Kanada-Reise

Papst-Reise: Treffen mit Indigenen im Mittelpunkt

Am Sonntag beginnt Papst Franziskus seine Reise nach Kanada. Im Mittelpunkt des Besuchs stehen Gespräche zwischen dem Kirchenoberhaupt und Vertreterinnen und Vertretern der First Nations, Metis und Inuit.

Eine große Rolle spielen dabei die ehemaligen Schülerinnen und Schüler der „Residential Schools“. In diesen wurden im 19. und 20. Jahrhundert indigene Kinder ihrer Kultur beraubt, misshandelt und auch missbraucht.

Für die Beteiligung der katholischen Kirche, die eine Vielzahl dieser Internate betrieb, fordern Indigene eine päpstliche Entschuldigung auf kanadischem Boden. Beim Besuch mehrerer indigener Delegationen Ende März in Rom hatte Franziskus bereits um Vergebung gebeten.

Papst will Versöhnung vorantreiben

Franziskus selbst bezeichnete den Besuch zuletzt als „eine Bußreise“. Er reise ach Kanada, um besonders die indigenen Völker zu umarmen, sagte der Papst am vergangenen Sonntag. Von ihnen hätten viele auch in katholischen Einrichtungen großen Schaden erlitten. „Ich drücke ihnen allen meinen Schmerz aus für das Leid, das sie erlitten haben“, so Franziskus. Er hoffe, dass er die Versöhnung vorantreiben könne.

Papst Franziskus mit kanadischen Indigenen im Vatikan, 31. März 2022
APA/AFP/Handout Vatican Media
Papst Franziskus mit kanadischen Indigenen im März im Vatikan

Der Besuch des Papstes setze „Gesten der Versöhnung durch die bloße Tatsache, dass sie bei uns stattfindet“, erklärte der Vorsitzender der Kanadischen Bischofskonferenz, Raymond Poisson, gegenüber Radio Vatikan. Dies sei ein Faktor, den man keinesfalls unterschätzen dürfe, betont der Bischof von Saint-Jerome-Mont-Laurier.

Sehr wichtiges Zeichen

Die Indigenen hätten eine „starke Bindung“ an ihr Territorium, die weit über die westlichen Vorstellungen vom eigenen Haus hinausgehe. Für sie stelle das Land einen „kollektiven, gemeinschaftlichen“ Raum dar, ein Gebiet, das „der Natur sehr nahe“ sei, so Poisson: „Dass der Papst also kommt, um mit seinen Füßen diesen Boden zu betreten und ihnen zu sagen: ‚Ich bin bei euch, ich liebe euch, und wir bedauern alle gemeinsam, was geschehen ist‘, ist sehr wichtig.“

Mehrere Begegnungen mit Indigenen

Für Montag ist das erste Treffen des Papstes mit drei indigenen Gruppen in Maskwacis geplant. Dort stand einst eine der größten Residential Schools. Der Erzbischof von Edmonton, Richard Smith, geht laut Medienberichten davon aus, dass Franziskus dort um Entschuldigung bitten wird. Die Schule spiele „eine repräsentative Rolle für alle Internatsschulen“.

Weitere direkte Begegnungen mit Vertreterinnen und Vertretern des First Nations sind in Edmonton und Quebec geplant. Auch am Ende der Reise in Iqaluit sieht das Papst-Programm ein privates Treffen mit ehemaligen Schülerinnen und Schülern aus Residential Schools und eine Begegnung mit der Jugend und Indigenen-Ältesten vor.

Großer Gottesdienst in Edmonton

Feste Sitzplatz-Kontingente für Indigene gibt es auch für eine große Freiluftmesse im Commonwealth-Stadion von Edmonton am Dienstag. Insgesamt haben werden bei dem Gottesdienst 60.000 Gläubige erwartet. Die rund 60.000 kostenlosen Tickets für die Messe waren laut den kanadischen Organisatoren des Papst-Besuchs innerhalb weniger Minuten vergriffen.

Zur Messe in der Basilika Sainte Anne de Beaupre im französischsprachigen Quebec am Donnerstag erwarten die Veranstalter bis zu 15.000 Teilnehmer. Bei beiden öffentlichen Messen sollen auch Elemente der Tradition der kanadischen Ureinwohner wie Tanz und Musik zum Tragen kommen.

Gespräch mit Trudeau

Höflichkeitsbesuche bei Generalgouverneurin Mary Simon und Premierminister Justin Trudeau (Mittwoch) stehen für den Papst ebenso auf dem Programm wie Treffen mit Bischöfen, Priestern, Ordensleuten und weiteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ortskirche. Am Sonntag, 30. Juli, abends fliegt Franziskus zurück nach Rom.

Inuit fordern mehr als Entschuldigung

Die Volksgruppe der Inuit erwartet vom Papst während seines Besuchs in Kanada neben einer Entschuldigung auch Entschädigungen für die Opfer der Zwangsassimilierung in Indigenen-Internaten. Wie der „Toronto Star“ (Donnerstag-Ausgabe, Ortszeit) berichtete, fordern die Ureinwohner im Nordosten Kanadas auch eine juristische Verfolgung der Verantwortlichen. Dabei beziehen sie sich vor allem auf Dutzende Missbrauchsfälle durch Priester und Ordensfrauen. Mindestens ein Priester, der in Kanada angeklagt ist, lebt derzeit in Frankreich.

Entführung und Vergewaltigung

Der „Toronto Star“ zitiert Peter Irniq, einen ehemaligen Internatsschüler in Chesterfield Inlet, im heutigen Nunavut, der angibt, als Kind von einer Ordensfrau missbraucht worden zu sein. Er bezeichnete das Geschehene als Entführung und Vergewaltigung. Laut Irniq sind die Erinnerungen an das Leid der Kinder immer noch so präsent, dass 2014 eine katholische Kirche in Flammen aufging, als ein Priester endlich vor Gericht gestellt worden sei.

Katholische Kirche in Kanada

Die katholische Kirche in Kanada hat eine vergleichsweise junge Geschichte. Mit den Europäern und ihrer Kolonialisierung Anfang des 17. Jahrhunderts kam der Katholizismus in die „Neue Welt“. So waren es zunächst die Franzosen, die Missionare ins heutige Kanada schickten. Trotz der späteren Eroberung durch die Briten wuchs der Katholizismus in dem Land weiter.

Heute sinkt der Anteil der Christinnen und Christen im Land. So bezeichnen sich aktuell etwa 63 Prozent der gut 38 Millionen Kanadier als Christen, rund die Hälfte von ihnen als katholisch. Das flächenmäßig zweitgrößte Land der Erde hat derzeit 59 katholische Diözesen; die größte ist die Erzdiözese Montreal mit 1,28 Millionen Katholikinnen und Katholiken. Vorsitzender der Kanadischen Bischofskonferenz ist seit Oktober 2021 Raymond Poisson, Bischof von Saint-Jerome-Mont-Laurier.

Katholische Ostkirchen mit fünf Eparchien

Eine Rolle spielen auch die katholischen Ostkirchen. Mit fünf Eparchien (Diözesen) ist die ukrainisch-griechisch-katholische Kirche die größte. Andere Religionen stellen gegenüber dem Christentum nur einen kleinen Anteil an der Bevölkerung: Knapp vier Prozent der Kanadierinnen und Kanadier bezeichnen sich als Muslime, Hindu und Sikhs liegen bei jeweils etwa 1,5 Prozent, Juden bei einem Prozent.