Gut angezogen

Benedikt XVI.: Theologische Statements auch durch Kleiderwahl

Benedikt XVI. galt als Denker. Kaum bekannt ist, dass er zu einem der „bestangezogenen Männer weltweit“ erkoren wurde. Dabei wollte der „Prada-Papst“, der gar nicht Prada trug, mit seiner Kleiderwahl kein modisches, sondern ein theologisches Statement setzen.

Modefragen wurden bis zu Benedikt XVI. eher selten in Verbindung mit dem Vatikan gebracht. Dennoch erregte es öffentlich Aufmerksamkeit, als Benedikt XVI. seine Amtszeit, modisch gesehen, mit einem „kleinen Fauxpas“ startete. Das prächtige Gewand, in dem er als neu gewählter Papst auf den Platz des Petersdoms trat, war zu kurz.

Wie die Schneidermeisterin Rita Scalella kurz nach seinem Amtsantritt erklärte, hatte man mit einem kleinen dicken oder einem großen schlanken Papst gerechnet. Dass die vorbereiteten Gewänder also nicht passten, war nicht Benedikts Schuld. Es sollte der einzige modische Fehltritt des Papstes bleiben.

„Papa Prada“

Als Kardinal hatte Joseph Ratzinger nichts anderes als Schwarz getragen. Modische Überraschungen erwartete niemand. Denn die Kleiderauswahl für Kleriker ist nicht groß. Vor allem nicht für den Papst. Die Tradition sieht vor, dass er tagsüber die weiße Soutane trägt, darüber seinen weißen Schulterumhang, die Mozzetta. Sein Kopf soll von der weißen Scheitelkappe bedeckt sein. Abwechslung bietet das Messgewand. Aber auch hier gibt es genaue Anweisungen zu Schnitt und Material. Die Regeln sind über Jahrhunderte gewachsen. Papst Benedikts Kleiderwahl sorgte dennoch immer wieder für Gesprächsstoff.

Benedikt mit dem „Saturno“
Reuters
Benedikt XVI. in weißer Soutane. Die weiße Scheitelkappe versteckt sich unter dem „Saturno“.

Sorgfältig wählte er verschiedenste Accessoires wie etwa modische Sonnenbrillen und Basecaps. Für besondere Aufregung sorgten seine roten Mokassins. Denn lange hielt sich das – zunächst von der italienischen Zeitung „La Repubblica“ verbreitete – Gerücht, Prada selbst hätte die päpstlichen Schuhe entworfen.

Die Vatikan-Zeitung „L’Osservatore Romano“ veröffentlichte sogar einen Beitrag zu dieser Frage und stellte klar, dass die Schuhe nicht von Prada, sondern von Adriano Stefanelli, dem päpstlichen Schuhmacher, entworfen worden waren. Der Papst würde „nicht Prada tragen, sondern Christus“.

Papst als Nikolaus?

Der öffentlichen Begeisterung tat das keinen Abbruch. Das US–Männermagazin „Esquire“ verlieh Benedikt 2013 den Sonderpreis „Accessoire-Träger des Jahres“. Benedikt XVI. galt damit offiziell als „einer der bestangezogenen Männer weltweit“. Unterstützt wurde das auch durch die verschiedensten Hüte, die Papst Benedikt immer wieder wählte.

Pope Benedict XVI wears a Camauro, a red velvet hat with white ermine trim used by popes at the 12th century, as he arrives on St-Peter’s square at the Vatican to preside over his weekly general audience, 28 December 2005. The pontiff prayed for the victims of last year’s Asian earthquake and tsunami, which killed at least 220,000 people.   AFP PHOTO / Patrick HERTZOG (Photo by Patrick HERTZOG / AFP)
APA/AFP/Patrick Hertzog
Bei der Fahrt zu seiner wöchentlichen Generalaudienz trug Papst Benedikt XVI. den Camauro

Dass das Terrain Mode auch für Päpste heikel sein kann, erfuhr Benedikt XVI. im Dezember 2005. Er zog den Zorn einiger Tierschützer auf sich, weil er eine fellbesetzte und mit Hermelin gefütterte rote Samtmütze trug. Andere zeigten sich amüsiert, weckte der Hut doch Assoziationen zum Weihnachtsmann. Was wenige wussten: die gewählte Kopfbedeckung, der Camauro, ist bereits seit dem Mittelalter offizielle Kopfbedeckung der Päpste außerhalb der Liturgie. Er wurde aber auch von anderen Würdenträgern getragen.

„Kleidung sollte anonymisieren“

Benedikts Kleiderwahl sei weniger als modisches Statement gedacht gewesen, sagen Papstkenner. Vielmehr sei sie Ausdruck seines Kirchen– und Papstverständnisses gewesen, erklärt der Theologe Wolfgang Beinert in der Dokumentation über Ratzinger „Verteidiger des Glaubens“. Er habe die Kirche in erster Linie als „Nachfolgerin des erhöhten Christus in allem Glanz und aller Gloria“ betrachtet. Dieser Überzeugung habe er Ausdruck verleihen wollen.

Dem stimmt auch der Theologe Hermann Häring zu. Es sei Benedikt XVI. nicht so sehr um Prunk gegangen. Vielmehr habe er zeigen wollen: "Ich bin der Papst. Und jedes Kleidungsstück ist sozusagen ein Stück Anonymisierung. Als Person trete ich jetzt hinter meinem Amt zurück.“ Auffällig sei, so Häring, dass Benedikt dabei auf Elemente zurückgriff, die viele für überholt hielten und die schon bei Papst Johannes Paul II. ein Auslaufmodell waren. Benedikt XVI. habe sich „in der Welt des Stellvertreter-Christi-Amtes eingepackt“, so Häring.