Pfarrkirche Geinberg, OÖ
ORF/Georg Hummer
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Ergebnisse

Synodaler Prozess: Österreich-Bericht veröffentlicht

Die Katholikinnen und Katholiken Österreichs wünschen sich mehr Geschlechtergerechtigkeit wie die Förderung von Frauen in kirchlichen Leitungspositionen sowie mehr Partizipationsmöglichkeiten.

Das ergaben die synodalen Beratungen in den österreichischen Diözesen, die in der „Nationalen Synthese zum synodalen Prozess“ Mitte August nach Rom weitergeleitet und am Mittwoch in Wien präsentiert wurden, berichtete Kathpress.

Zwei Jahre lang beschäftigte sich die katholische Kirche mit der Frage, wie sie ihre Entscheidungen finden und welche Formen von Mitbestimmung es dabei geben soll. Im Oktober 2023 gibt es in Rom dazu eine Weltbischofssynode. In Österreichs Diözesen gab es seit Herbst 2021 Befragungen, Diskussionen, Versammlungen Initiativen, um möglichst viele Menschen einzubinden.

Geschlechtergerechtigkeit und Mitbestimmung

Vorgestellt wurde die Synthese vom Vorsitzenden der Österreichischen Bischofskonferenz, Erzbischof Franz Lackner, der Wiener Pastoraltheologin Regina Polak, die dem nationalen Synodenteam angehört, und der Rektorin der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule (KPH) in Innsbruck, Petra Steinmair-Pösel, die maßgeblich für die Endredaktion des Textes verantwortlich war

Wie es in dem Österreich-Bericht heißt, gibt es einige Anliegen, die man vor Ort aufgreifen und umsetzen kann. Das betrifft etwa die Themen Geschlechtergerechtigkeit, Förderung von Frauen in kirchlichen Leitungspositionen und den Ausbau von Partizipationsmöglichkeiten in Richtung Mitbestimmung auf allen Ebenen.

Die Innsbrucker KPH-Rektorin Petra Steinmair-Pösel bei der Pressekonferenz "Synodaler Prozess: Präsentation der Österreich-Ergebnisse, Stephanisaal/Wien, 21. September 2022
Kathpress/Michaela Greil
Die Innsbrucker KPH-Rektorin Steinmair-Pösel bei der Pressekonferenz

Ebenso gilt das für die vermehrte Mitwirkung von Laien und Laiinnen in der Liturgie, das Bemühen um eine verständlichere Sprache in Liturgie und Verkündigung, den pastoralen Umgang mit Menschen, die in verschiedener Weise vom kirchlichen Leben ausgeschlossen sind, die Aufarbeitung von Missbrauch oder die Förderung von Glaubensbildung.

Andere Anliegen seien auf entsprechenden kirchlichen Ebenen zu thematisieren, wie es heißt: Das betrifft etwa den Zugang von Frauen zur Weihe und den damit verbundenen Ämtern, den Zölibat als Zulassungsbedingung zum Weiheamt und die Adaptierung von Lehrmeinungen unter Berücksichtigung der fortschreitenden Offenbarung des Heiligen Geistes, etwa hinsichtlich der Sexualmoral.

Frauen- und Priesterfrage

Zwei Gruppen wurden laut dem Papier sowohl in den diözesanen Synthesen als auch in der nationalen Vorsynodalen Beratung besonders oft hervorgehoben: Die Frauen und die Priester. Tatsächlich zeigten vor allem die diözesanen Synthesen beinahe durchgängig: Die Frauenordination (zumindest in Form des Diakonats), aber auch eine Gleichstellung von Frauen jenseits von Weiheämtern werde von vielen Frauen und Männern dringend gewünscht.

Im Blick auf die Priester hätten die Konsultationen in den Diözesen und auf nationaler Ebene gezeigt, dass sich das Verhältnis zwischen Priestern und Gläubigen vielerorts als schwierig gestaltet. Zum einen gebe es Kritik an einer wahrgenommenen Distanz zwischen Geweihten und Laiinnen und Laien, gleichzeitig werden die Herausforderungen für Priester benannt: Der Priestermangel und auch der zunehmende Schwund an Ehrenamtlichen führten zu Erschöpfung; auch fühlten sich Priester nicht immer gehört bzw. würden ihr Amt in Frage gestellt sehen.

Eine wichtige Beobachtung in zahlreichen Beiträgen war zudem, dass viele Gruppen zu wenig gehört werden. Besonders betrifft das junge Menschen, deren Themen kaum Beachtung finden würden. Zudem wurde häufig die Frage gestellt, wie Menschen, die am Rande der Kirche stehen und sich nicht einbringen, gehört werden könnten.

