Symbolfoto Pflege
Reuters/John Sibley
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NGOs

Pflegereform: „Meilenstein“ und „Aufatmen“ bei NGOs

Von „Aufatmen“ bis zu „Meilenstein“: Weitgehend positiv haben sich am Donnerstag die evangelische Diakonie und die katholische Caritas über das am Donnerstag von der Bundesregierung präsentierte Pflegepaket gezeigt.

Für die evangelische Diakonie ist die am Donnerstag von der Bundesregierung vorgestellte Pflegereform ein „erster wichtiger Meilenstein für gute Pflege“. In den kommenden zwei Jahren soll eine Milliarde Euro in die Pflege investiert werden. „Die nächste Etappe ist die Umsetzung in den Ländern und der Ausbau guter, bedarfsgerechter Pflegedienstleistungen“, so die Diakonie-Direktorin Maria Moser in einer ersten Reaktion am Donnerstag.

Wichtig sei, dass bei den präsentierten Maßnahmen die Pflegekräfte im Zentrum stünden: „Pflegekräfte leisten Unglaubliches. 520 Millionen Euro für Gehaltssteigerungen sind ein wichtiges Zeichen der Anerkennung“, so Moser. Jetzt müsse man daran gehen, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, „denn Pflege ist Beziehung, und Beziehung braucht Zeit“. Hier müsse gemeinsam mit den Ländern an der Erhöhung der Personalschlüssel gearbeitet werden.

Caritas: „Substanziell vom Reden ins Tun“

Michael Landau, Präsident der Caritas Österreich, äußerte sich in einer ersten Reaktion auch positiv: „Dass dies heute eingetreten ist, ist zuallererst sehr erfreulich. Das ist die erste Bundesregierung seit vielen Jahren, die im Bereich Pflege substanziell vom Reden ins Tun gelangt. Dafür schon heute ein großes Dankeschön an Bundesminister Johannes Rauch, Bundeskanzler Karl Nehammer und Vizekanzler Werner Kogler, auch wenn der Weg zur notwendigen Reform noch nicht zu Ende gegangen ist", so Landau in einer Aussendung.

Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser
APA/Hans Punz
Diakonie-Direktorin Moser: „Die nächste Etappe ist die Umsetzung in den Ländern“

Die Details der heutigen Ankündigungen würden in den kommenden Wochen im Detail zu begutachten und noch zu entwickeln sein, so Landau weiter: „Auf den ersten Blick finden wir jedoch jene Schwerpunkte wieder, die wir als Caritas seit Jahren, wenn nicht seit Jahrzehnten eingefordert haben: eine Entlastung des bereits tätigen Pflegepersonals, eine umfassende Ausbildungsoffensive, um dem Personalmangel zu begegnen und möglichst vielen den Zugang in die Pflege zu ermöglichen, eine Entlastung von pflegenden Angehörigen, die noch immer die Hauptlast der Pflege tragen, sowie eine Reformierung des Pflegegeldes, die Demenzerkrankungen besser berücksichtigt.“

Diakonie: „Eine erste Erleichterung“

Es sei weiterhin eine dringende Aufgabe, zusätzliche Personen für die Pflege- und Betreuungsberufe zu gewinnen, so Moser. Dabei sei die Finanzierung der Ausbildung eine zentrale Forderung der Diakonie. „Der heute präsentierte Ausbildungszuschuss ist eine erste Erleichterung und auch das Pflegestipendium für AMS-geförderte Ausbildungen ist positiv zu sehen“, so die Diakonie-Direktorin.

Allerdings sollte das Pflegestipendium nicht an Arbeitslosigkeit gebunden sein. Hier brauche es eine Ausweitung auf Menschen, die direkt aus anderen Berufen in die Pflege umsteigen wollen, unterstrich Moser.

Erfreulich sei die geplante Überführung der Schulversuche für Pflege mit Matura ins Regelschulwesen und die Verbesserungen bei der Rot-Weiß-Rot-Karte. „Menschen, die in Österreich eine Pflegeausbildung gemacht haben, müssen auch hier arbeiten dürfen. Es ist gut, dass die Regierung das erkannt hat“, so Moser.

