Armut

Caritas: Schlimmste Wirtschaftskrise im Libanon

80 Prozent der Bevölkerung im Libanon leben mittlerweile in Armut. Das schätzt der Präsident der libanesischen Caritas, Michel Abboud. Claudia Prantl, Leiterin der Auslandshilfe der Caritas Salzburg, teilt diese Einschätzung: Der Libanon stecke in der schlimmsten Wirtschaftskrise seiner Geschichte.

Das betonte Prantl im Interview mit der Salzburger Kirchenzeitung „Rupertusblatt“ (aktuelle Ausgabe). „Ich glaube, es war noch nie derart hoffnungslos. Es ist sehr traurig, das Land und seine Menschen so verzweifelt und verwundet zu sehen“, berichtete Prantl: „Wir sehen, dass immer mehr Menschen Unterstützung brauchen, damit sie überleben können.“ Der Libanon ist ein traditionelles Schwerpunktland der Caritas Salzburg.

Laut Caritas wollen aktuell sechs von zehn Libanesen das Land verlassen, mitten im Winter. Der gesamte Nahe Osten leidet derzeit unter einer Kältewelle. Doch geheizte Wohnungen, warmes Wasser und ausreichend Lebensmittel sind vor Ort nicht selbstverständlich.

Menschen verzweifelt

Wegen Treibstoffmangels hätten viele Haushalte kaum Strom. Zudem fehle es an Medikamenten und an Lebensmitteln. „Den Libanesinnen und Libanesen geht es also selbst sehr schlecht. Noch verzweifelter sind die Migrantinnen und Migranten im Land, die aus Äthiopien, Sudan, Indien, Syrien oder Bangladesch stammen“, erzählte Prantl.

Der Libanon brauche wirkliche Reformen, eine Abkehr von der Klientelpolitik und Persönlichkeiten an der Spitze des Staates, die bereit sind, Kompromisse einzugehen. Die Explosion im Sommer 2020 im Hafen von Beirut sei bis heute nicht aufgearbeitet und schüre weitere politische Spannungen.

Wenn die Menschen kein Geld für lebenswichtige Medikamente, Schule oder Essen haben, sei die Hoffnung das Einzige, was ihnen noch bleibt. Die Unterstützung durch die Spender und Spenderinnen aus Österreich sei „in dieser beispiellosen Krise wichtiger denn je“, nicht nur in finanzieller, sondern auch in moralischer Hinsicht.

Caritas unterstützt Kinder und Familien

Trotz der angespannten Lage im Land gehe die Arbeit der Projektpartnerinnen und -partner der Caritas Salzburg weiter, wenn auch mit Einschränkungen. In der Schule „Beth Aleph“ in Beirut werden etwa Kinder aus Flüchtlings- und Migrationsfamilien unterrichtet und begleitet. Aufgrund der Energiekrise, dem Mangel an Medikamenten durch lange Lieferzeiten, oder der Knappheit an Baumaterialien verzögere sich einiges. „Wichtig ist, dass wir die Kinder von ‚Beth Aleph‘ und ihre Familien weiter unterstützen“, betonte Prantl.

Die Hilfe sei auch weitergelaufen, als die Schule aufgrund der Coronavirus-Pandemie geschlossen hatte. Das Team vor Ort habe Handywertkarten verteilt, damit die Kinder Zugang zum Online-Unterricht hatten. „Die Pädagoginnen und Sozialarbeiterinnen hielten dann über WhatsApp Kontakt zu ihnen“, erzählte die Caritas-Mitarbeiterin. Die große Explosion im Sommer 2020 hatte „Beth Aleph“ wie viele Gebäude in Mitleidenschaft gezogen. Mittlerweile wurden die Schäden repariert.

Bildung und ein warmes Essen

130 Kinder besuchen derzeit das Kindergarten- und Schulprojekt „Beth Aleph“ der Caritas in der libanesischen Hauptstadt Beirut. Sie lernen, spielen, erfahren Geborgenheit und Wärme. Und wenn die Schulklingel zum letzten Mal läutet, gibt es Mittagessen – oft die einzige warme Mahlzeit des Tages.

Die von der Caritas unterstützten Bildungsprojekte im Libanon umfassen „weit mehr als Unterricht: medizinische Versorgung, Schultransport, Schulmaterialien und Essen. Familien können sich all das nicht leisten.“ Alleine das Geld für den Schulbus aufzubringen, sei für viele Eltern eine zu große Hürde in der aktuellen schweren Krise.

Spendensammlung im Februar

Zudem werde Covid-19-Nothilfe geleistet und sichergestellt, dass chronisch Kranke Unterstützung erhalten. Für Arbeitsmigrantinnen und Flüchtlinge seien die derzeitigen Hilfsgüterverteilungen und finanziellen Überbrückungen lebensnotwendig, damit sie überhaupt irgendwie über die Runden kommen.

Kinder in Not stehen im Fokus der aktuellen Caritas-Kampagne, mit der österreichweit im Februar dafür gesammelt wird, möglichst vielen Kindern weltweit einen Zugang zu Bildung zu ermöglichen. Die Caritas Salzburg hat dabei traditionell ihren Schwerpunkt im Nahen Osten.