COP26

Papst warnt vor „unbewohnbarer Welt“

Papst Franziskus hat in einer vor dem Klimagipfel COP26 auf BBC ausgestrahlten Ansprache vor einer „unbewohnbaren Welt“ gewarnt. Kirchliche Umweltbeauftragte in Österreich appellierten unterdessen an Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP), sich zu positionieren.

„Wir finden uns zunehmend geschwächt und ängstlich wieder, gefangen in einer Folge von Krisen im Gesundheitsbereich, der Umwelt, bei der Ernährungssituation und in der Wirtschaft, ganz zu schweigen von sozialen, humanitären und ethischen Krisen“, sagte der Papst am Freitag in dem Beitrag.

„All diese Krisen sind tief miteinander verbunden.“ Und sie erforderten radikale Entscheidungen, die nicht immer einfach seien, fügte er hinzu. Gleichzeitig schafften die Krisen aber auch Möglichkeiten, die man nicht verstreichen lassen dürfe. Notwendig sei ein gemeinsamer neuer Verantwortungssinn für die Welt. „Wir alle wissen, wir kommen aus einer Krise nie alleine ohne andere heraus“, mahnte der 84-Jährige in der knapp fünf minütigen Ansprache.

Papst Franziskus mit gesenktem Kopf und ernster Mine
APA/ASP/Filippo Monteforte

Entscheidend sei, dass ein jeder sich dem Kurswechsel anschließe, getragen von „Glaube und Spiritualität“. Ziel müsse eine „Kultur der Fürsorge“ sein sowie unermüdliches Arbeiten gegen die „Samen der Konflikte: Gier, Indifferenz, Ignoranz, Angst, Ungerechtigkeit, Unsicherheit und Gewalt“.

Appell an COP26-Gipfel in Glasgow

Nie zuvor habe die Menschheit so viele Mittel zur Hand gehabt, diese Ziele zu erreichen, sagte Franziskus. Die politischen Entscheider beim COP26-Gipfel in Glasgow seien dringend aufgerufen, Antworten auf die ökologische Krise zu finden und der künftigen Generation Hoffnung zu spenden. Zugleich müsse immer wieder betont werden: Jeder Einzelne kann beitragen zum Kampf gegen den Klimawandel und die Zerstörung des gemeinsamen Hauses.

Wider Erwarten reist Franziskus wohl nicht selbst zum diesjährigen Klimagipfel COP26, der vom 31. Oktober bis 12. November in Glasgow abgehalten wird. Stattdessen wird eine vatikanische Delegation unter Leitung von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin und Kurienkardinal Peter Turkson an dem Welttreffen in Schottland teilnehmen.

„Positionieren Sie sich!“

„Positionieren Sie Österreich als Vorreiter, Herr Bundeskanzler!“ Diesen Appell haben die Umweltbeauftragten der katholischen Diözesen an Regierungschef Alexander Schallenberg gerichtet, der zur 26. UNO-Weltklimakonferenz (COP26) nach Glasgow reisen wird. Die kirchlichen Umwelt-Fachleute forderten den Kanzler am Freitag in einer Aussendung auf, „ambitionierte Pläne zur Reduktion der CO2-Emissionen vorzulegen und die Initiative von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zur Verminderung des Freiwerdens von Methan nachhaltig zu unterstützen“.

Ein Zaudern der beim Gipfel in Schottland versammelten Regierungsvertreter hätte schwerwiegende Folgen, warnten die Umweltbeauftragten. „Für ein friedliches und gutes Miteinander braucht es eine intakte Umwelt.“ Genau dies hätten auch 43 Mitgliedsstaaten bei der jüngsten Session des UNO-Menschenrechtsrates unterstrichen, erinnerte Markus Gerhartinger, Sprecher der katholischen Umweltbeauftragten.

Erste Schritte

Die Resolution, die das Recht auf eine gesunde, sichere, saubere und nachhaltige Umwelt festschreibt, sei zwar rechtlich nicht bindend, „trotzdem ist der Schritt bedeutsam, denn eine intakte Umwelt stellt die grundlegende Voraussetzung für die Bewahrung Menschenwürde in dar, sowie Gleichheit und Freiheit“.

Gerhartinger ortet in dieser Hinsicht auch in Österreich positive Signale. In der aktuellen Regierungsperiode seien bereits einige wichtige Themen angegangen worden: Der Experte nannte das Klimaticket, den „ersten Schritt in Richtung Ökologisierung der Steuergesetzgebung“ und die Bestrebungen für ein Plastikpfand. Auf baldige weitere ambitionierte Schritte in diese Richtung sei zu hoffen. Gerhartinger verwies aber auch auf noch bestehende „entscheidende Baustellen“ wie das noch fehlende Energieeffizienzgesetz. Es brauche diese Regelungen bald, damit die Einsparungspotenziale gehoben werden.

Politische Entscheidung gefordert

Die Diagnose von Papst Franziskus in seiner Enzyklika „Laudato si“ aus dem Jahr 2015, dass „die Umwelt-Gipfeltreffen der letzten Jahre (…) aus Mangel an politischer Entscheidung (…) keine wirklich bedeutungsvollen und wirksamen globalen Umweltvereinbarungen erreicht“ haben, sollte spätestens für Glasgow nicht mehr zutreffen, hofft Gerhartinger.

Das in Paris formulierte 1,5-Grad-Ziel einer maximalen Erderwärmung zu erreichen, sei entscheidend für die Lebenschancen der Menschheit und für ein stabiles gesellschaftliches Miteinander. „Es braucht jetzt ein gemeinsames tiefgreifendes Umdenken“, nahm Gerhartinger ausdrücklich die österreichische Bundesregierung in die Pflicht.

Klimaabkommen von Paris umsetzen

Die Weltklimakonferenz bei der über die weitere Umsetzung des Klimaabkommens von Paris beraten werden soll, war ursprünglich bereits für das vergangene Jahr geplant, musste aber wegen Corona verschoben werden. Das am 12. Dezember 2015 abgeschlossene Klimaabkommen sieht vor, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur im Vergleich zum vorindustriellen Niveau auf unter 2 Grad, nach Möglichkeit auf unter 1,5 Grad, zu begrenzen. Dies soll durch Verminderungen beim Ausstoß von Kohlendioxid und anderen klimaschädlichen Gasen wie Methan oder Lachgas geschehen.

Um dieses Ziel zu erreichen, legten die Länder freiwillige Beiträge vor – sogenannte „Nationally Determined Contributions“ (NDC). Weil sich allerdings schon damals abzeichnete, dass diese Selbstverpflichtungen nicht ausreichen würden, verständigte man sich in Paris darauf, alle fünf Jahre die Messlatte höher zu legen.