Katholiken

Missbrauchsopfer in Italien wollen Aufarbeitung

In Italien mehren sich die Rufe nach einer Aufarbeitung der Missbrauchsfälle in der römisch-katholischen Kirche. Italienische Opfer von sexuellem Missbrauch durch Geistliche haben am Dienstag ihre Kampagne vorgestellt.

Darin fordern sie, dass auch in Italien wie bereits zuvor in Österreich, Deutschland und Frankreich eine Untersuchung zum Thema Pädophilie und Missbrauch in der Kirche eingeleitet wird. Die Dachorganisation der Missbrauchsopfer mit dem Namen #ItalyChurchToo hat die Kampagne „Beyond The Great Silence“ (Jenseits des großen Schweigens) ins Leben gerufen, die am Dienstag in Rom vorgestellt wurde.

Über sexuellen Missbrauch durch Priester werde in Italien viel zu wenig berichtet, die Behörden hätten die Bitten der Opfer wiederholt ignoriert und Fälle vertuscht, kritisierte die Organisation.

Untersuchung und Entschädigung

„Wir fordern, dass die italienische Bischofskonferenz (CEI) so schnell wie möglich eine unabhängige Kommission mit der Untersuchung von Missbrauch in der Kirche beauftragt. Wir fordern eine professionelle Untersuchung, die die Archive aller Diözesen und aller Klöster öffnet“, so die Sprecher der Organisation. Sie verlangten zudem, dass Missbrauchsopfer eine Entschädigung für die an ihnen begangenen Verbrechen erhalten.

Die Mutter eines Opfers beschuldigte die katholische Kirche, sich auf die Seite der Täter und nicht auf die der Opfer zu stellen. „Die Kirche ist die Instanz, an die sich alle Opfer von Pädophilie wenden, aber die Kirchengerichte schützen die Opfer nicht, und vor den Zivilgerichten verteidigt die Kirche den Priester“, beklagte die Frau.

Informationen zu 1.400 Fällen gesammelt

Die Kampagne wurde von Francesco Zanardi, Präsident des Netzwerks italienischer Missbrauchsopfer „Rete L’ Abuso“ ins Leben gerufen. Er sammelte in den vergangenen zwölf Jahren Zeugnisse zu 1.400 Fällen von Missbrauch durch Geistliche in Italien. Die meisten Fälle führten jedoch nicht zu einer Klage, da sie zu lange zurückliegen. Zanardi forderte die Abschaffung der Verjährung für Missbrauchsfälle. Sein Netzwerk wird mit mehr als 20 Anwälten zusammenarbeiten.

In der jüngsten Abschlusserklärung ihres Ständigen Rates hatten die Bischöfe Italiens in den vergangenen Wochen einen verstärkten Schutz von Missbrauchsopfern zugesagt. Generalsekretär Stefano Russo schloss dabei eine Untersuchung nicht aus. Derzeit stünden aber Maßnahmen zum Opferschutz im Vordergrund, so Russo.