Stuatue der heilgen Edith Stein im Vatikan
ReutersTony Gentile
Public Domain
80. Todestag

Edith Stein: Jüdin, Katholikin, NS-Opfer

Vor 80 Jahren wurde Edith Stein im Konzentrationslager Auschwitz ermordet. Stein gehört zu den bedeutendsten europäischen Frauen des 20. Jahrhunderts: Als Jüdin konvertierte die Philosophin und Frauenrechtlerin mit 31 zum Katholizismus. Papst Pius XI. forderte sie auf, gegen die Nazis Stellung zu beziehen. Die Kirche sprach Stein 1998 heilig.

„Jahre hindurch haben die nationalsozialistischen Führer den Judenhass gepredigt. Nachdem sie jetzt die Regierungsgewalt in ihre Hände gebracht und ihre Anhängerschar – darunter nachweislich verbrecherische Elemente – bewaffnet hatten, ist diese Saat des Hasses aufgegangen“. Diese Worte richtete die Deutsche im Jahr 1933 in einem Brief an Pius XI. (1922-1939). Das Schreiben, das lange als verschollen galt, befindet sich im Vatikanischen Archiv.

In dem Brief ist zu lesen, wie Stein den Papst auffordert, sein Schweigen zu brechen – wie sich später herausstellte, vergeblich. „Alles, was geschehen ist und noch täglich geschieht, geht von einer Regierung aus, die sich „christlich“ nennt“, schrieb sie. „Seit Wochen warten und hoffen nicht nur die Juden, sondern Tausende treuer Katholiken in Deutschland – und ich denke, in der ganzen Welt – darauf, dass die Kirche Christi ihre Stimme erhebe, um diesem Missbrauch des Namens Christi Einhalt zu tun.“

Habilitation scheiterte am Frausein

Stein, die Tochter einer Kaufmannsfamilie aus Breslau war zu dem Zeitpunkt schon zum Christentum konvertiert, hatte sie sich doch 1922 katholisch taufen lassen. Danach wurde Stein, die Philosophie, Germanistik, Geschichte und Psychologie in ihrer Heimatstadt sowie in Göttingen und Freiburg studiert hatte, Lehrerin am Lehrerinnenseminar in Speyer, das von Dominikanerinnen geführt wurde. Dort lebte sie bereits wie eine Ordensfrau.

Edith Stein, ca. 1938–1939
Public Domain/Wikipedia
Edith Stein konvertierte als Jüdin zum Katholizismus. 1942 wurde sie im KZ Auschwitz ermordet.

In ihren philosophischen Schriften setzte sie sich unter anderem mit dem Denken von Thomas von Aquin, Edmund Husserl und Martin Heidegger auseinander. Zwar hatte sie 1916 bei Husserl promoviert, mehrere Versuche einer Habilitation scheiterten aber an dem Umstand, dass sie eine Frau war. 1933 trat sie unter dem Namen Teresia Benedicta a Cruce in den Kölner Karmel „Maria vom Frieden“ ein und gehörte damit zu den Unbeschuhten Karmelitinnen.

In Auschwitz getötet

Nach dem NS-Pogrom am 9. November 1938 konnte Stein mit ihrer jüdischen Herkunft nicht mehr in Deutschland bleiben. Sie floh in die Niederlande und lebte dort im Karmel in Echt. Mit der Besetzung der Niederlande durch die Deutschen und nach der Verlesung eines Hirtenbriefs der katholischen Bischöfe 1942 in niederländischen Kirchen, in denen diese gegen die Judenverfolgung protestierten, wurde es auch dort gefährlich.

Am 2. August 1942 wurden Stein und ihre mittlerweile ebenfalls getaufte und zu ihr nach Echt gereiste Schwester Rosa verhaftet. Wenige Tage später wurden die Frauen in das KZ Westerbork und von dort nach Auschwitz gebracht. Edith Stein gehörte zu jenen Gefangenen, die sofort getötet wurden. Von der katholischen Kirche wurde sie am 1. Mai 1987 selig- und am 11. Oktober 1998 heiliggesprochen. Papst Johannes Paul II. ernannte Edith Stein 1999 neben Katharina von Siena und Brigitta von Schweden zur „Patronin Europas“.

„Der Zeit voraus“

Im ehemaligen deutschen Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau gedachte die katholische Kirche am Dienstag der Ermordung Steins. Der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, Bertram Meier, würdigte die im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau ermordete Ordensfrau als Persönlichkeit, die „der Zeit, auch der katholischen Kirche, weit voraus“ war.

„Sie hat uns mit ihrer Solidarität für ihre jüdischen Schwestern und Brüder und für alle Gedemütigten und Entrechteten einen Weg gewiesen“, sagte der Augsburger Bischof laut Redemanuskript. Der vatikanische Kurienkardinal Michael Czerny sowie der Krakauer Erzbischof Marek Jedraszewski stellten am Lagermahnmal in Birkenau Kerzen ab und beteten. Begleitet wurden sie dabei von mehr als 100 Menschen.