Land und Menschen

Benedikts Liebe zu Österreich

Benedikt XVI. war oft in Österreich. Als Höhepunkt seiner Besuche gilt seine Reise als Papst nach Mariazell, Wien und Heiligenkreuz im Jahr 2007. Er selbst sprach von „Liebe“, die ihn mit Österreich verband. Seine Stellungnahmen während der Reise sorgten aber auch für Kontroversen.

Bereits als Kind besuchte Joseph Ratzinger Österreich. In einem Brief, den er vor seinem Besuch im September 2007 an die „Leserinnen und Leser der österreichischen Kirchenzeitungen“ richtete, erinnerte er sich: „Ich liebe dieses Land, das mir seit meiner Kindheit nahe ist – seit den sonntäglichen Wanderungen, die wir zu Beginn der dreißiger Jahre über die Salzach–Brücke mit unserer Mutter nach Ostermiething, nach Sankt Radegund und an andere Orte auf der österreichischen Seite der Salzach gemacht haben.“

Nicht nur die „wundervollen Landschaften“ waren ihm in Erinnerung geblieben, sondern auch die „große österreichische Kultur“ und die „liebenswerten Menschen“, die er in Österreich kennengelernt hatte.

Enge Verbindung zu Bischöfen

Verbunden fühlte Ratzinger sich auch mit einigen österreichischen Bischöfen. Allen voran mit Kardinal Christoph Schönborn, der ein Schüler Ratzingers in Regensburg war. Später war Schönborn maßgeblich an der Erarbeitung des „Katechismus der katholischen Kirche“ (KKK) als Redaktionssekretär beteiligt. Ratzinger war Vorsitzender der dafür zuständigen Kommission.

APAHK15- 08092007 – MARIAZELL – OESTERREICH: ZU APA-TEXT II – PAPST BENEDIKT XVI. IN OESTERREICH – Papst Benedikt XVI. und der Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schoenborn am Samstag, 08. September 2007, waehrend einer Festmesse vor der Basilika in Mariazell. APA-FOTO: HANS KLAUS TECHT
APA/ Hans Klaus Techt
Benedikt XVI. und Kardinal Christoph Schönborn in Mariazell 2007

Ein anderer guter Bekannter aus Österreich war Egon Kapellari, emeritierter Diözesanbischof der Diözese Gurk-Klagenfurt. Kapellari konnte Ratzinger 1985 als Referent für die „St. Georgener Gespräche“ gewinnen. Mehrfach besuchte Ratzinger Kapellari in den darauffolgenden Jahren. Was sie verband war die gemeinsame Liebe zur Kunst. Sie war es auch, die Ratzinger 1991 nach Österreich führte. Anlass war das 200-Jahr-Gedenken der Uraufführung des „Ave Verum“ von Wolfgang Amadeus Mozart in Baden.

„Falsche Lehren über die Kirche“

Innerkirchliche Diskussionen in Österreich beschäftigten Ratzinger in seiner Zeit als Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation. Als Laien und Kleriker in der Plattform „Wir sind Kirche“ Fragen der Kirchenreform und gesellschaftspolitischer Themen aufgriffen, empfahl Ratzinger den Dialog mit der Plattform zu suchen. Gleichzeitig mahnte er zur Vorsicht, weil manche der in der Plattform vertretenen Meinungen, „nicht voll mit Lehre und Disziplin der Kirche übereinstimmen“ würden.

Das „Kirchenvolks-Begehren“, für das die Plattform „Wir sind Kirche“ im Jahr 1995 mehr als 500.000 Unterstützer fand, lehnte Ratzinger ab. Die darin geäußerten Forderungen ließen Ratzinger zufolge eine „einseitige oder sogar falsche Lehre über die Kirche“ erkennen. Den Dialog mit der Plattform und ihre Einbindung in die Gesprächsprozesse des „Dialogs für Österreich“, einem Kriseninstrument der österreichischen Bischöfe, empfahl Ratzinger aber weiterhin.

Ehrenzeichen der Republik

Bei vielen kirchlichen, aber auch politischen Amtsträgern in Österreich genoss Ratzinger hohes Ansehen. So wurde ihm als Zeichen der Wertschätzung 1992 der höchste österreichische Orden der Republik verliehen, das „Große Goldene Ehrenzeichen am Bande für Verdienste um die Republik Österreich“. 2009 erhielt er die Mariazeller Ehrenbürgerschaft.

