Deutschland

Katholiken fordern offizielle Segnungen queerer Paare

Segnungsgottesdienste für gleichgeschlechtliche Paare sollen in der römisch-katholischen Kirche „so schnell wie möglich eine Selbstverständlichkeit werden“. Das fordern die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, und queere Gläubige.

Rund um den 10. Mai finden in katholischen Kirchen in Deutschland 80 Segnungsgottesdienste für queere Paare statt. Stetter-Karp sagte der Deutschen Presse-Agentur, sie hoffe, dass Segnungen bald der Normalfall würden – konzertierte Aktionen wie die bundesweiten Segnungsgottesdienste seien dann gar nicht mehr nötig.

„Eine Kirche, die glaubwürdig und menschenfreundlich sein möchte, sollte Gottes Segen nicht verweigern, sondern spenden“, sagte Stetter-Karp. „Ich freue mich für jedes gesegnete Paar, das seinen Lebensweg gemeinsam und verantwortlich gehen möchte, das auf Vertrauen und Verbindlichkeit setzt. Ich hoffe, dass niemand mehr, der ehren- oder hauptamtlich in meiner Kirche engagiert ist, sich mit seiner Sexualität verstecken muss.“ Das ZdK habe deshalb im Januar auch die Initiative „#OutInChurch“ unterstützt, die eine Reform des katholischen Arbeitsrechts fordert.

Irme Stetter-Karp, Präsidentin des Zentralrats der Katholiken in Deutschland
ZdK/Harald Oppitz
ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp setzt sich für offizielle Segnungen queerer Paare ein

Hoffnung auf Synodalem Weg

Segnungen queerer Paare sollen durch den derzeit laufenden Reformprozess in der katholischen Kirche in Deutschland, den Synodalen Weg, legitimiert werden. Dafür müsste allerdings am Ende eine Zwei-Drittel-Mehrheit der Bischöfe dafür stimmen. „Ich kann die Entscheidung nicht voraussehen, hoffe aber, dass Segnungsfeiern ein positives Votum der großen Mehrheit der deutschen Bischöfe erhalten werden“, sagte Stetter-Karp. Der Synodale Weg wird von der Deutschen Bischofskonferenz gemeinsam mit dem ZdK, der Vertretung der katholischen Laien (Nichtkleriker), organisiert.

Am Dienstag forderten auch queere Katholikinnen und Katholiken ein offizielles liturgisches Format zur Segnung gleichgeschlechtlicher Beziehungen. „Wir würden es gerne mit unserer Gemeinde, mit unserer Familie und unserem Freundeskreis in einer eigenen Feier begehen“, sagte Rainer Teuber, Museumspädagoge am Essener Dom und Mitglied der Initiativen „#OutInChurch“ und „#liebegewinnt“ der Deutschen Presse-Agentur.

„Schluss mit Heimlichkeit“

"Auf keinen Fall wollen wir so etwas wie „Okay, wir machen das, aber hängen Sie’s bitte nicht an die große Glocke". Mit dieser Heimlichkeit muss Schluss sein.“ Teuber und sein Mann Karl-Heinz Armeloh waren im vergangenen Jahr in einem Gottesdienst gesegnet worden, allerdings war dies kein Einzelsegen. Es sei niemand nach vorne gekommen und sichtbar als Einzelpaar gesegnet worden, sagte Teuber. Er hofft nun darauf, dass Segensfeiern im Zuge des derzeit laufenden Reformprozesses Synodaler Weg offiziell erlaubt werden.

„Allerdings würde ich mir wünschen, dass progressive Bistümer wie Essen, Hildesheim, Osnabrück, Hamburg und andere gar nicht darauf warten, sondern die Segensfeiern jetzt schon einführen. Wenn acht, neun Bischöfe aus Deutschland vorangehen, glaube ich kaum, dass die von Rom alle die Kündigung bekommen.“

Kein „Betroffener von Homosexualität“

Teuber sagte, ein Großteil des katholischen Klerus sei beim Thema Homosexualität gar nicht sprachfähig. "Sie können nicht sagen „ein schwules Ehepaar", das bringen sie nicht ins Wort. Es fehlt oft auch an Basiswissen: Was ist sexuelle Orientierung, was ist geschlechtliche Identität?“ Manchmal bekomme er Formulierungen zu hören wie „Sie als Betroffener von Homosexualität“.

Auch beim Essener Domkapitel, wo Teuber angestellt ist, bekommen manche nur schwer die Formulierung „Grüßen Sie Ihren Mann!“ heraus. Stattdessen wird zum Beispiel gesagt: „Grüßen Sie zuhause!“ Das seien alles nur Kleinigkeiten, doch sie dokumentierten ein grundsätzliches Defizit in der katholischen Kirche. Viele queere Menschen haben der katholischen Kirche bereits den Rücken gekehrt, doch Rainer Teuber und Armeloh setzen darauf, die Kirche von innen her zu verändern.

„Das Band wird dünner“

„Wir haben vor zu bleiben, aber wir merken beide, das Band wird dünner.“ Wie tief die Verletzungen gingen, sei ihm erst durch die Fernsehdokumentation „Wie Gott uns schuf“ und die Bewegung #OutInChurch wirklich klar geworden. Bischöfe und andere Hierarchen redeten jetzt gern darüber, was sich in jüngster Zeit alles verändert habe. „Aber über die vielen Jahre davor hat mit mir noch keiner geredet“, sagte Teuber. "Noch niemand ist zu mir gekommen und hat gesagt: „Das ist wirklich Mist gewesen, wir haben da einen Fehler gemacht."“