Impfdebatte

Schönborn: Freiheit ohne Pflichten gibt es nicht

„Es gibt keine Freiheit ohne Verantwortung und ohne Pflichten. Und die Pflicht, den Nächsten zu schützen, ist gerade in einer Zeit der Pandemie eine Bedingung dafür, dass wir miteinander Freiheit leben können.“ Das hat Kardinal Christoph Schönborn in einer Fernsehdiskussion am Sonntag gesagt.

Die Kirche gebe in diesem Zusammenhang die Antwort, die die Philosophie seit eh und je gegeben habe: „Freiheit ist ein unglaublich kostbares Gut. Sie hat nur eine Grenze, und das ist die Freiheit des anderen“, wies Schönborn darauf hin, dass Freiheit nie absolut, sondern stets eingebunden in Verantwortung sei, sagte der Wiener Erzbischof in der Sendung „Club 3“ von „Kronen Zeitung“, „Kurier“ und „profil“.

„Das ist Impfen ist absolut eine Sache der Nächstenliebe“, „Wir müssen vor allem die anderen schützen. Alle Maßnahmen, die wir jetzt einhalten müssen, dienen dazu, andere zu schützen und anderen die Krankheit zu ersparen“, so der Kardinal in der Sendung „Club 3“ von „Kronen Zeitung“, „Kurier“ und „profil“.

Ängste ernstnehmen

Die Ängste relativ vieler Menschen vor der Impfung müssten ernst genommen werden, fügte Schönborn hinzu. Gleichzeitig hätten Regierung und beratende Experten auf die Gesundheit aller zu achten. „Es scheint eben so zu sein, dass ohne ein gewisses Maß an Durchimpfung der Bevölkerung diese Pandemie nicht zu überwinden ist.“ Natürlich sei eine Impfpflicht, auch wenn sie temporär sein soll, ein Eingriff in die Freiheit, so der Kardinal. „Aber jedes Gesetz ist ein Eingriff in die Freiheit.“

Das Virus, das man nicht sehen oder mit den Händen greifen könne, sei vielen „unheimlich“, und es entstünden leicht „pseudowissenschaftliche Ideen“. Behauptungen, wonach die wissenschaftliche Gemeinschaft weltweit einer Coronavirus-Verschwörung aufsitze, seien jedoch ein „fundamentaler Irrtum“, betonte der Kardinal in aller Deutlichkeit: Von den Forschern sitze keiner für sich alleine im Labor, genau so funktioniere seriöse wissenschaftliche Arbeit: „Alle tauschen sich aus. Nur so war es möglich, innerhalb von nur fünf Monaten einen Impfstoff zu entwickeln.“

Mehr Humor, weniger Verbissenheit

Die Polarisierungen in der Gesellschaft könnten keinesfalls mit Aggression, sondern mit einem Appell an die Vernunft überwunden werden, so Schönborn weiter. „Manchmal hilft auch ein bisschen Humor, ein bisschen weniger Verbissenheit.“ Keinerlei Verständnis zeigte der Kardinal jedoch für Diktatur-Vergleiche im Zusammenhang mit staatlichen Anti-CoV-Maßnahmen.

Jenen, die sich an die Nazizeit erinnert fühlen, müsse man sagen: „Bitte erinnert euch, was eure Großeltern, vielleicht sogar euren Eltern erlebt haben; was es heißt, in einem Terrorregime in einer wirklichen Diktatur zu leben. Die Frage einer temporären Impfpflicht kann man doch nicht mit dem Nationalsozialismus vergleichen.“

„Mehrheit sehr vernünftig“

Einzelne Gegner der Maßnahmen werde man dennoch nur schwer überzeugen können, so Schönborn. „Denn wenn man sich mental ernährt von Videos, die man massenweise im Internet finden kann, und in dieser Vorstellungswelt lebt, dann bekommt man wirklich den Eindruck, dass hier Schreckliches an der Menschheit getan wird.“

Ein „behutsames Wort“ richtete Schönborn in diesem Zusammenhang auch an die Medien: „Es ist schon auch eine gewisse Gefahr, dass die konzentrierte Aufmerksamkeit auf diese Phänomene den Blick verstellt, auf die große Mehrheit der Bevölkerung, die hier sehr vernünftig reagiert, die alles akzeptiert, was an Schutzmaßnahmen erwartet wird.“