Ukraine-Krieg

Erzbischof von Lwiw übt Kritik an Papst-Reiseplänen

Kein Verständnis für eine baldige Moskau-Reise des Papstes zeigt der römisch-katholische Erzbischof von Lwiw (Lemberg), Mieczyslw Mokrzycki. „Es wäre ein Desaster, wenn der Heilige Vater zunächst Russland besuchen würde, und dann erst die Ukraine.“

Es sei durchaus möglich, „dass die Grenzen der Ukraine für ihn geschlossen wären, wenn er aus Russland zurückkäme“, so der Erzbischof im Interview mit der deutschen katholischen Wochenzeitung „Die Tagespost“ (Onlineausgabe am Freitag).

Der Erzbischof weiter: „Unsere Gläubigen sagen, man müsse sich zuerst dem Unfallopfer zuwenden, dem der leidet, und dann erst demjenigen, der den Unfall verursacht hat.“ Mokrzycki äußerte sich am Rande des jüngsten Besuchs von Erzbischof Franz Lackner und Bischof Wilhelm Krautwaschl in Lemberg.

„Dankbar, aber …“

„Wir sind dem Heiligen Vater sehr dankbar, dass er von Anfang an dem ukrainischen Volk mit seinen Gebeten und vielen Appellen nahe war“, sagte Mokrzycki. Weniger zufrieden sei das ukrainische Volk damit, dass der Papst zuerst den russischen Botschafter in Rom besuchte und nie deutlich aussprach, dass Russland eine Invasion in der Ukraine durchführt.

Der römisch-katholische Erzbischof von Lwiw, Mieczyslaw Mokrzycki, bei seiner Bischofsweihe im September 2007
APA/AFP/Andreas Solaro
Der römisch-katholische Erzbischof von Lwiw, Mieczyslaw Mokrzycki (Archivbild von 2007)

Mokrzycki, der von 1996 bis 2005 als zweiter Sekretär für Johannes Paul II. und Benedikt XVI. im Vatikan arbeitete, meinte gegenüber der „Tagespost“ wörtlich: „Nicht nur die griechisch-katholischen Gläubigen, auch wir sind nicht mit allen Gesten des Heiligen Vaters gegenüber Russland einverstanden, aber vielleicht verstehen wir seine Intentionen und seine Politik nicht gut. Hoffen wir, dass der Papst gute Intentionen hat und mit seiner Art des Agierens bald Frieden in die Ukraine bringt.“

Der Erzbischof für die Katholiken des lateinischen Ritus in der Westukraine bestätigt, es sei „beinahe offiziell, dass der Heilige Vater – sobald er aus Kanada zurückkehrt – entscheidet, wann er nach Kiew kommt: möglicherweise im August oder September“. Ganz gewiss werde er kommen.

Weiter Probleme mit Moskaus Orthodoxie

Derzeit müsse die Kirche unter den Bedingungen des Krieges das Evangelium und die Caritas verbreiten. „Wir predigen das Evangelium, spenden die Sakramente, kümmern uns um die Armen und Kranken. Jetzt wenden wir uns besonders den Flüchtlingen zu, die alles verloren haben, ihre Häuser und ihre Heimat.“

Er sei sehr zufrieden mit seinen Gläubigen und Priestern, „die ihre Herzen und die Türen ihrer Häuser geöffnet haben“. Alle katholischen Priester seien in ihren Gemeinden geblieben: „Das ist ein schönes Zeichen. Keiner hatte Angst, keiner hat seine Pfarre und seine Herde verlassen“, so Erzbischof Mokrzycki.

Von Moskauer Patriarchat losgesagt

Zwischen den Konfessionen in der Ukraine gebe es weiter ernsthafte Probleme, insbesondere mit der Ukrainischen Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats. Die höchste Versammlung dieser Kirche hat sich zwar vom Moskauer Patriarchat losgesagt, der Status und wie dies in den einzelnen Diözesen der Ukraine gehandhabt wird, ist aber weder einheitlich noch klar. In einzelnen Regionen der Ukraine wurde die Kirche bereits von den Behörden verboten. So auch in Lemberg.

Erzbischof Mokrzycki kritisierte allerdings auf Frage der „Tagespost“ regionale Verbote dieser Kirche: „Ich persönlich meine, dass ein demokratischer Staat, wie überall in Europa, volle Religionsfreiheit gewähren muss, und das für alle – seien es die Muslime, die Zeugen Jehovas oder andere. So sollte das auch hier in der Ukraine sein.“

Polnisch-ukrainische Beziehungen

Von einem neuen Kapitel in den historisch wechselvollen polnisch-ukrainischen Beziehungen hat unterdessen der ukrainische griechisch-katholische Bischof Eugeniusz Popowicz gesprochen. Der Metropolit von Przemysl und Warschau wies auf die großzügige Aufnahme der ukrainischen Flüchtlinge hin, von denen mehr als drei Millionen über die Grenzstadt Przemysl nach Polen kamen.

Das habe zu einem Wandel in den Beziehungen zwischen den Nachbarvölkern geführt. Er selbst habe nicht mit solcher Großherzigkeit und Gastfreundschaft gerechnet, sagte der Metropolit im Gespräch mit der „Tagespost“, auch sonst niemand – „vor allem nicht Wladimir Putin“.

In der griechisch-katholischen Kathedrale von Przemysl, die Papst Johannes Paul II. den Griechisch-Katholischen 1991 geschenkt hatte, sagt Bischof Popowicz, der Erzbischof von Krakau habe ihm zuletzt ausdrücklich erlaubt, in jeder beliebigen Kirche seiner Diözese zu zelebrieren. 120 griechisch-katholische Pfarren der Ukrainer gebe es in Polen mittlerweile.

Alle zu Sakramenten zugelassen

Allerdings sei jetzt schwer zu sagen, welche Flüchtlinge aus der Ukraine in Polen griechisch-katholisch sind und welche orthodox. Die mit Rom unierten Katholiken des byzantinischen Ritus öffnen deshalb jetzt die Tore für alle und lassen unter den Bedingungen des Kriegs alle – ob katholisch oder orthodox – zu den Sakramenten zu.

„Die Priester dürfen keinen katholischen oder orthodoxen Gläubigen abweisen. Wir betrachten das als Zeit des Krieges, da kann man konfessionelle Trennungen nicht aufrecht erhalten. Wenn Menschen um Hilfe bitten, leisten wir Hilfe“, so der Metropolit. Von orthodoxer Seite gebe es dafür allerdings weniger Verständnis, räumte Popowicz ein.