Eine Regenbogenfahne vor dem Kölner Dom
APA/dpa/Oliver Berg
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Katholiken

D: Kirchenmitarbeiter outen sich als queer

125 Mitarbeitende der katholischen Kirche in Deutschland haben sich als queer geoutet. Sie fordern unter anderem, „ohne Angst offen leben und arbeiten“ zu können und dass Menschen mit nicht heterosexueller Orientierung einen „diskriminierungsfreien Zugang zu allen Handlungs- und Berufsfeldern der Kirche erhalten“.

Auf der am Sonntagabend unter dem Titel „#OutInChurch“ freigeschalteten Website zeigen viele der hauptamtlichen, ehrenamtlichen und ehemaligen Mitarbeitenden in kirchlichen Einrichtungen erstmals öffentlich ihre sexuellen Orientierungen, die nicht den Lehren der Kirche entsprechen, und für die ihnen berufliche Konsequenzen drohen. Darunter sind Priester, Ärzte, Lehrer und Leiter in Jugendverbänden.

Sie fordern unter anderem, dass sie „ohne Angst offen leben und arbeiten können“. Dafür müsse das kirchliche Arbeitsrecht so geändert werden, dass eine offene nicht-heterosexuelle Partnerschaft „niemals als Loyalitätsverstoß oder Kündigungsgrund gewertet werden“ darf.

Jobverlust möglich

Pfarrer Bernd Mönkebüscher aus Hamm, der 2021 bereits deutschlandweite Segnungsgottesdienste für homosexuelle Paare mit initiiert hatte, sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Aktion sei durch das Coming-Out – also das Öffentlichmachen der sexuellen Orientierung oder Identität – von 185 Schauspielerinnen und Schauspielern im vergangenen Jahr inspiriert worden. Die damaligen Unterzeichner, unter ihnen Ulrich Matthes und Ulrike Folkerts, hatten kritisiert, dass sich viele nicht offen zu ihrem Queersein bekennen könnten, ohne berufliche Nachteile befürchten zu müssen.

Das gelte für die katholische Kirche natürlich noch in viel stärkerem Maße, sagte Mönkebüscher: „Die Gemeindereferentin, die ihre Freundin heiraten will, verliert ihren Job.“

Geheimes Privatleben

Das bestätigt Monika Schmelter (65) aus Lüdinghausen im Münsterland. Sie hat die Beziehung zu ihrer heutigen Frau 40 Jahre verheimlicht, weil sie selbst bei der Caritas arbeitete und ihre Partnerin Religionslehrerin war. Sie hätten beide lange Anfahrtswege zu ihrer Arbeit in Kauf genommen, um nicht entdeckt zu werden, sagte Schmelter der Deutschen Presse-Agentur.

Als es irgendwann doch durchgesickert sei und sie sich ihrem Chef anvertraut habe, sei von dem die Ansage gekommen: „Wenn ich das weiter geheim halte, dann kann ich meinen Job behalten. Aber wenn ich das an meinem Dienstort offen gemacht hätte, hätte das zu meiner Kündigung geführt.“

„Nicht zeitgemäße Aussagen“ revidieren

Die Kirche müsse „diffamierende und nicht zeitgemäße Aussagen“ zur Sexualität revidieren und gegen „jede Form von Diskriminierung“ eintreten, lautet daher eine Forderung der Initiative. Die Kirche solle zudem aufhören, nicht-heterosexuellen Menschen den Zugang zu Sakramenten zu verwehren. Die Mitglieder der Initiative fordern außerdem eine Aufarbeitung des Leids, das die Kirche durch ihre diskriminierende Haltung verursacht hat, sowie ein Schuldeingeständnis der Bischöfe.

Die Initiative erhöht damit den Druck auf die Führung der katholischen Kirche in Deutschland. Diese steht nach der Vorstellung eines neuen Missbrauchsgutachtens vergangene Woche in München, das auch dem emeritierten Papst Benedikt XVI. eine Mitschuld gibt, schwer in der Kritik. Gleichzeitig kommt von konservativen Kirchenvertretern aus dem Ausland Kritik am sogenannten synodalen Weg in Deutschland.

Mit dem synodalen Weg will die katholische Kirche durch den Missbrauchsskandal verlorenes Vertrauen zurückgewinnen. In verschiedenen Foren diskutieren Laien und Bischöfe mögliche Reformen etwa zur katholischen Sexualmoral, zur Rolle der Frau in der katholischen Kirche und zur Rolle von Priestern.

Katholische Verbände solidarisieren sich

Rund 20 katholische Verbände und Organisationen solidarisieren sich mit queeren Katholikinnen und Katholiken. „Es darf nicht länger hingenommen werden, dass Menschen in kirchlichen Kontexten aus Angst gegenüber Kirchenvertreter*innen ein Schattendasein führen müssen, wenn sie nicht dem von der Kirche normierten Geschlechterbild entsprechen“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung, wie die deutsche Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) am Sonntag mitteilte.

Unterzeichnet ist die Erklärung unter anderem vom Präsidium des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), vom Katholischen Deutschen Frauenbund (KDFB), der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd), dem Forum katholischer Theologinnen „Agenda“, dem Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) sowie der Arbeitsgemeinschaft katholischer Hochschulgemeinden (AKH).

Für „Kultur der Diversität in der katholischen Kirche“

Den Forderungen der Initiative schlossen sich die Unterzeichnenden der Solidaritätserklärung an, wie es hieß. Es brauche eine „glaubwürdige und angstfreie“ Kirche. Diskriminierung und Ausgrenzung auch im kirchlichen Arbeitsrecht müsse „grundsätzlich unterbunden werden“. Diverse Menschen müssten in der Kirche sichtbar werden. „Wir stellen uns deshalb ausdrücklich gegen Homophobie und fordern eine Kultur der Diversität in der katholischen Kirche.“