Missbrauch

Früherer Kardinal übernimmt Verantwortung

Der frühere Münchner Erzbischof Kardinal Friedrich Wetter (93) hat persönliche Verantwortung für Missbrauchsfälle in der Katholischen Kirche übernommen. Er entschuldigt sich u. a. für „falsche Entscheidung“ in einem prominenten Missbrauchsfall.

In einer am Dienstag veröffentlichten Stellungnahme zum Münchner Missbrauchsgutachten räumte er ein, sich vor dem Jahr 2010 nicht eingehend mit den fatalen und zerstörerischen Folgen von Missbrauch für Kinder und Jugendliche auseinandergesetzt zu haben. Das mache für ihn persönlich sein Verhalten als Amtsträger zwar verständlicher, könne es aber nicht rechtfertigen. Denn hätte er anders entschieden, hätte es nicht zu weiteren Missbräuchen kommen können.

Ausdrücklich entschuldigte sich Wetter für seine „falsche Entscheidung“ in einem prominenten Missbrauchsfall, der in einem Gutachten mehr als 350 Seiten füllt. Pfarrer H. hätte nicht mehr in der Seelsorge eingesetzt werden dürfen.

Der Erzbischof von München und Freising, Kardinal Friedrich Wetter 1996
APA/Ulrich Schnarr
Der frühere Münchner Kardinal Friedrich Wetter 1996

Erzbischof von 1982 bis 2008

Wetter war von 1982 bis 2008 Erzbischof von München und Freising. Ein von der Erzdiözese München beauftragtes und von der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) am vergangenen Donnerstag veröffentlichtes Gutachten zu Missbrauchsfällen in der bayerischen Erzdiözese zwischen 1945 und 2019 wirft Wetter für seine Amtszeit Fehlverhalten im Umgang mit 21 Fällen vor, was der Kardinal zum Teil bestreitet, ausdrücklich nicht aber für den Fall H.

„Undelegierbare persönliche Verantwortung“

Es erfülle ihn „mit Scham und Trauer“, zumindest im Fall H. eingestehen zu müssen, „dass ich meiner Verantwortung als Erzbischof von München und Freising zum Schutz der Kinder und Jugendlichen nicht in dem notwendigen Maß gerecht geworden bin“, betonte Wetter. Durch Theologie und Kirchenrecht seien in der katholischen Kirche die Vollmachten fast nur auf den Ortsbischof konzentriert.

„Dem entspricht eine undelegierbare persönliche Verantwortung.“ Für seinen „unzureichenden Umgang im Fall H., aber auch mit anderen Anzeigen und Missbrauchsfällen in meiner Amtszeit muss ich deshalb auch persönlich Verantwortung übernehmen und bitte um Entschuldigung“.

Entscheidung „objektiv falsch“

In der gesamten Kirche sei eine „Selbstreinigung im Gang, die mit einem Schuldbekenntnis beginnt“. Wetter erklärte, er sei mit dem Fall H. nach seiner Erinnerung zum ersten Mal in Berührung gekommen, „als es darum ging, ob er nach seiner Verfehlung noch einmal in der Seelsorge eingesetzt werden könne“.

H. war wegen Missbrauchs mehrerer Kinder in Grafing 1986 zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. „Die Entscheidung, die ich nach intensiver Beratung in der Ordinariatssitzung getroffen habe, ihn unter strenger Aufsicht nach Garching/Alz zu schicken, war ohne Zweifel objektiv falsch“, schreibt der emeritierte Kardinal.