Ukraine-Krieg

Moskauer Patriarch gibt erneut dem Westen Schuld

Der Weltkirchenrat in Genf hat ein Schreiben des russisch-orthodoxen Kirchenoberhaupts Kyrill an den Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), Ioan Sauca, veröffentlicht. In diesem gibt das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche erneut dem Westen die Schuld am Krieg in der Ukraine.

Er sei fest davon überzeugt, dass die Urheber des Konflikts „nicht die Völker Russlands und der Ukraine sind, die aus einem Kiewer Taufbecken stammen, durch gemeinsamen Glauben, gemeinsame Heilige und Gebete vereint sind und ein gemeinsames historisches Schicksal teilen“, schrieb Kyrill I. in einem am Donnerstagabend veröffentlichten Brief an den weltweiten ÖRK in Genf.

Die Ursprünge der Konfrontation lägen stattdessen in den Beziehungen zwischen dem Westen und Russland, so der Moskauer Patriarch. „In den 1990er Jahren wurde Russland versprochen, dass seine Sicherheit und Würde respektiert würden. Im Laufe der Zeit näherten sich jedoch die Streitkräfte, die Russland offen als ihren Feind betrachteten, seinen Grenzen. Jahr für Jahr, Monat für Monat bauen die Nato-Staaten ihre Militärpräsenz aus, ungeachtet der Sorge Russlands, diese Waffen könnten eines Tages gegen Russland eingesetzt werden.“

Vorwurf der „Russophobie“

Das „Schrecklichste“ aber seien nicht die Waffen, sondern der Versuch westlicher politischer Kräfte, „die Ukrainer und die in der Ukraine lebenden Russen umzuerziehen, sie mental zu Feinden Russlands zu machen“, behauptete Kyrill weiter. Genau darauf ziele auch „das von Patriarch Bartholomaios von Konstantinopel im Jahr 2018 herbeigeführte Kirchenschisma“ ab, so der Moskauer Patriarch.

Der Moskauer Patriarch Kyrill
APA/AP/Alexander Zemlianichenko
Patriarch Kyrill I. sieht die Ursprünge des Ukraine-Kriegs in den Beziehungen zwischen dem Westen und Russland

„Russophobie“ breite sich in der westlichen Welt in einem noch nie dagewesenen Tempo aus, klagte Kyrill. Die verhängten Wirtschaftssanktionen gegen Russland würden „für alle schädlich sein“. Die westlichen Staats- und Regierungschefs wollten damit „nicht nur die russische politische oder militärische Führung, sondern vor allem das russische Volk in Bedrängnis bringen“, so das Kirchenoberhaupt.

Antwort auf Appell

Kyrill I. antwortete mit seinem Brief auf ein Schreiben des geschäftsführenden ÖRK-Generalsekretärs aus der vergangenen Woche. Darin appellierte Sauca an das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, sich für ein Ende des Kriegs einzusetzen. „Erheben Sie Ihre Stimme, damit der Krieg gestoppt werden kann“, so der Sauca. „Die ganze Welt sieht mit großer Sorge zu und sucht nach einem Zeichen der Hoffnung auf eine friedliche Lösung“.

Er schreibe an Kyrill I. mit der Bitte, „bei den Behörden zu intervenieren und zu vermitteln, um diesen Krieg, das Blutvergießen und das Leiden zu beenden und sich um Frieden durch Dialog und Verhandlungen zu bemühen“. Er wende sich als amtierender ÖRK-Generalsekretär, aber auch als orthodoxer Priester an den Patriarchen, so Sauca. „Bitte erheben Sie Ihre Stimme und sprechen Sie im Namen der leidenden Brüder und Schwestern, von denen die meisten auch treue Mitglieder unserer orthodoxen Kirche sind.“

„Plattform für Dialog“

Kyrill I. entgegnete nun, er hoffe, „dass der Ökumenische Rat der Kirchen auch in diesen schwierigen Zeiten, wie es in seiner gesamten Geschichte der Fall war, in der Lage sein wird, eine Plattform für einen unvoreingenommenen Dialog zu bleiben, frei von politischen Präferenzen und einseitigen Ansätzen“.