Als der Bosnienkrieg 1992 ausbrach, strandeten zahlreiche desertierte Männer in Graz, berichteten die „VinziWerke“ in einer Aussendung. Weil sie weder Arbeit noch Mittel hatten, übernachteten die Männer in abgestellten Zugwaggons am Grazer Hauptbahnhof.
Dort besuchte sie „VinziWerke“-Gründer Pfarrer Wolfgang Pucher regelmäßig. Niemand habe ihnen helfen wollen, erzählte er. „Sie verbrachten unter menschenunwürdigen Zuständen ihre Nächte. Da konnte ich nicht wegsehen. Ich stellte Zelte auf dem Sportplatz der Pfarre St. Vinzenz auf und nahm sie über den Sommer auf“, erzählte Pfarrer Pucher vom „VinziZelt“, dem Anfang der Notschlafstelle.
Platz für Armutsmigranten
Bald wurde diese in „VinziNest“ umbenannt. Bereits im September desselben Jahres übersiedelten die Männer in eine stillgelegte Strickerei in der Kernstockgasse 14, „der damalige Besitzer, Immobilien Wiesenhofer, stellte der Vinzenzgemeinschaft das Objekt gegen Betriebskostenersatz kostenlos zur Verfügung“, erinnerte sich Pucher.
Heute befindet sich das Gebäude im Besitz der „VinziWerke“. Es bietet Platz für 80 Männer. Auch heute noch bilden Armutsmigranten die Kernzielgruppe der Notschlafstelle.
Hilfe bei Integration
In der Notschlafstelle können sie duschen, bekommen ein Bett für die Nacht und täglich eine warme Mahlzeit. „Einmal pro Woche werden sie durch die rollende Marienambulanz außerdem medizinisch versorgt“, ergänzte Amrita Böker, Koordinatorin der „VinziWerke“.
Vom haupt- und ehrenamtlichen Team werden sie in Sachen Integration aufgeklärt, bei Behördengängen unterstützt, in rechtlichen Angelegenheiten weitervermittelt und mitunter auch in feste Beschäftigungsverhältnisse begleitet.
Notschlafstelle für Frauen
Das „VinziNest“ verzeichnet seit 1992 rund 630.000 Nächtigungen. 2.150 Männer wurden insgesamt mit 440.000 Mahlzeiten versorgt. Rund 360 ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sicherten in 180.000 Stunden den Betrieb der Notschlafstelle. Seit 2006 wird das Angebot um „VinziSchutz“, eine Notschlafstelle für Armutsmigrantinnen, ergänzt. Das Haus bietet Platz für 24 Frauen.
1999 wurde das „VinziNest“ erstmals nach dem Einzug generalsaniert. Seither wurden mehrere Teile des Hauses verbessert. Nun ist eine umfassendere Renovierung des Gebäudes notwendig, deren Kosten sich im sechsstelligen Bereich bewegen dürften und die durch Spendengelder finanziert werden sollen.
Spendenhinweis
„VinziNest“
IBAN AT75 2081 5022 0040 8090, Verwendungszweck: VinziNest-Renovierung
Jubiläumsfest im Herbst
Am 2. Oktober ist ein „Fest der Begegnung“ anlässlich des 30-Jahr-Jubiläums geplant. Dort und bereits jetzt bitten die „VinziWerke“ um Spenden, um die dringend benötigte Generalsanierung finanzieren zu können.
Die Einrichtung öffnet beim Fest nicht nur die Türen zum Haus, sondern auch zur bunten Vielfalt der Kulturen aus mehr als 35 Herkunftsländern der Bewohner. Auf dem Programm stehen neben einem Festgottesdienst in der Andräkirche Multi-Kulti-Stationen, Führungen, Livemusik, Essen, Kinderprogramm und eine Tombola.
40 Institutionen in Österreich
Das „VinziNest“ ist auch auf der Suche nach Zeitspenden in Form von ehrenamtlicher Mitarbeit. Dafür sind keine fachspezifischen Kenntnisse notwendig. Interessierte werden vom hauptamtlichen Team eingeschult und begleitet.
Die „VinziWerke“ sind 1990 aus der Vinzenzgemeinschaft Eggenberg entstanden, die sich um von Armut betroffene Menschen kümmert. In den 40 Institutionen in der Steiermark, Wien und Salzburg finden täglich bis zu 450 Personen Unterkunft und 1.400 Personen werden mit Essen und Lebensmitteln versorgt. Die Vinzenzgemeinschaft Eggenberg ist eine von 146 Vinzenzgemeinschaften in Österreich, weltweit sind es 50.000 in 148 Ländern. Sie ist mit mehr als einer Million Mitgliedern die größte Laienorganisation der Welt.