„Judensau“

Verfassungsbeschwerde gegen antijüdisches Kirchenrelief

Der Rechtstreit über eine Entfernung des „Judensau“-Reliefs an der Stadtkirche im deutschen Wittenberg geht weiter. Nach seiner Niederlage am Bundesgerichtshof (BGH) legte der Kläger Verfassungsbeschwerde ein. Das Gericht hatte im Juni entschieden, das Sandsteinrelief aus dem 13. Jahrhundert müsse nicht entfernt werden.

Dietrich Düllmann, der 1978 zum Judentum konvertiert ist und sich seither Michael nennt, wollte gerichtlich erreichen, dass das antijüdische Sandsteinrelief entfernt wird.

Am Mittwoch wurde bekannt, dass er nach seiner Niederlage am Bundesgerichtshof wie angekündigt Verfassungsbeschwerde eingelegt hat. Den Eingang des Schreibens bestätigte ein Sprecher des Bundesverfassungsgerichts am Mittwoch in Karlsruhe.

Ein antijudaistisches Ralief an der Wittenberger Stadtkirche
APA/AP/Jens Meyer
Eine „zeitnahe Abnahme“ des antijüdischen Reliefs wird empfohlen

„Schandmal“ zu „Mahnmal“

Die Anwälte des Beschwerdeführers fordern, dass das BGH-Urteil aufgehoben und der Fall an den Gerichtshof zurückverwiesen werde. Das Relief sei „in Ansehung der damit verbundenen schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht nur des Beschwerdeführers, sondern jedes Juden in Deutschland zu entfernen“, heißt es in der Verfassungsbeschwerde, die dem „Spiegel“ und der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Das Gericht hatte geurteilt, dass durch eine Bodenplatte und einen Aufsteller mit erläuterndem Text die Kirchengemeinde das „Schandmal“ in ein „Mahnmal“ umgewandelt habe. Die Entscheidung war auf Kritik und Unverständnis gestoßen.

Expertenbeirat für Entfernung

Erst am Dienstag war bekannt geworden, dass ein Expertenbeirat dem Gemeindekirchenrat eine „zeitnahe Abnahme“ des Reliefs empfiehlt. Es gelte, „eine klare Veränderung der bisherigen Situation herbeizuführen, die die Plastik mit Titulatur der gegenwärtigen Sichtbarkeit entzieht“.

Am besten geschehe das „durch die Abnahme und Verbringung in einen die Plastik adäquat kontextualisierenden Rahmen“, heißt es in der Erklärung zur abschließenden Sitzung des 2020 einberufenen Expertengremiums.