Rückreise

Papst: Rücktritt von Pariser Erzbischof „Ungerechtigkeit“

Papst Franziskus hat den Rücktritt des Pariser Erzbischofs Michel Aupetit als „ungerecht“ bezeichnet. Der 70-Jährige habe nicht wegen Kontakten zu einer Frau zurücktreten müssen, sondern wegen einer öffentlichen Vorverurteilung.

Das sagte Franziskus am Montag auf dem Rückflug seiner Reise nach Zypern und Griechenland. Der Papst hatte ein Gesuch des Erzbischofs vorige Woche angenommen, nachdem es Berichte über eine angebliche Liebesbeziehung des Geistlichen gab. „Wenn der Tratsch wächst, wächst, wächst, dann nimmt er einer Person den Ruf“, sagte der Papst nun. So ein Mann könne dann nicht mehr an einer verantwortlichen Position bleiben.

„Das ist eine Ungerechtigkeit. Ich habe den Rücktritt von Aupetit nicht auf dem Altar der Wahrheit akzeptiert, sondern auf dem Altar der Heuchelei.“ Eine Zeitung hatte berichtet, der Erzbischof habe 2012 eine Beziehung zu einer Frau gehabt. Aupetit räumte den Kontakt ein, beteuerte aber, dass es keine Liebesbeziehung gewesen sei.

„Sünden des Fleisches“ weniger schlimm als Hass

„Ich frage mich: Was hat Aupetit so Schlimmes gemacht, dass er zurücktreten muss? Was hat er gemacht?“, fragte Franziskus die Journalisten in dem Flugzeug. Aupetit habe das sechste Gebot (Du sollst nicht ehebrechen) verletzt, aber „nicht total“. „Er hat seine Sekretärin leicht gestreichelt und massiert.“ Das sei eine Sünde, „aber keine der schwersten“, so der Papst. Die „Sünden des Fleisches“ seien weniger schlimm als andere, wie etwa der Hass.

Papst Franziskus im Flugzeug auf der Heimreise von Athen nach Rom
APA/AFP/Alessandro di Meo
Papst Franziskus im Flugzeug auf der Heimreise von Athen nach Rom

Kritik an EU-Dokument

Papst Franziskus kritisierte in der „fliegenden Pressekonferenz“ außerdem ein internes Dokument der EU-Kommission mit Formulierungshinweisen, in dem geraten wurde, Begriffe wie „Weihnachten“ und „Maria und Josef“ aus dem Vokabular streichen. Im Gespräch mit Journalisten im Flugzeug auf der Heimreise nach Rom bezeichnete der Papst das EU-Dokument am Montag als „anachronistisch“.

In der Geschichte hätten bereits viele Diktaturen versucht, Begriffe wie Weihnachten zu streichen. „Ich denke an Napoleon oder an die Nazi-Diktatur oder an die kommunistische Diktatur. Aber das hat in der Geschichte nicht funktioniert“, so Franziskus. Er bezeichnete das EU-Dokument als „verwässerten Laizismus“.

Auf „Maria und Josef“ verzichten

In einer Leitlinie für inklusive Kommunikation innerhalb der EU-Institutionen mit dem Titel „Union of Equality“ wird empfohlen, auf den Begriff „Weihnachten“ sowie auf „Maria und Josef“ zu verzichten. Man solle lieber von „stressigen Feiertagen“ und nicht mehr von „stressigen Weihnachtstagen“ sprechen, empfahl die Kommission zudem.

Es gehe darum, andere Kulturen nicht zu diskriminieren. Wenn es um fiktive Personen gehe, solle man diese nicht Maria und Johannes nennen, sondern Malika und Julio. Angesichts dieser Beispiele sorgte das 30-seitige Büchlein mit den Leitlinien für helle Empörung in Italien. Nach heftiger Polemik beschloss die EU, die Leitlinie zurückzuziehen. Der Vatikan hatte das EU-Dokument bereits in den vergangenen Tagen kritisiert.

Papst Franziskus war am Montagmittag kurz vor 13 Uhr wieder auf dem Flughafen Ciampino in Rom gelandet. Seine 35. Auslandsreise hatte ihn in den vergangenen fünf Tagen nach Zypern und Griechenland geführt.

