Ministrantinnen und Ministranten und Bischöfe am Mittwoch, 23. Juni 2010, während eines Hochamtes im Rahmen einer Vollversammlung der österreichischen Bischofskonferenz in Mariazell.
APA/Roland Schlager
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Gleichberechtigung

Mädchen am Altar: 30 Jahre Ministrantinnen

Vor 30 Jahren hat die katholische Kirche einen lang geforderten Schritt in Richtung Gleichberechtigung gemacht: Am 11. Juli 1992 bestätigte Papst Johannes Paul II., dass Mädchen und junge Frauen offiziell in den Ministrantendienst aufgenommen werden. Heute stellen Ministrantinnen die Mehrheit.

„Die Ministranten-Burschen von Herzogenburg haben abgestimmt – und waren mehrheitlich dagegen, dass Mädchen in den Ministrantendienst aufgenommen werden. Aber ein Mädchen hat nicht nachgegeben und durfte dann doch Dienst am Altar machen. Das war in den 1970er-Jahren“, berichtete Victoria König, Ministrantenverantwortliche in der Katholischen Jungschar der Diözese St. Pölten, wie die Kirchenzeitung der Diözese St. Pölten „Kirche bunt“ (aktuelle Ausgabe) berichtet.

Diözesanweit und österreichweit galt die Pfarre Herzogenburg bei der Zulassung von Ministrantinnen zu den Vorreitern. König, die selbst auch Ministrantin war, schätzt, dass es diözesanweit rund 5.000 Ministrantinnen und Ministranten gibt. Die letzte großangelegte, österreichweite Jungscharstudie aus dem Jahr 2014 zeigte, dass Mädchen und junge Frauen die Mehrheit stellen.

Kirchenrecht anders interpretiert

Noch bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts hatten nur Buben und junge Männer den Dienst am Altar ausüben dürfen. Mit der Liturgiekonstitution „Sacrosanctum Concilium“ des Zweiten Vatikanums (1962 bis 1965) bildete sich ein neues Verständnis des Ministrierens heraus: Diese Aufgabe wird darin als „wahrhaft liturgischer Dienst“ bezeichnet, der eigenständig und nicht von einer Weihe abgeleitet ist.

Am 11. Juli 1992 verkündete Papst Johannes Paul II., dass der Kanon 230 des Kirchenrechtes, der den Zugang zum Ministrantendienst regelt, so zu interpretieren sei, dass auch Mädchen den Dienst vollziehen dürften. Das war die offizielle Erlaubnis. Dann waren Mädchen im Altardienst in Europa und Nordamerika keine Seltenheit mehr.

Jugendliche forderten Änderung

Bereits in den 1970er und 1980er Jahren – noch im Aufbruchsgeist des Zweiten Vatikanischen Konzils – gab es in Diözesen, wo die Bischöfe es gestatteten, die ersten Ministrantinnen. Als wichtiger Schritt gilt die Neufassung des Kanons 230 im Jahr 1983: Auch Frauen und Mädchen sollten demnach die Aufgabe wahrnehmen können.

Viele Jugendliche hatten sich aktiv für dieses Recht eingesetzt. Veröffentlicht wurde die Erlaubnis 1994. Der Papst betonte dabei aber, es werde „immer sehr angemessen sein, der edlen Tradition zu folgen, Knaben am Altar dienen zu lassen“.

Ministranten bei Papst Franziskus
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Nicht nur Burschen, sondern auch Mädchen haben seit den 90er Jahren offiziell Zugang zum Ministrantendienst

Vom verstärkten Einsatz der Katholischen Aktion (KA) für die Ministrantinnen in der Diözese St. Pölten erzählte KA-Präsident Armin Haiderer. Die Erlaubnis von Ministrantinnen sei in der Pfarre Gerersdorf-Prinzersdorf hinausgezögert worden, aber dann überhaupt kein Problem gewesen. Die Akzeptanz unter den Kollegen sei sofort da gewesen. „Wir waren als ältere Brüder oder Verwandte durchaus stolz auf sie.“

Eine der ersten Ministrantinnen war Katharina Kratochwill aus Kilb, jetzt Generalsekretärin der Katholischen Aktion der Diözese St. Pölten sagte: „Einmal waren zu wenige Burschen da, deshalb habe ich vor der Erstkommunion mit dem Ministrieren begonnen.“ Bis 14 Jahre ausgeübt, sei der Dienst für sie eine Ehre gewesen und „eine schöne Erfahrung“. Auch Kratochwills Tochter Elena sei Ministrantin.

Für viele „große Faszination“

Die Gemeinschaft, regelmäßige Treffen und der christliche Glaube werden als Gründe genannt, die neben der familiären Anbindung zum Ministrieren motivieren. Auch die Pastoralassistentin und Jugendleiterin Magdalena Ganster war in ihrer Kindheit Ministrantin: „Ich habe es sehr gerne gemacht und es hat mich dazu gebracht, in der Kirche mitzudenken und sie näher zu verstehen. Letztlich habe ich dadurch meine kirchliche Laufbahn eingeschlagen.“

Jungschar-Vertreterin König erzählte, für viele sei es eine „große Faszination, vorne am Altar dabei zu sein“. Ministrierende erfüllen wichtige Funktionen, „weil sie den Priester unterstützen und Gottesdienste lebendig machen“. Sie wachsen in die Pfarre hinein als Gruppenleitende, Lektorin bzw. Lektor, in den Pfarrgemeinderat. „Kinder und Jugendlichen haben als Ministrantinnen eine bedeutende Rolle“, betonte König. Die Mini-Pastoral gilt oft als Gradmesser für Pfarren: Wo es ein lebendiges Ministrantenwesen gibt, funktioniere meist auch die Pfarre.