Deutschland

Synodaler Weg: Erste Reformtexte beschlossen

Erstmals hat der 2019 gestartete „Synodale Weg“ zur Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland Reformpapiere verabschiedet. Die Synodalversammlung votierte am Donnerstagabend mit breiten Mehrheiten für ein 20-seitiges theologisches Grundsatzpapier sowie für eine Erklärung zum anderen Umgang mit Macht in der Kirche.

Das Orientierungspapier „Auf dem Weg der Umkehr und der Erneuerung“ hält die theologischen Fundamente für die weiteren Beschlüsse fest. Wichtigste Quellen für Christinnen und Christen sind demnach die Bibel, die Tradition, das Lehramt, die Theologie sowie – das ist entscheidend und neu – die „Zeichen der Zeit und der Glaubenssinn des Volkes Gottes“. Bei den Beratungen der in Frankfurt Versammlung ging es vor allem um die Frage, welche Stellung diese „Zeichen der Zeit“ haben und welcher Anteil am Lehramt den Theologen zukommt.

Die Synodalversammlung zählt 230 Mitglieder: die 69 deutschen Bischöfe, 69 Vertreter des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) – die Vertretung der Laien, also der Nicht-Kleriker – und 92 Vertreter verschiedener katholischer Berufsgruppen. Sie behandelt vier Themenfelder: die Position der Frau in der Kirche, den Umgang mit Macht, die katholische Sexualmoral und die priesterliche Ehelosigkeit (Zölibat). Angestoßen wurde der Reformprozess als Reaktion auf den Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche.

Für anderen Umgang mit Macht

Vor dem Hintergrund der Missbrauchskrise in der römisch-katholischen Kirche hatte sich der „Synodale Weg“ in einem Grundlagentext unter dem Titel „Macht und Gewaltenteilung in der Kirche – Gemeinsame Teilnahme und Teilhabe am Sendungsauftrag“ auch für einen anderen Umgang mit Macht ausgesprochen. Aktuell bestehe zwischen dem Anspruch des Evangeliums und der Ausübung von Macht in der Kirche eine Kluft.

Damit die Beschlüsse gelten, mussten sowohl alle Teilnehmenden Synodalen als auch die anwesenden Bischöfe zu mehr als zwei Dritteln zustimmen. Beim Macht-Papier war auch noch die Zwei-Drittel-Zustimmung der nicht-männlichen Teilnehmer notwendig. Bei insgesamt 207 abgegebenen Stimmen gab es 178 Ja, 24 Nein-Stimmen und fünf Enthaltungen.

Pfarrer: Klar, dass sich was ändern muss

Auch die notwendigen zwei Drittel-Mehrheiten kamen zusammen: Von den 57 abstimmenden Bischöfen stimmten 74,07 Prozent für den Text, bei den 67 nicht-männlichen Voten gab es sogar 92,5 Prozent Zustimmung für den Text, in dem es unter anderem um Pluralität und die besondere Bedeutung der Stimmen der von sexualisierter Gewalt betroffenen Menschen ging.

Die Missbrauchsstudie habe klar gemacht, dass sich etwas ändern müsse, sagte ein Pfarrer in der vorangegangenen Diskussion. „Der Synodale Weg steht vor einem Schlüsselmoment“, betonte eine andere Synodale, als sie für die Annahme des Grundtextes warb.

Schuldbekenntnis angekündigt

Begonnen hatte die Synodalversammlung mit einer langen und streckenweisen emotionalen Aussprache über das Münchner Gutachten zu sexuellem Missbrauch und seiner Aufarbeitung. Dabei forderten viele Teilnehmer grundlegende und baldige Reformen in ihrer Kirche.

Das Präsidium des „Synodalen Wegs“ kündigte die Ausarbeitung eines Schuldbekenntnisses an. In dem Zusammenhang nannte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, das Münchner Missbrauchsgutachten ein „Beben“. Er fügte hinzu: „Es wird nicht das letzte gewesen sein – andere Diözesen werden folgen. Und jedes Mal werden wir wieder mit tiefen Abgründen konfrontiert, die mich mit Scham erfüllen.“

ZdK-Präsidentin: Gerechtigkeit herstellen

In der Auftakt-Pressekonferenz sagte die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, sie wolle Veränderungen sehen. Es gelte, Gerechtigkeit herzustellen: „für die Opfer sexueller Gewalt, für die vielen Betroffenen, für Kirchengemeinden, für Familien, für Menschen, deren Leben durch die Kirche nicht besser, sondern schlechter geworden ist“.

Missbrauch erschüttere jedes Mal, „aber es ist wichtig, jeden Fall sichtbar zu machen“, sagte die Generalsekretärin der Deutschen Bischofskonferenz, Beate Gilles, im Interview dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Freitag). Die Kirche stecke in einer „tiefen, fundamentalen Krise“, sagte die Theologin weiter. „Ja, die Kirche hat gesündigt.“ Zugleich verwies Gilles auf den „Synodalen Weg“: Dort würden „in einer beeindruckenden Geschwindigkeit die Themen wie Macht, Beteiligung, Sexualmoral konkretisiert" und Lösungsvorschläge erarbeitet.“ Die Kirche sei „zur inneren Reform bereit“, betonte sie. „Daran arbeiten wir, daran lassen wir uns messen.“

Versammlung tagt bis Samstag

Die Synodalversammlung ist das oberste Gremium des von der Deutschen Bischofskonferenz und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) verantworteten „Synodalen Wegs“ . Trotz hoher Corona-Inzidenzwerte reisten laut Angaben der Organisatoren 189 der 230 Synodalen nach Frankfurt; weitere 29 nahmen online an dem bis Samstag dauernden Treffen teil.

Auf dem Tisch liegen insgesamt 13 Papiere zu den vier zentralen Themen – Sexualmoral, Rolle der Frauen, priesterliches Leben und Macht. Zu den Forderungen gehören etwa der Ruf nach Mitbestimmung der Laien bei der Bestellung neuer Bischöfe und nach der Zulassung von Frauen zum Diakonat.