Patriarchat

Moskau erwartet Kampf um kirchliche Einheit

Russlands Krieg gegen die Ukraine entzweit die orthodoxe Kirche. Der Außenamtschef des Moskauer Patriarchats, Metropolit Hilarion, sagte am Dienstag, Signale unter anderem des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel sprächen dafür, „dass uns ein intensiver Kampf um die kirchliche Einheit erwartet“.

Er warf laut Kirchenangaben ungenannten Vertretern der Patriarchate von Konstantinopel und Alexandria vor, die „jetzige tragische Lage“ zur Förderung der 2018 gegründeten eigenständigen (autokephalen) Kirche der Ukraine nutzen zu wollen. Laut Hilarion versuchten Konstantinopel und Alexandria, Kiews Metropoliten Epiphanij (Dumenko) und „die von ihm geleitete schismatische Gemeinschaft populär zu machen“.

Eine „neue Prüfung für die Einheit unserer Kirche und der gesamten Orthodoxie“ seien „die jüngsten Ereignisse in der Ukraine“, so Hilarion bei einer Veranstaltung in St. Petersburg. Die Mehrheit der orthodoxen Landeskirchen habe eine „ausgewogene, friedensstiftende Haltung“ zu den „Vorgängen“ in der Ukraine eingenommen. Viele konzentrierten sich auf die humanitäre Hilfe für die Opfer.

Metropolit Hilarion
APA/AFP/Vasily Maximov
Metropolit Hilarion rechnet mit einem Kampf um die Einheit der Orthodoxie

Weltorthodoxie uneins

In der Weltorthodoxie wird seit Jahren um die Ukraine gestritten. Die russisch-orthodoxe Kirche brach 2018 mit dem gesamtorthodoxen Ehrenoberhaupt, dem Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. von Konstantinopel, nachdem er in der Ukraine die Gründung der autokephalen Kirche für das Land auf den Weg gebracht hatte.

Das Moskauer Patriarchat beendete später auch die sogenannte Eucharistische Gemeinschaft mit den Oberhäuptern der orthodoxen Kirchen von Griechenland, Alexandria und Zypern. Trotz Warnungen aus Moskau hatten diese ebenfalls die neue ukrainische Kirche anerkannt.

Unterschiedliche Standpunkte zum Krieg

Die von Metropolit Epiphanij geleitete autokephale „Orthodoxe Kirche der Ukraine“ (OKU) entstand 2018 aus dem 1992 gegründeten Kiewer Patriarchat und der 1921 ins Leben gerufenen Ukrainischen Autokephalen Orthodoxen Kirche. Sie konkurriert im Land mit der Ukrainisch-orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats (UOK-MP), die von Moskau als zunehmend bedroht dargestellt wird.

Das Oberhaupt der UOK-MP Metropolit Onufrij (Berezowskij) rief in den vergangenen Wochen im Gegensatz zum Moskauer Patriarchen Kyrill I. mehrfach Russlands Präsident Wladimir Putin auf, den Krieg in der Ukraine zu beenden. Auf der Website seiner Kirche wurde aber auch darüber berichtet, dass einzelne Kirchengemeinden von ukrainischen Nationalisten bedroht worden seien. So hätte etwa ein Kommunalpolitiker ein Gotteshaus in einem westukrainischen Dorf beschlagnahmt.

Hilarion äußert sich nicht direkt

Seit Russland in der Ukraine einmarschiert ist, ist es auffallend still um Metropolit Hilarion, die „Nummer Zwei“ in der Russisch-orthodoxen Kirche, geworden. Offizielle Äußerungen des Metropoliten, in denen er direkt zum Krieg Stellung nimmt, sind nicht bekannt. Die Schweizer Orthodoxie-Expertin Barbara Hallensleben veröffentlichte nun ein ursprünglich vertrauliches Schreiben des Metropoliten. In diesem nimmt er zwar auch nicht direkt zum Krieg Stellung, schreibt aber, dass er sich „hinter verschlossenen Türen“ um ein Ende des Konflikts bemühe.

Der Dekan der Theologischen Fakultät der Universität Freiburg (Fribourg, Schweiz), Mariano Delgado, hatte vor wenigen Tagen bekannt gegeben, dass die Titularprofessur Hilarions an der Fakultät suspendiert wurde, da sich der Metropolit nicht vom russischen Angriff auf die Ukraine distanziere und diesen nicht verurteile. Zuvor hatte es einen Briefwechsel zwischen Fakultät und dem Metropoliten gegeben.