Ukraine-Krieg

Russisch-orthodoxer Geistlicher kritisiert Putins Krieg

Der in Madrid tätige russisch-orthodoxe Priester Andrey Kondorchkin hat den Angriff russischer Truppen auf die Ukraine scharf kritisiert. Er sei sicher, „dass es in diesem Krieg keine Gewinner geben kann, was auch immer geschieht“.

Das sagte der Geistliche in einem Interview der Wochenzeitung „Die Tagespost“ im deutschen Würzburg. Deutschland habe im 20. Jahrhundert „ein Beispiel dafür gegeben, was passieren kann, wenn ein Mann mit eindeutigen Psychopathie-Symptomen sein Land in den Ruin führt, weil seine Selbstwahrnehmung nicht der Wahrheit entspricht.“ Die Opfer müssten nun den Preis für eine Person zahlen, „die sich für eine messianische Figur hält“.

Kondorchkin und weitere mehr als 60 russische Priester haben unlängst in einem offenen Brief an die russische Regierung appelliert. „Es handelt sich letztendlich um einen Aufruf zur sofortigen Beendigung des Krieges“, sagte er.

Brief mit 250 Unterschriften

In dem Schreiben werde auch „an die persönliche Verantwortung vor dem Jüngsten Gericht“ erinnert, vor dem sich niemand verstecken könne. Nach Angaben der „Tagespost“ trägt der Brief inzwischen mehr als 250 Unterschriften.

Kondorchkin verwahrte sich in dem Interview gegen staatliche Vereinnahmung. „Die russisch-orthodoxe Kirche ist nicht die Kirche des russischen Staates.“ Ein großer Teil der orthodoxen Gläubigen in der Ukraine gehöre ihr an. „Wir Priester können auf keinen Fall den Interessen eines bestimmten Staates dienen. Wir müssen den Menschen dienen, ihnen helfen und sie unterstützen.“

Kirche verteidigen als „Vorwand“

Ohne den russischen Präsidenten Wladimir Putin beim Namen zu nennen, sagte der Priester: „Derjenige, der den Krieg erklärt hat, sagte unter anderem als Vorwand, dass er die ukrainisch-orthodoxe Kirche verteidigen wolle.“

Allen Nachrichten zufolge, die er, Kondorchkin, erhalte, gebe es aber „keinen einzigen Laien oder Priester in Kiew oder in anderen Städten, der sich bei den russischen Soldaten bedankt“. Ihnen werde gesagt, dass sie befreit sind, „aber in Wirklichkeit sind sie die Opfer des Konflikts, wie alle anderen Menschen auch“.

Nach Einschätzung des Geistlichen gibt es auch in Russland viele Menschen, die gegen den Krieg seien. Mangels einer politischen Opposition und „nach so vielen Jahren der Propaganda“ sähen sie aber keine Möglichkeit, die Dinge zu ändern. „Ich denke, wir zahlen den Preis für einen Staat, in dem die Macht keiner Kontrolle unterworfen ist.“