Ausbau von Dienstleistungen

Die Bundesregierung fokussiere in ihrem Paket auf Punkte, die in ihrem direkten Einflussbereich liegen, so die Diakone. Für gute Pflege und eine echte Entlastung von pflegenden Angehörigen brauche es aber zusätzlich einen Ausbau der Dienstleistungen. Das gelte besonders für an Demenz erkrankte Menschen und ihre Angehörigen.

„Die Erhöhung der Demenzzulage beim Pflegegeld ist ein wichtiger Schritt“, sagte Moser, aber es brauche auch Tagesbetreuung, mehrstündige Betreuungsangebote, Entlastungsdienste für Angehörige und sozialraumorientierte Dienste. Diese Dienstleistungen liegen in der Kompetenz der Länder. „Für eine gute Versorgung müssen Bund und Länder jetzt eng zusammenarbeiten.“

„Schon fünf nach zwölf“

„In der Langzeitpflege ist es schon fünf nach zwölf. Das ist bei der Bundesregierung angekommen“, so Moser. Doch auch für Pflegekräfte in den Krankenhäusern und in der Betreuung von Menschen mit Behinderungen brauche es dringend Verbesserungen. „Das dürfen wir nicht vergessen“, so die Diakonie-Direktorin abschließend.

Caritas-Präsident Michael Landau
APA/Herbert Pfarrhofer
Caritas-Präsident Landau: Anpassung werden nötig sein

Das Pflegepaket unterstütze das Ziel, Angehörige und pflegebedürftige Menschen auch in Zukunft gut zu betreuen und zu pflegen, so die Caritas. Die geplanten Maßnahmen für pflegende Angehörige können dabei für notwendige Erleichterungen sorgen. Sowohl die Flexibilisierung im Zugang zur Ersatzpflege als auch die Erhöhung des Erschwerniszuschlags für Menschen mit demenziellen Erkrankungen sind langjährige Forderungen der Caritas.

Landau: „Das ist ein erster wichtiger Schritt, um das Pflegegeld zu verbessern und die Pflege zu Hause zu stärken. Um der Teuerung zu begegnen, wird es jedoch auch Anpassungen des Pflegegeldes sowie die Förderung der 24-Stunden-Betreuung brauchen, damit pflegebedürftige Menschen sich auch weiterhin Unterstützung leisten können.“

Personaloffensive, die Namen verdient

Insbesondere die Maßnahmen zur Attraktivierung der Ausbildungen in der Pflege verdienen positive Anerkennung, so Landau: „Bis 2030 werden uns bis zu 100.000 Pflege- und Betreuungskräfte fehlen.“ Es müsse daher gelingen, möglichst viele Menschen für den Beruf zu begeistern und sie finanziell während der Ausbildung so zu unterstützen, dass auch für Umsteigerinnen und Umsteiger die Lebenshaltungskosten abgedeckt seien. „Dass der Bund durch den Ausbildungsfonds zu mehr Vereinheitlichung der bereits bestehenden Länderinitiativen beiträgt, ist positiv.“

Was aber aktuell noch fehle, sei die Gleichstellung der Auszubildenden an Sozialbetreuungsschulen: „Auch Auszubildende an Sozialbetreuungsschulen sollten den monatlichen Zuschuss während der gesamten Ausbildungszeit zugesprochen bekommen."

Dahingehend hofft die Caritas noch auf die Begutachtungsphase, so Landau weiter: „Wichtig wäre auch, dass die Sozialbetreuung in allen Bundesländern fix in die Pflegeschüssel aufgenommen wird. Da hoffen wir auf die weiteren Verhandlungen mit den Bundesländern, um auch diesen Schritt gleich zu verankern. Denn ganz klar ist: Die Sozialbetreuung muss Teil eines Pflegesystems mit Zukunft sein.“