Sammelklage

Missbrauchsvorwürfe gegen Kardinal Ouellet

Wenige Wochen nach der Kanada-Reise von Papst Franziskus sind Missbrauchsvorwürfe gegen den hochrangigen kanadischen Kardinal Marc Ouellet laut geworden. Eine Frau wirft dem 78-Jährigen unsittliche Berührungen vor.

In einer Sammelklage gegen 88 Geistliche des Erzbistums Quebec werden dem heutigen Präfekten der Bischofskongregation im Vatikan von einer früheren Pastoralreferentin sexuelle Übergriffe vorgeworfen, wie am Dienstag aus Gerichtsdokumenten hervorging. In dem fraglichen Zeitraum von 2008 bis 2010 war er Erzbischof von Quebec.

Die nur als „F“ identifizierte Frau wirft Ouellet laut den Dokumenten vor, sie in der Zeit wiederholt geküsst, ihr „kräftig“ die Schultern massiert und ihr einmal mit der Hand über den Hintern gefahren zu sein. Es habe sich jedes Mal „sehr unangenehm“ angefühlt, sagte die Frau einem kanadischen Radiosender. Sie habe versucht, ihrem damaligen Vorgesetzten Ouellet aus dem Weg zu gehen. Erst seit 2021 wüssten die zuständigen kirchlichen Beschwerdestellen über die Vorwürfe Bescheid.

Kardinal Marc Ouellet
Reuters/Tony Gentile
Kardinal marc Ouellet wird von einer Frau vorgeworfen, sie sexuell belästigt zu haben

Die Frau gibt an, sie habe sich von dem damaligen Erzbischof „gejagt“ gefühlt. Als sie das Thema angesprochen habe, sei ihr gesagt worden, dass sie nicht die einzige Frau sei, die ein solches „Problem“ mit Ouellet habe.

Brief an Papst Franziskus

Später wurde ihr den Unterlagen zufolge geraten, einen Brief an Papst Franziskus zu schreiben. Der Frau wurde später mitgeteilt, der Papst habe jemanden beauftragt, den Vorwürfen nachzugehen. Sie erhielt aber nie eine Rückmeldung über einen möglichen Abschluss einer solchen Untersuchung.

Das Erzbistum erklärte nun auf Anfrage, es habe die „Vorwürfe mit Blick auf Kardinal Marc Ouellet zur Kenntnis genommen“, wolle die Angelegenheit aber nicht weiter kommentieren. Der Vatikan reagierte zunächst nicht auf eine Anfrage der Nachrichtenagentur AFP.

Sammelklage von 101 Personen

Berichten zufolge werden in der aktuellen Sammelklage weitere hochrangige Geistliche beschuldigt, unter anderem der 2001 verstorbene Weihbischof Jean-Paul Labrie. Die Erzdiözese Quebec äußerte sich auf Presseanfrage bisher nicht zu den Vorwürfen. Ein Sprecher erklärte am Dienstag (Ortszeit), dass an einer entsprechenden Erklärung gearbeitet werde. Die Vorwürfe reichen zurück bis in das Jahr 1940.

Die Vorwürfe gegen Ouellet wurden kurz nach dem Kanada-Besuch von Papst Franziskus vom Juli publik. Der Kardinal hatte 2013, als Franziskus zum Oberhaupt der katholischen Kirche gewählt wurde, selbst als Anwärter auf das Amt gegolten.