Papst beendet 35. Auslandsreise

Papst Franziskus hat seine Rückreise nach Rom angetreten. Seine 35. Auslandsreise hatte ihn nach Zypern und Griechenland geführt. Schwerpunkt der fünftägigen Reise war unter anderem der Umgang mit Flüchtlingen in Europa. Bei einer „fliegenden Pressekonferenz“ fand das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche kritische Worte gegenüber der Europäischen Union.

Schwerpunkt Flüchtlinge

Schwerpunkte der 35. Auslandsreise des Oberhaupts der römisch-katholischen Kirche waren der Umgang mit Flüchtlingen in Europa und der Dialog zwischen der katholischen und den orthodoxen Kirchen. International beachtet wurde der Besuch des Papstes in einem Flüchtlingslager auf der Insel Lesbos am Sonntag.

Das sichtlich bewegte Kirchenoberhaupt warf der Weltgemeinschaft vor, das Elend und die Hilflosigkeit von Flüchtlingen und Migranten zu ignorieren. „Ich bitte euch, lasst uns diesen Schiffbruch der Zivilisation stoppen“, sagte Franziskus und beklagte das Mittelmeer als „Spiegel des Todes“.

Abrechnung mit der EU

Der Papst würdigte die Aufnahme von Flüchtlingen in Griechenland. Zugleich ging er hart mit der EU ins Gericht. Es gebe in Europa immer noch Menschen, „die so tun, als ginge sie dieses Problem nichts an“. Immer noch gebe es Hotspots, wo Migranten und Flüchtlinge unter grenzwertigen Umständen lebten, ohne dass sich für sie eine Lösung abzeichne. „Es ist traurig, wenn als Lösung vorgeschlagen wird, mit gemeinsamen Ressourcen Mauern zu bauen, Stacheldrahtzäune zu bauen“, so Franziskus.

Ähnlich hatte sich der Papst bereits in Zypern, der ersten Station seiner Reise, geäußert. Bei einem ökumenischen Gebet mit Migranten in der Hauptstadt verurteilte er den Umgang mit Flüchtlingen und Migrantinnen und Migranten in der „entwickelten Welt“ als eine „schwere Krankheit“.

50 Migranten nach Italien

Franziskus kündigte an, in den kommenden Wochen 50 Migranten nach Rom ausfliegen zu lassen. Nach Angaben von Vatican News sollen die Flüchtlinge in den kommenden Wochen auf mehrere Flüge verteilt nach Italien gebracht und dort vom Vatikan finanziell unterstützt und in verschiedenen italienischen Gemeinden integriert werden.

Aufruf zu Dialog in Zypern

Die Bewohner Zyperns rief Franziskus während seines Aufenthalts zum Dialog mit der Türkei auf. Dies sei nicht einfach, aber der einzige Weg zur Versöhnung. Die 1960 von Großbritannien unabhängig gewordene Republik Zypern ist seit 1974 geteilt. Der Norden wurde nach teils gewaltsamen Spannungen von türkischen Truppen besetzt.

Einen weiteren Schwerpunkt der Reise bildete der Austausch mit Vertretern der orthodoxen Kirchen. Sowohl auf Zypern als auch in Griechenland warb der Papst dafür, angesichts der großen politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen, vor denen die Welt stehe, verstärkt mit einer Stimme zu sprechen. Bei einem Treffen mit Spitzenvertretern der griechisch-orthodoxen Kirche in Athen bat Franziskus „Gott und meine Brüder und Schwestern“ um Vergebung für Fehler der Vergangenheit. „Das Unkraut des Misstrauens hat unsere Distanz vergrößert, und wir haben aufgehört, Gemeinschaft zu pflegen“, sagte der Papst wörtlich.

Gottesdienste in Athen und Nikosia

Sowohl in Athen als auch in Nikosia feierte Franziskus Gottesdienste mit der katholischen Minderheit vor Ort. Auf Zypern warb er vor und 10.000 Gläubigen im größten Stadion der Insel für eine Erneuerung christlicher Geschwisterlichkeit.

„Wenn wir unter uns gespalten bleiben; wenn jeder nur an sich selbst oder an die Seinen denkt; wenn wir uns nicht zusammentun, nicht miteinander reden, nicht gemeinsam gehen, können wir von unserer Blindheit nicht vollständig geheilt werden“, sagte Franziskus. „Als ‚Wir‘ zu denken, zu sprechen und zu handeln und dabei den Individualismus und die Anmaßung der Selbstgenügsamkeit hinter sich zu lassen“, sei charakteristisches Merkmal einer kirchlichen Gesinnung.