Kardinal Christoph Schönborn
ORF/Cinevision
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Kurienreform

Kardinal Schönborn: Papst setzt auf „gesunde Dezentralisierung“

Die Kurienreform von Papst Franziskus ziele wesentlich auf eine „gesunde Dezentralisierung“ der Kirche ab, so Kardinal Christoph Schönborn am Montag in einer Reaktion zur Veröffentlichung der neuen Apostolischen Konstitution „Praedicate Evangelium“.

„Mit diesem Leitwort will Papst Franziskus die Verstärkung der gemeinsamen Verantwortung zwischen Papst und Römischer Kurie einerseits und den Ortskirchen anderseits zum Ausdruck bringen“, erklärte der Wiener Erzbischof auf Anfrage der Nachrichtenagentur Kathpress. Der Titel der Konstitution, „Praedicate Evangelium“ (Verkündet das Evangelium), verweise ganz generell darauf, „in welchem Geist die Organisation und die Tätigkeit ihrer Organe gestaltet werden soll“, so Schönborn.

Papst Franziskus hatte die lange erwartete Kurienordnung am Samstag veröffentlicht. Das 54 Seiten lange Dokument, das zu Pfingsten (5. Juni) in Kraft tritt, regelt in 250 Paragrafen den Aufbau der Römischen Kurie, darunter die Zuschnitte der im Vatikan „Dikasterien“ genannten Ministerien, Justiz- und Wirtschaftsorgane sowie weiterer Büros und Einrichtungen des Heiligen Stuhls.

Amt für Nächstenliebe

Dezentralisierung und Evangelisierung waren zentrale Punkte bereits in dem programmatischen Schreiben „Evangelii Gaudium“, das 2013 veröffentlicht wurde. Etliche Teile der Kurienreform, die in der neuen Ordnung nun festgeschrieben sind, wurden in den vergangenen Jahren auch bereits umgesetzt.

Neu ist unter anderem die Fusionierung der bisherigen Missionskongregation („Propaganda fide“) mit dem Päpstlichen Rat für Neuevangelisierung zu einem vom Papst selbst geleiteten „Dikasterium für Evangelisierung“. Außerdem wertet Franziskus das bisherige Amt des päpstlichen Almosenmeisters auf zu einem „Dikasterium für den Dienst der Nächstenliebe“.

Neue Möglichkeiten für Laien

Große mediale Beachtung fand nach der Veröffentlichung von „Praedicate Evangelium“ zunächst insbesondere eine Änderung im Vergleich zur bisher geltenden Kurienordnung „Pastor bonus“ Johannes Pauls II. aus dem Jahr 1988: Demnach können künftig auch Laien, Männer und Frauen, in die Leitungspositionen der Kurie berufen werden.

Da die Autorität der Organe der Römischen Kurie eine „potesta vicaria“ (stellvertretende Vollmacht) darstellt, folgert die Apostolische Konstitution, dass bei entsprechender Kompetenz „jeglicher Gläubige einem Dikasterium oder einem Organ vorstehen kann“, zitierte Schönborn gegenüber Kathpress aus dem Papsterlass. Gleichzeitig erinnerte der Kardinal, dass dies etwa im vatikanischen Dikasterium für die Medien bereits verwirklicht ist. Dort amtiert mit Paolo Ruffini (65) seit Herbst 2018 ein Laie als Präfekt des Dikasteriums.

Schönborn: „Vielversprechend“

Auch die mit der Kurienreform einhergehenden Erneuerungen im Bereich der wirtschaftlichen Führung seien „vielversprechend“, so Schönborn. Er betonte insgesamt, dass er sich über die lange erwartete Veröffentlichung der Apostolischen Konstitution freue. Papst Franziskus entspreche damit dem von den Kardinälen deutlich ausgesprochenen Wunsch vor dem Konklave von 2013.

Der 77-jährige Wiener Erzbischof ist selbst seit vielen Jahren Mitglied in mehreren Behörden und Einrichtungen der Römischen Kurie. Aktuell gehört der Kardinal der Glaubenskongregation, der Kongregation für die orientalischen Kirchen und dem Neuevangelisierungsrat an, viele Jahre lang wirkte er auch als Mitglied der Bildungskongregation. Schönborn gehört zudem dem Rat des vatikanischen Synodensekretariats und dem für die Vatikanbank IOR zuständigen Kardinalsrat an.

Lackner: Auswirkung auf Ortskirchen

Die Reform wird sich nach Ansicht des Salzburger Erzbischofs Franz Lackner „zweifellos auch auf die Ortskirchen der ganzen Welt auswirken“. Auch alle in den Diözesen seien aufgefordert, „unsere Strukturen im Licht des Evangeliums neu zu denken“, erklärte der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz gegenüber Kathpress.