Kirchenpolitik

Köln: Funktionsträger distanzieren sich von Woelki

Rund 50 Pfarrer, Gemeindereferentinnen und andere Funktionsträger des Erzbistums Köln haben sich in einer Erklärung von Kardinal Rainer Maria Woelki distanziert. Sein „letztes Vertrauen verbraucht“ habe Kardinal Woelki, nachdem seine PR-Strategie bekannt geworden war, heißt es in der Erklärung.

Woelki hatte 2020 eine Vertrauenskrise ausgelöst, als er sich entschied, ein Gutachten der Münchner Anwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl zum Umgang von Bistumsverantwortlichen mit Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs nicht zu veröffentlichen.

Er hatte 2020 eine Kommunikationsagentur engagiert, die Pläne für sein „Überleben“ im Amt entworfen hatte. Unter anderem schlugen ihm die PR-Experten vor, dass er versuchen solle, in einer Auseinandersetzung um ein nicht veröffentlichtes Gutachten den Beirat von Betroffenen sexuellen Missbrauchs auf seine Seite zu ziehen.

„Emotionen zeigen“ und „Joker“ in der Hinterhand haben

Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ laut Kathpress berichtete, rieten die Kommunikationsexperten Woelki und anderen Diözesanvertretern dazu, in einer Sitzung mit dem Betroffenenbeirat „Emotionen“ zu zeigen und „Joker“ in der Hinterhand zu haben, wie etwa das Angebot, sich für zügigere Anerkennungszahlungen einzusetzen.

So sollte ein bestimmtes Abstimmungsverhalten des Gremiums erzielt werden. Viele Betroffene, Laien und Seelsorgende sehen darin eine Instrumentalisierung von Missbrauchsopfern. Auch ranghohe Kirchenvertreter äußerten ihren Unmut. Der Kölner Generalvikar Guido Assmann widersprach demnach dem Vorwurf. Die Perspektive der Betroffenen sei „immer und ausschließlich“ handlungsleitend für die Diözesanspitze gewesen.

Empörung über Kommunikationsstrategie

„Die neuerlichen Enthüllungen über die Kommunikationsstrategie des Kardinals und seiner Mitarbeitenden in der Leitung empören uns“, ist in dem Statement der Funktionsträgerinnen und Funktionsträger des Erzbistums Köln zu lesen.

Trotz größter Skepsis hätten einige von ihnen nach der Rückkehr Woelkis aus seiner Auszeit Anfang März versucht, den Dialog mit ihm aufzunehmen. Die Krise im Erzbistum habe nun „einen nicht vorstellbaren Tiefpunkt erreicht“. Papst Franziskus hatte Woelki im September letzten Jahres in eine fünfmonatige Auszeit geschickt, nachdem er ihm „große Fehler“ vorgeworfen hatte.

Eine solche Strategie sei inakzeptabel, kritisierte Ingrid Kloß, stellvertretende Diözesanvorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft, das bekanntgewordene PR-Konzept. Diese Strategie aber auch noch ein zu eins umzusetzen, sei „eines katholischen Christen und erst recht eines Kardinals nicht würdig“. Schulseelsorger Dirk Peters sprach am Montag in Köln von einer „ungeheuer dynamischen Entwicklung“. „Viele“ wollten die Erklärung demnach unterzeichnen.

Zweite Auszeit gefordert

Der Vertreter von Laien in der Erzdiözese Köln, Tim Kurzbach, forderte unterdessen eine zweite Auszeit für Kardinal Woelki. Über einen Rücktritt des Erzbischofs müsse zwar Papst Franziskus entscheiden, sagte der Vorsitzende des Diözesanrats der Katholiken im Interview der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Montag) laut Kathpress. Er finde jedoch: „Woelki braucht eine zweite Auszeit, die länger dauert. Ich hoffe, dass jetzt bald jemand Verantwortung im Sinne der Menschen im Erzbistum Köln übernimmt.“

Kurzbach warf Woelki vor, die Unwahrheit über seine erste, fünfmonatige Auszeit sowie sein Rücktrittsangebot gesagt zu haben. Beides sei nicht freiwillig erfolgt, sondern vom Papst verordnet worden, so der Laienvertreter. Auch was die Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHKT) angehe, sei die „Grenze zur Unwahrheit“ überschritten worden. Die Erzdiözese habe versprochen, für diese Einrichtung keine Kirchensteuermittel aufzuwenden. Nun heiße es, gemeint gewesen sei nur die Anschubfinanzierung.

Diskussion über widmungsgmäße Verwendung der Mittel

„Während Millionen für diese Hochschule ausgegeben werden, diskutieren wir darüber, ob Opfer sexuellen Missbrauchs 5.000, 10.000 oder 50.000 Euro Entschädigung bekommen sollen“, monierte Kurzbach. Auch bei Caritas und Kirchengemeinden werde gespart. Der Laienvertreter forderte ein Einschreiten der anderen deutschen Bischöfe.

Montagfrüh sperrte die Gruppierung „Maria 2.0“ symbolisch den Zugang zur Verwaltungszentrale der Kölner Erzdiözese. Am Wochenende hatten zudem 21 Diözesanmitarbeitende einen Neuanfang mit „personellen und systemischen Veränderungen“ gefordert. Der Remscheider Stadtdechant Thomas Kaster verlangte ein klares Wort des Papstes zu Woelki.

Der Vertreter von Laien in der Erzdiözese Köln Kurzbach erklärte indes, der Vatikan habe „panische Angst“ vor den Reformbemühungen der katholischen Kirche in Deutschland, dem „Synodalen Weg“. Dabei habe die Krise in Köln damit nichts zu tun. Es gehe nicht um „konservativ gegen progressiv“, sondern um „Missmanagement und um die fehlende Liebe zu den Menschen und zum Evangelium“.