den 1940er-Jahren bis heute.“ Einige Fälle habe man bereits mit Rom abgeklärt, „noch offene Anschuldigungen haben wir der Erzdiözese Wien bzw. der Klasnic-Kommission übergeben“. Hier, bei der Unabhängigen Opferschutzanwaltschaft, würden derzeit zwei Fälle liegen.

Präventionsstelle eingerichtet

Zudem habe man eine Präventionsstelle im Haus eingerichtet, „und wir haben alle im Konvent dazu verpflichtet, eine Präventionsschulung zu machen. Wir nehmen dieses Thema sehr ernst. Wir müssen den Betroffenen Anerkennung und Gerechtigkeit zukommen lassen.“ Freilich erzeuge die Situation Spannungen in einer Gemeinschaft. „Die Kunst besteht darin, dass sich die Gemeinschaft insgesamt für verantwortlich erklärt.“

Altabt Maximilian Fürnsinn (Mitte)
Kathbild.at/Franz Josef Rupprecht
Der Administrator für das Stift Klosterneuburg Fürnsinnhat dem Stift unter anderem eine Präventionsschulung verordnet

Im Stift gelte es nun, den Prozess der Vergemeinschaftung voranzutreiben, so Fürnsinn: „Ich sehe das auch hier als meine erste Aufgabe.“ Es sei ihm wichtig, das Ordensleben stärker in den Mittelpunkt zu stellen: „Gemeinsames Gebet. Gemeinsames Tischgespräch. Gemeinsame Planungen. Den Alltag des Klosters gut leben. Diesen Weg muss man sehr konsequent gehen, damit ein Kloster glaubwürdig ist.“

„Gruppendynamischer und Analyseprozess“

Fürnsinn sprach in diesem Zusammenhang auch von einer Vertiefung des spirituellen Lebens: „Ohne Spiritualität gibt es keinen Fortschritt. Fortschritt kann man nicht machen. Fortschritt muss aus einer Tiefe heraus wachsen. Und ja, der Prozess, den wir nun durchmachen, ist auch ein psychologischer, ein gruppendynamischer und ein Analyseprozess.“ Vom Stift Klosterneuburg müssten letztlich auf vielfältige Weise neue spirituelle Impulse ausgehen.

Zur Frage, ob Österreich Afghanistan-Flüchtlinge aufnehmen soll, meinte der Administrator, „dass man in der Form, wie das die Politik in Österreich tut, nicht wegschauen kann“. Man könnte gewisse Gruppen aufnehmen. Die Kirche würde mithelfen. „Wir haben genügend Pfarren, die sich bereits zu Wort gemeldet haben“, so Fürnsinn.

Zusammenarbeit mit päpstlichem Delegaten

Der Herzogenburger Altpropst hat mit 1. Juli seine Aufgabe als Administrator von Stift Klosterneuburg angetreten und arbeitet in dieser Funktion eng mit dem päpstlichen Delegaten, Kurienbischof Josef Clemens, zusammen. Clemens war im November 2020 als Delegat zum interimistischen Leiter von Stift Klosterneuburg ernannt worden, nachdem Propst Bernhard Backovsky im Mai 2020 aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten war. Die Beauftragung Clemens’ erfolgte nach einer Apostolischen Visitation des Stifts im Sommer 2020, bei der es unter anderem um Missbrauchsvorwürfe ging.

Im entsprechenden Dekret der zuständigen Kongregation wurde die Einsetzung des Delegaten mit der Feststellung begründet, dass Backovsky die Situation rund um den von Mitgliedern und ehemaligen Mitgliedern des Stifts begangenen Missbrauch nicht angemessen gehandhabt habe. Fürnsinn ist für seine Aufgabe vom Stift Herzogenburg, das er bis 2019 40 Jahre lang geleitet hatte, nach Klosterneuburg übersiedelt.