Lebensmittel und Geld
APA/Barbara Gindl
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„Ruhe vor dem Sturm“

Auswirkungen der Teuerungswelle laut Caritas „gravierend“

Die „gravierenden“ Auswirkungen der Teuerungswelle, unter anderem im Bereich Energie und Wohnen, machten es den Menschen jetzt schon schwer, mit ihrem Geld auszukommen – und das sei erst die „Ruhe vor dem Sturm“, so die Caritas.

Das sagte der oberösterreichische Caritas-Direktor Franz Kehrer im Interview mit dem „Oberösterreichischen Volksblatt“ (Donnerstag-Ausgabe). Die starken, unmittelbaren Effekte der Teuerung machten sich in der Bevölkerung gerade erst bemerkbar. Staatliche Einmalzahlungen wie die Sonderzahlung der Familienbeihilfe könnten temporär entlasten, dennoch würde noch „ganz viel Geld“ vom Staat benötigt werden.

Die Zahl der Menschen, die sich Hilfe suchend an die Caritas wenden, spiegelt den erhöhten Hilfebedarf deutlich wider: Laut Kehrer führte die Caritas der Diözese Linz im ersten Halbjahr 13.000 Beratungen durch; das seien 1.000 Beratungen mehr als im Vorjahr gewesen. Die Zahl der Erstkontakte sei sogar um zehn Prozent gestiegen.

Hilfen nur „Tropfen auf dem heißen Stein“

Die Menschen, die die Beratung der Caritas in Anspruch nehmen, kämen mit billigeren Lebensmitteln und Einkäufen in Sozialmärkten zwar über die Runden, sagte Kehrer. „Aber wie sollen sie sich jetzt eine Stromnachzahlung von 600, 700 oder 800 Euro leisten?“ Selbst Hilfszahlungen in der Höhe von 150 oder 200 Euro seien da „nur noch ein Tropfen auf dem heißen Stein“.

Der Direktor der Caritas Oberösterreich, Franz Kehrer
APA/Helmut Fohringer
Caritas-Oberösterreich-Direktor Kehrer sieht auch Handlungsbedarf bei der Pflege

Handlungsbedarf vonseiten der Politik ortet der oberösterreichische Caritas-Direktor auch im Bereich Pflege. Aufgrund der Personalengpässe in der stationären und mobilen Pflege habe die Caritas ihr Pflegekonzept geändert. Sie setze nun darauf, Menschen so lange wie möglich durch Freiwilligenarbeit oder pflegende Angehörige in ihrem Umfeld zu unterstützen. Von der Politik wünscht sich Kehrer, dass sie diese veränderten Rahmenbedingungen beachtet und entsprechend darauf reagiert.

Pflegeschlüssel in Heimen verbessern

Mit Blick auf die hohen Spritpreise bedürfe es etwa einer Anhebung des amtlichen Kilometergeldes, um Pflege-Mitarbeitende zu unterstützen, die Menschen zu Hause betreuen, forderte Kehrer. Auch müsse der Pflegeschlüssel in Pflegeheimen verbessert werden, da sich die Bewohnerstruktur verändert habe. Ein weiterer Wunsch Kehrers betrifft den Bürokratieabbau. Hier habe die Belastung der Mitarbeitenden im Pflegebereich durch diverse Dokumentationsvorgaben während der Pandemie sogar zugenommen.

Landau: Durch den Winter nur gemeinsam

Für Zusammenhalt und Zuversicht hat Caritas-Präsident Michael Landau geworben. Nur so könne man die anstehenden Herausforderungen, die auf Österreich zukommen, bewältigen, sagte er am Mittwochabend einem Gottesdienst für Caritas-Mitarbeitende und Pfarrgemeinderätinnen und -räte in der Wiener Jesuitenkirche.

„Wir werden den Weg bewältigen, auch wenn er steiler wird. Aber dazu ist es wichtig, dass wir zusammenstehen, anpacken und auf die Schwächsten, auf die Armen nicht vergessen“, so Landau in seiner Predigt: „Durch den nahenden Winter, die kommende Zeit, kommen wir nur gemeinsam!“ Gemeinsam müsse man das Netz der Nächstenliebe noch dichter knüpfen.

Pfarren als „lebendige, wärmende Feuerstellen“

Landau hob die Bedeutung der Caritas-Arbeit in den Pfarren hervor: Die Verantwortlichen vor Ort wüssten, „was Not tut und wo geholfen werden muss. Sie kennen die Strukturen und die Menschen im konkreten Umfeld. Sie sind Hoffnungsorte, Zukunftsorte, lebendige, wärmende Feuerstellen, an denen Kirche geschieht – handfest, konkret, in Gemeinschaft und Leben verändernd.“

Der Caritas-Präsident bezeichnete die Pfarren unter anderem als „Nahversorger für die Seele“. Pfarrliche Caritas-Arbeit sei wahrscheinlich eine der großen pastoralen Chancen der Gegenwart und Zukunft für die Kirche. Das sei auch im Synodalen Prozess auf Österreich-Ebene deutlich spürbar gewesen. Landau: „Die Umsetzung des diakonischen Auftrags durch unsere Pfarren ist das wahrscheinlich erfolgreichste Missionsprojekt der Kirche.“

Der Caritas-Präsident zeigte sich zuversichtlich: „Wir können und werden auch aus dieser Zeit gestärkt hervorgehen.“ Zugleich werde man auch verändert hervorgehen, „aber es wird eine Veränderung zum Guten sein, wenn wir uns am ‚Stil Christi‘ orientieren: im Zugehen auf die Armen, im Zeugnis von der gleichen Würde aller, in zärtlicher Barmherzigkeit, wie der Papst es manchmal ausdrückt.“