Zwei kleine Buben machen Hausaufgabe
APA/dpa/Karl-Josef Hildenbrand
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Therapie

Diakonie fordert Milliarde für Kindergesundheit

Eine Milliarde Euro für die Kindergesundheit und den Ausbau kassenfinanzierter, bezahlbarer Therapieplätze – das hat die evangelische Diakonie in einer Aussendung am Donnerstag gefordert.

Zehntausende Kinder in Österreich erhielten noch immer nicht die für sie notwendigen Therapien. „Damit sie ihren Alltag bewältigen können, brauchen diese Kinder fachgerechte Unterstützung und Begleitung“, so Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser.

Dringend müssten der Umfang und Zugang zu kassenfinanzierter Psychotherapie verbessert und Therapieangebote und psychosoziale Notdienste außerhalb der Ballungszentren ausgebaut werden, sagte Moser. Angesichts der zunehmenden psychosozialen Probleme von Kindern und Jugendlichen infolge der Pandemie wäre das eine „gute Investition“, zeigte sie sich überzeugt.

„Krise kränkt die Kinderseele“

„Die Coronavirus-Krise kränkt die Kinderseele. Kopfschmerzen, Einschlafschwierigkeiten, Niedergeschlagenheit und Essstörungen nehmen zu.“ Verschärft werde die Situation durch beengtes Wohnen und geringes Einkommen im Haushalt.

Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser
APA/Hans Punz
Diakonie-Direktorin Moser drängt auf Geld für Therapien

Für die Kinder, die dringend Hilfe brauchen, gebe viel zu wenige kostenfreie Therapieplätze und „elendslange Wartezeiten“. „Leistbare und verfügbare therapeutische Hilfen sind aber ganz entscheidend für das gute Aufwachsen von Kindern, die gesundheitliche Probleme haben.“

„Wunden von Belastung und Stress“

Im Rahmen von Therapien könnten etwa „Wunden von Belastung und Stress“ bei Kindern versorgt werden. Die Heilung verlange aber Zeit und fachgerechte Hilfe. „Je früher die Therapie beginnt, je früher wieder Sicherheit hergestellt werden kann, desto besser ist die Prognose für die Zukunft“, so die Diakonie-Direktorin abschließend.

Ausbildungsgehalt für Pflegeberufe

In einem Gastkommentar in der Wochenzeitung „Furche“ (aktuelle Ausgabe) forderte Moser ein Ausbildungsgehalt für Pflegeberufe. „Der Personalmangel im Pflegebereich spitzt sich zu.“ Doch die Rede von der „Personaloffensive“ sei unglaubwürdig, wenn die Ausbildungen nicht leistbar und zugänglich sind, so Moser. Ein Modell, ähnlich dem für Polizeischüler, das wäre hingegen für Moser ein Lösungsansatz, um dem Mangel an Arbeitskräften im Pflegebereich nachhaltig entgegenzuwirken.

Zwar würden immer mehr Bundesländer Ausbildungskosten, wie etwa Schulgeld übernehmen, so Moser, „aber die Deckung des Lebensunterhalts ist ein Problem. Insbesondere für Menschen, die voll im Leben stehen und Familie haben.“ Berufsumsteiger müssten sich die Ausbildungszeit selbst finanzieren, die meisten Förderungen sind an Arbeitslosigkeit geknüpft und seien oft zu niedrig angesetzt, etwa das Fachkräftestipendium mit 1.000 Euro monatlich.

Interessierte gehen verloren

Dabei gebe es laut Moser Menschen, die in die Pflege wollen: „Junge, Arbeitslose, 30- bis 40-Jährige, die sich nach Jahren an der Supermarktkasse oder auf Knien auf dem Boden beim Fliesenlegen neu orientieren möchten“.

Leider gingen nicht wenige Interessierte der Pflege verloren, bevor sie überhaupt eine Ausbildung begonnen haben, zeigte sie sich überzeugt. Ausbildungen und Fördermöglichkeiten seien in allen Bundes­ländern unterschiedlich, Übersicht gebe es keine. Im „Dschungel der Berufsbilder, Ausbildungswege und Finanzierungsmöglichkeiten“ müsse man sich erst einmal zurechtfinden.

Mehr als „warm, satt, sauber“

Moser berichtete auch über den Alltag von Pflegerinnen und Pflegern in Diakonie-Einrichtungen. Pflege und Betreuung sei etwa für die Mitarbeitenden des „Haus für Senioren“ in Wels eine erfüllende Arbeit. Um sie gut machen und ihren eigenen Ansprüchen entsprechen zu können, wünschten sie sich vor allem eines: mehr Personal. „Jeder braucht etwas anderes, man muss eigentlich überall sein“, so eine Mitarbeiterin des Hauses. Es gehe bei der Pflege um weit mehr als um „warm, satt, sauber“. Das Soziale sei mindestens genauso viel wert.

Um etwas zu ändern, wäre es nötig, den Pflegeschlüssel anzuheben, der sei 25 Jahren gleichgeblieben ist. Dabei haben sich Rahmenbedingungen maßgeblich geändert. Die Menschen kommen immer später ins Heim, mit höherem Pflegebedarf. Demenz werde ebenfalls bei immer mehr Bewohnerinnen und Bewohnern diagnostiziert. Hinzu käme Covid, das gerade die Arbeit mit Menschen mit Demenz aufgrund von Abständen und Schutzkleidungen massiv verändert habe.

Folgen von Personalmangel bereits sichtbar

Wie drastisch die Lage in der Pflege ist, habe die Pandemie vor Augen geführt, so Moser: „Bis 2030 brauchen wir mindestens 75.000 zusätzliche Pflegekräfte, um die Versorgung aufrechtzuerhalten. Die Folgen des Personalmangels sind bereits sichtbar.“ In manchen Heimen seien Betten gesperrt, weil Personal fehle. „Mobile Dienste führen Warte­listen, Angehörige müssen die Zeit überbrücken und die Pflege zu Hause allein schultern.“

Um diesem massiven Personalproblem entgegenzuwirken, bräuchte es endlich echte Bemühungen von der Politik. Interessierte würden zwischen AMS, einer Arbeitsstiftung und Pflegeschulen im Kreis geschickt werden. Dementsprechend gäben sie ihre Pläne, eine Pflegeausbildung zu machen, wieder auf, bevor sie überhaupt beginnen.

Was es brauche, um Interessierte tatsächlich in Ausbildung zu bringen, seien deswegen Information über Ausbildungsmöglichkeiten aus einer Hand, Deckung des Lebensunterhalts während der Ausbildung und Praktikumsplätze mit guter Begleitung, so die Diakonie-Direktorin.