Iran

Proteste: Iranerinnen legten Hidschab ab

In mehreren Städten des Iran sind Frauen am Dienstag ohne Hidschab in die Öffentlichkeit gegangen, weil Aktivisten und Aktivistinnen in Social Media dazu aufgerufen hatten. Der 12. Juli gilt im Iran als „Tag des Kopftuchs“.

Mit dieser Protestaktion widersetzten sich die Frauen der im Iran geltenden islamischen Kleiderordnung und riskierten nach Einschätzung der Nachrichtenagentur Reuters eine Verhaftung. Ob und wie viele Menschen im Zuge der Aktion tatsächlich bestraft wurden, ist unklar.

Unter dem Hashtag #No2Hijab zeigten sich zahlreiche Iranerinnen kopftuchlos auf Twitter: Eine iranische Frau steht etwa neben einer gut befahrenen Straße und fährt sich durch die langen Haare. Ihr Mann ist auf eine Erhöhung geklettert und streckt den vorbeikommenden Autos den im Wind flatternden Hidschab der Frau entgegen. Eine andere Frau geht unverschleiert in ein Einkaufszentrum und singt: „Ich bin gegen den Hidschab, ich will ihn nicht länger tragen.“

Aufruf über Twitter

Als Organisatorin dieser Aktion gilt die im Exil lebende, iranische Frauenrechtsaktivistin Masih Alinedschad. Sie rief auch den Rest der Welt auf ihrem Twitter-Account dazu auf, den Iranerinnen beizustehen: „Unterstützt eure Schwestern im Iran. In vielen Teilen des Iran wehren sich iranische Frauen heute offen gegen den Hijab-Zwang. Sie tanzen oder gehen unverschleiert. Sie haben keine Angst vor diesem brutalen Regime. Verstärkt ihre Stimmen“, schrieb sie.

Reaktion auf verstärkte Kontrollen

Laut dem Onlineportal des Fernsehsenders „Iran International“ reagierten die Frauen mit der Aktion auf verstärkte Kontrollen der so genannten iranischen „Sittenpolizei“. Die Ordnungshüter weisen Frauen bei einem ihrer Auffassung nach unangemessenem Tragen des Hidschabs zurecht, verwarnen oder inhaftieren sie.

Am Dienstag widersetzten sich dem aber offenbar zahlreiche Frauen und gingen ohne Kopftuch auf die Straße. In einigen Fällen sollen sie zudem im Iran eigentlich verbotene Kleidung wie modische Jeans und T-Shirts getragen haben.

Keine größeren Zwischenfälle

Während der Proteste am Dienstag seien keine größeren Zwischenfälle gemeldet worden, berichtete „Iran International“ außerdem. „Wahrscheinlich, weil die Regierung an diesem Tag keine weiteren Spannungen erzeugen wollte, die das Bild eines erfolgreichen Akts des zivilen Ungehorsams vermitteln würden“, vermutete das in London ansässige Medium.

Doch noch vor Ende des Tages und am Mittwoch habe es offizielle Drohungen gegeben. So soll ein Vertreter des Obersten Führers Ali Khamenei ein entschiedenes Vorgehen gegen Hijab-Gegner gefordert. „Der Hidschab ist unsere erste Verteidigungslinie. Wenn er fällt, werden alle anderen Bollwerke fallen.“ Andere Quellen berichten auch von einigen Verhaftungen.

Einschränkungen für Frauen

Masih Alinedsschad hatte bereits 2017 für Aufsehen gesorgt, als sie ihre Kampagne „Weißer Mittwoch“ ins Leben rief und Iranerinnen dazu animierte, aus Protestgründen symbolisch weiße Kopftücher zu tragen. Hidschabpflicht-Befürworterinnen reagierten darauf mit dem ebenfalls symbolischen Tragen goldener Kopftücher.

Seit langem weisen Kritiker und Kritikerinnen darauf hin, dass die iranische Regierung den Hidschab und andere soziale Einschränkungen wie das Gesangs- und Tanzverbot von Frauen in der Öffentlichkeit und das Verbot alkoholischer Getränke als Mittel zur Kontrolle der Gesellschaft einsetzt.