Wien

Vor 70 Jahren erklang erstmals die neue Pummerin

Ein denkwürdiges Jubiläum kann Österreichs größte Glocke in diesen Tagen feiern: Vor 70 Jahren – am 26. April 1952 – kam die Pummerin in Wien an, wo sie tags darauf von Kardinal Theodor Innitzer im Rahmen der feierlichen Wiedereröffnung des Stephansdoms am 27. April geweiht wurde.

„Friede sei ihr erst Geläut!“ formulierte der damalige Dompfarrer Karl Raphael Dorr unmittelbar vor dem ersten Einsatz der neuen Glocke. Überstellt wurde die rund 21 Tonnen schwere Glocke per Tieflader aus St. Florian, wo sie 1951 in der „Oberösterreichischen Glocken- und Metallgießerei“ gegossen worden war.

Wie die Erzdiözese Wien in einer Presseaussendung mitteilte, salutierten selbst die sowjetischen Besatzungssoldaten bei der Überquerung der Alliiertengrenze und ließen die Glocke ohne die üblichen Formalitäten passieren. Zehntausende Wienerinnen und Wiener nahmen die neue Pummerin am Nachmittag des 26. April auf dem Stephansplatz in Empfang.

Ein Nachbau der Pummerin auf originalen Fahrzeugen 1995 bei einer Oldtimermesse in Tulln
APA/Ulrich Schnarr
Ein Nachbau der Pummerin auf originalen Fahrzeugen bei einer Oldtimermesse in Tulln 1995

Geläut für besondere Anlässe

„Sie stand auf dem Tieflader und hat schön geglänzt, hat einen Blumenkranz gehabt rundherum und die Leute haben Blumen auf sie geworfen“, erinnert sich die Historikerin und spätere Archivarin und Büroleiterin von Kardinal König, Annemarie Fenzl. Die Glocke habe für viele Menschen nach dem Krieg ein Sinnbild von Neubeginn, Wiederaufbau und Frieden dargestellt.

Hinweis

Das Haus der Geschichte in Wien zeigt derzeit eine Web-Ausstellung über den Stephansdom und die Pummerin.

Seit 1952 läutet die Pummerin das neue Jahr ein. Ansonsten erklingt sie zu den kirchlichen Hochfesten, aber auch zu historischen Anlässen, etwa zur Wahl oder zum Tod eines Papstes. So erklang sie etwa bei der Unterzeichnung des Staatsvertrags 1955, anlässlich der Ermordung John F. Kennedys 1963 oder zuletzt anlässlich eines Friedensgebets für die Ukraine.

Die Pummerin im Stephansdom
APA/Georg Hochmuth
Die Pummerin im Stephansdom

„Herz des Stephansdoms“

Das „Herz des Stephansdoms“ hat seit 1953 ein elektrisches Geläut und hängt seit 1957 am Nordturm. Mit ihren 21.383 Kilo und einer Höhe von 3,14 Meter ist sie die größte Glocke Österreichs. Außerdem ist sie die zweitgrößte freischwingende Kirchenglocke Europas und als solche auch die fünftgrößte weltweit.

Ihre Vorgängerin war etwas kleiner und hing im Südturm. Sie war 1711 aus Kanonenkugeln der Besatzer Wiens als Zeichen des Friedens und Neubeginns gegossen worden. Am 12. April 1945 fiel sie dem verheerenden Dombrand zum Opfer. Aus geborgenen Teilen dieser Vorgängerglocke und den Resten anderer zerschellter Domglocken wurde in St. Florian bei Linz die neue Domglocke gegossen.

Der oberösterreichische Bildhauer Franz Forster fertigte ihre Reliefs an. Sie zeigen Motive der alten Glocke: die Belagerung Wiens, den Brand des Stephansdoms 1945 und die Muttergottes. Den lautmalerischen Namen „Pummerin“ führen manche auch auf den wienerischen Ausdruck „Pumpern“ zurück.