Portugal

Plan zu kirchlicher Missbrauchsstudie vorgestellt

Die von der katholischen Kirche in Portugal eingesetzte unabhängige Kommission zur Untersuchung von Missbrauchsfällen hat ihren Arbeitsplan für 2022 vorgestellt. Unter dem Motto „Dem Schweigen eine Stimme geben“ („Dar Voz ao silencio“) seien Betroffene aufgerufen, ihren Fall publik zu machen.

Zielgruppe sind Personen, die zwischen 1950 und heute als Minderjährige sexualisierte Gewalt und Missbrauch durch Angehörige der Kirche oder im Rahmen kirchlicher Aktivitäten erlitten, hieß es laut Medien bei einer Pressekonferenz in Lissabon, wie Kathpress am Mittwoch berichtete. Die Kommission wird demnach Kirchendokumente ab 1950 in allen Diözesen des Landes nach Missbrauchsfällen untersuchen. Zudem soll in Zeitungsarchiven, Justizunterlagen und Archiven von Opferorganisationen geforscht werden.

Das wichtigste Instrument sei jedoch die persönliche Mithilfe der Betroffenen. Deshalb seien diese aufgerufen, die Taten etwa über eine eigens geschaltete Telefon-Hotline, Formulare im Internet oder per E-Mail zu melden. „Wir betreten da unbekanntes Gebiet, aber wenn wir einmal zu graben beginnen, werden wir von neuen Spuren überrascht werden. Unser Weg ist es, denen nachzugehen“, erklärte die Soziologin Ana Nunes de Almeida, Mitglied der Kommission.

Missbrauchsfälle seit 1950

Ziel der Kommissionsarbeit sei es, Anzahl, Opfer und Täter von Missbrauchsfällen seit 1950 zu ermitteln. Fälle, die noch nicht verjährt sind, würden an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden weitergereicht. Entsprechende Kanäle mit der Staatsanwaltschaft und den Polizeibehörden seien bereits eingerichtet worden, erklärte der ehemalige Justizminister Alvaro Laborinho Lucio, der ebenfalls der Kommission angehört.

Lucio versicherte, die Kommission habe freie Hand bei ihrer Arbeit. „Wir haben vollkommene Autonomie gegenüber der katholischen Kirche.“ Es gebe vereinzelte Kontakte zur Kirche, um über Fortschritte zu berichten. „Aber es wird keinen Austausch von Informationen geben. Diese sind vertraulich“, unterstrich er. Ein Zwischenbericht ihrer Arbeit will die Kommission demnach Ende des Jahres vorlegen.

Kinderpsychiater leitet Kommission

Leiter des Gremiums ist der Kinderpsychiater Pedro Strecht. Weitere Mitglieder sind neben dem früheren Minister Lucio der Psychiater Daniel Sampaio, die Soziologin Ana Nunes de Almeida, die Familientherapeutin Filipa Tavares und die Filmregisseurin Catarina Vasconcelos. Die Kommissionsarbeit wird durch die portugiesische Bischofskonferenz finanziert. Zudem kann sie durch Spenden unterstützt werden.

Die Einberufung der Kommission folgt den 2019 von Papst Franziskus erlassenen neuen Regeln zum Umgang mit Missbrauchsfällen innerhalb der römisch-katholischen Kirche.