APAJAE15 – 27032004 – WIEN – OESTERREICH: ZU APA053 UND FORTS. –  Kardinal Joseph Ratzinger  (L.) waehrend der Traufeier fuer Kardinal Franz Koenig am Samstag, 27. Maerz 2004, im Wiener Stephansdom. Der Wiener Alt-Erzbischof wurde heute in der Bischofsgruft beigesetzt.    APA-FOTO: HANS KLAUS TECHT
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Kardinal Joseph Ratzinger während der Trauerfeier für Kardinal Franz König im Wiener Stephansdom 2004

Als persönlicher Vertreter Papst Johannes Paul II. nahm Ratzinger 2004 an den Trauerfeiern für Kardinal Franz König teil und zelebrierte für ihn auch das Requiem. Dabei würdigte Ratzinger „die große geschichtliche Sendung Wiens als Begegnungsort zwischen Ost und West“, die auch der verstorbene Wiener Alterzbischof verkörpert habe.

Demonstrationen gegen Benedikt XVI.

Benedikts Österreichreise 2007 sorgte bereits im Vorfeld für Kritik. Vertreter der Plattform „Wir sind Kirche“ warfen Benedikt mangelnde Gesprächsbereitschaft vor: „Mit wem nicht zu reden ist, mit dem kann man auch nur schwer beten“, sagte Hans Peter Hurka, bis 2015 Vorsitzender der Plattform. Die Organisatoren des Papstbesuchs betonten, dass Benedikts Besuch eine „Pilgerreise“ sei, nicht der Ort, um über strittige Fragen zu diskutieren.

Vertreter der sozialistischen Jugend Wien (SJ) riefen zu einer Demonstration gegen den Papstbesuch in Wien auf. Sandra Breiteneder, damalige Vorsitzende der SJ, erklärte: „Wir demonstrieren gegen den Papstbesuch, weil wir eine Gegenöffentlichkeit zur Verherrlichung der Politik des Papstes schaffen wollen. Wir demonstrieren gegen Konservatismus, Sexismus und Homophobie des Vatikans.“ Die Homosexuelle Initiative Wien „Hosi“ warnte im Vorfeld, dass Benedikts Besuch die Anerkennung lesbischer und schwuler Partnerschaften in Österreich verzögern könnte.

Lebensschutz und Schoah-Gedenken

Anlass des Besuchs Benedikts war das 850-Jahr-Jubiläum des Marienwallfahrtsortes Mariazell. Seine Reise führte ihn aber nicht nur nach Mariazell, sondern auch nach Wien und Heiligenkreuz. Benedikt XVI. nutzte das Motto „Auf Christus schauen“, um bei seinem Besuch auf für ihn wesentliche theologische und politische Themen hinzuweisen.

Für heftige Debatten sorgte sein Appell zum Schutz des menschlichen Lebens, das er „durch Abtreibung und Euthanasie bedroht“ sah. Viele in Österreich bezogen seine Stellungnahme direkt auf die österreichische Fristenlösung. Kapellari dementierte später, dass Benedikt diese konkret im Blick gehabt hätte. Dass Benedikt das Mahnmal auf dem Judenplatz besuchte wurde als wichtiges Zeichen gewürdigt. Gemeinsam mit Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg gedachte er der österreichischen Opfer der Schoah.

APAART02 – 09042007 – WIEN – OESTERREICH: ZU APA TEXT AI – Anlaesllich des 80. Geburtstages von Papst Benedikt XVI am 16. April, bringt die Oesterreichische Post AG eine 1 Euro Sonderbriefmarke heraus. Erscheinungsdatum: 12. April 2007, Auflagenhoehe: 500.000 stueck.     APA-FOTO: OESTERREICHISCHE POST AG
APA/ Österreichische Post AG
Die Sonderbriefmarke zeigt Papst Benedikt XVI., sein Wappen und eine historische Ansicht des Petersdoms

Über drei Millionen Zusehende

Der Papstbesuch selbst verlief ohne Zwischenfälle. Trotz zum Teil heftiger Regenfälle hatten mehr als 110.000 Gläubige an den Feiern mit dem Papst teilgenommen. Mehr als drei Millionen Zuseher und Zuseherinnen hatten die Live-Übertragungen der Gottesdienste aus Mariazell und dem Stephansdom verfolgt. Benedikt selbst resümierte seine Reise positiv.

Bei seiner Abschiedsrede am Flughafen Schwechat, sprach Benedikt nochmals seinen Dank aus und erinnerte an die diplomatische Bedeutung Österreichs: „Das Bemühen um gegenseitiges Verständnis, die kreative Gestaltung immer neuer Wege zur Schaffung von Vertrauen unter den Menschen und Völkern, mögen die nationale und internationale Politik dieses Landes weiterhin inspirieren.“