Evangelische

Superintendent: „Ohne Ökumene geht es nicht“

Ein klares Bekenntnis zur Ökumene hat der evangelische Superintendenten Lars Müller-Marienburg abgelegt. „Ohne Ökumene geht es nicht“, das sei ihm „völlig klar“, denn es bestehe gar keine Möglichkeit, „uns einer Fantasie hinzugeben, dass wir da allein auf der Welt sind“.

So wird der Leiter der Evangelischen Kirche in Niederösterreich, die heuer das 75-jährige Bestehen ihrer Superintendenz feiert, von Kathpress zitiert. Auch angesichts eines 30-Prozent-Anteils von Menschen ohne Bekenntnis in Österreich seien andere Religionen und Konfessionen „auf keinen Fall Konkurrenten“, sagte er im Interview mit der St. Pöltner Kirchenzeitung „Kirche bunt“ (16. Jänner).

Müller-Marienburg bezeichete die religiös-pluralistische Realität in der österreichischen Gesellschaft als „Herausforderung“. So „wunderbar“ die Einladung evangelischer Repräsentanten bei offiziellen Veranstaltungen auch sei, finde er es dennoch „bedenklich, wie in der Öffentlichkeit die Existenz des Islam als zweitgrößte Religionsgemeinschaft des Landes und auch die orthodoxen Kirchen nicht vorkommen“, so Müller-Marienburg.

Katholische Kirche „nicht Konkurrentin“

Für die evangelische Kirche sei es „total wichtig“, mit der katholischen gut zusammenzuarbeiten. „Ich will nichts mehr, als dass es der katholischen Kirche gut geht, weil sie nicht unsere Konkurrentin ist und weil sie trotzdem noch vorgibt, wie die Stimmung im Land zum Thema Religion ist“, erklärte Müller-Marienburg, der seit 2016 Superintendent für Niederösterreich ist. „Wenn das eine Organisation ist, der die Leute vertrauen und die vertrauenswürdig ist, dann ist das das Beste, was uns passieren kann.“

Dass beide Kirchen kontinuierlich Mitglieder verlieren, erkläre sich aufgrund verschiedener Umstände. Zum einen schafften es die Kirchen nicht klar zu zeigen, was sie anzubieten haben: „Die Menschen haben ein spirituelles Bedürfnis, sie haben auch Sehnsüchte und Fragen.“

Der evangelische Superintendent Lars Müller-Marienburg
APA/EPD/Uschmann
Der evangelische Superintendent Lars Müller-Marienburg

Die Kirchen hätten es aber auch verabsäumt, etwas zur spirituellen Entwicklung der Gesellschaft beizutragen, so der Superintendent. „Oft sind die Kirchen die, die bei allem, was neu kommt, sagen: ‚Das geht auf keinen Fall‘“. Natürlich müsse man das bei manchem sagen, aber es könne nicht die automatische Antwort sein.

Glaube und Kirche als „Mehrwert“

Im Mittelpunkt müsse letztendlich immer die Frohe Botschaft stehen. Müller-Marienburg: „Es geht letztlich nur um die Theologie und darum, dass die Menschen von Gott hören. Ich bin überzeugt, dass wir den Leuten nicht sagen müssen, wie sie zu leben haben, sondern die Leute müssen eine Begleitung finden, wie sie ihr Leben mit Gott meistern können.“ Glaube und Kirche müssten Mehrwert sein und etwas Befreiendes, nicht eine Einschränkung, zeigte sich der Superintendent überzeugt.

Angesichts des bevorstehenden 75-Jahre-Jubiläums der niederösterreichischen Superintendenz wolle man einen „dankbaren Blick zurück“ werfen, „denn man kann schon sagen: Vor 75 Jahren war die evangelische Kirche wahrscheinlich ganz wenig in der Öffentlichkeit und in der Republik Österreich verankert“.

Kein „Fremdkörper“ mehr

Die Evangelischen seien aus verschiedenen Gründen als Fremdkörper wahrgenommen worden, was sich im Laufe der Jahrzehnte jedoch gewandelt habe. Heute werde man als Ansprechpartner wahrgenommen. „Das gilt insbesondere für das Land Niederösterreich, denn meine beiden Vorgänger haben es in ihrem jahrzehntelangen Wirken geschafft, die evangelische Kirche im Denken des Landes zu etablieren“.

Aktuell habe die Evangelische Kirche unter dem Titel „Aus dem Evangelium leben“ einen österreichweiten Strukturprozess eingeleitet, berichtete Müller-Marienburg. Zentral gehe es dabei um die Frage, wie die Organisation in der Zukunft aussehen soll. Derzeit können sich evangelische Pfarrgemeinden oder Verbünde von diesen für drei Jahre als „Erprobungsraum“ bewerben, um „zu schauen und zu verstehen, was das Wichtige an unserer Arbeit ist und woran man den Erfolg – abgesehen von den Zahlen – messen kann“.