Liturgie und Spiritualität

In einigen Rückmeldungen wurde das Anliegen formuliert, dass sich Synodalität auch liturgisch widerspiegeln müsse, besonders durch den verstärkten Einbezug von Laien und Laiinnen in Verantwortung, Gestaltung und Durchführung in der Liturgie. Erwähnenswert sei zudem, halten die Autoren der Synthese fest, „dass in manchen Beiträgen von einer großen Sehnsucht nach Angeboten an Spiritualität und liturgischen Feiern gesprochen wird“.

Die Wiener Pastoraltheologin Regina Polak, Erzbischof Franz Lackner und die Rektorin der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule (KPH) in Innsbruck, Petra Steinmair-Pösel
Kathpress/Michaela Greil
Pastoraltheologin Polak, Erzbischof Lackner und KPH-Rektorin der Kirchlichen Pädagogischen Steinmair-Pösel

Viele Beiträge sprechen von einer Kirche, „die auf die Menschen zugeht, allen die Barmherzigkeit Gottes erfahrbar macht und sich ihrer Nöte annimmt, mit einer klaren Option für die Armen und Benachteiligten“. Caritas in Form des sozialen Auftrags der Kirche nimmt in den Beiträgen viele Formen an: Armutsbekämpfung, Einsatz für Flüchtlinge, Begleitung von alten, kranken, notleidenden Menschen oder der Einsatz für Obdachlose. Diesen Einsatz gelte es zu stärken, denn Caritas ist nicht nur als Dienst zu verstehen, sondern auch als Möglichkeit, die Kirche zu den Menschen zu bringen.

In der Synthese wird zudem auf die Dringlichkeit hingewiesen, die christliche Botschaft „wieder verstärkt in die Gesellschaft hinauszutragen und sich klar zu positionieren“ – durch missionarisches Handeln, durch eine bessere Vermittlung der Heiligen Schrift, durch Erfüllung des sozialen Auftrags mit einem geschärften Blick für Menschen in Not, durch einen sichtbaren Einsatz für globale Solidarität, Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung, durch klare Haltungen bei gesellschaftlich und politisch strittigen Themen wie etwa Flucht und Bioethik.

Glaubwürdigkeit wiedergewinnen

Mehrere diözesane Synthesen weisen auch auf die Krise der Glaubwürdigkeit der Kirche hin. Der Umgang mit sexuellem Missbrauch stehe demnach exemplarisch dafür, wie die eigene Glaubwürdigkeit untergraben wurde. Positiv hervorgehoben werde hingegen die Rahmenordnung „Die Wahrheit wird euch frei machen“, die die Österreichische Bischofskonferenz 2010 angenommen hat und welche Maßnahmen, Regelungen und Orientierungshilfen gegen Gewalt und Missbrauch enthält.

Mut zu Ehrlichkeit, Transparenz und Authentizität seien erste Schritte, um die beschädigte Glaubwürdigkeit wiederherzustellen, heißt es. Eine andere Herausforderung für die Kirche sei die zunehmende Spaltung der Gesellschaft.

Kirchliche Positionen immer weniger verstanden

Erschwert werde der Dialog mit der Gesellschaft durch die Tatsache, dass kirchliche Positionen immer weniger verstanden werden, wie es heißt. Dies betreffe insbesondere die kirchliche Lehre in sexualmoralischen Fragen. Einige Stimmen warnten aber auch vor der Übernahme weltlicher Moralvorstellungen und befürchteten eine Erosion der kirchlichen Lehre durch den Synodalen Prozess.

Neben dem Dialog nach außen werde auch der innerkirchliche Dialog, der Umgang mit unterschiedlichen Standpunkten und Konflikten als verbesserungswürdig erlebt. Einheit der Kirche bedeute nicht Einheitlichkeit. Ökumene werde in Österreich zwar gelebt, das Interesse am Thema sei in den diözesanen Beiträgen jedoch überschaubar gewesen, wird in dem Papier zudem festgehalten.

Wertschätzung für Ehrenamt

Wie es in der Synthese weiter heißt, waren Mitgestaltung und Mitbestimmung und die Zukunft der hierarchischen Verfassung der Kirche zentrale Themen im Synodalen Prozess in Österreich. Teilhabe – in den Beiträgen zumeist „Partizipation“ benannt – werde als besonders wichtig erachtet. Partizipation solle wertgeschätzt werden. Dies betreffe vor allem das Ehrenamt, wo dies oft als mangelhaft wahrgenommen wird; es fehle eine „Kultur der Dankbarkeit“ bzw. an Anerkennung.

Die Pfarre sei dabei jener Ort, an dem Teilhabe am ehesten verwirklicht wird. In mehreren Beiträgen wird unterstrichen, dass sich diese kleine Einheit kirchlichen Zusammenlebens bewährt hat und von den Gläubigen gewünscht wird.

Wichtig erscheint in vielen Beiträgen auch eine bessere Einbindung von Laien und Laiinnen; etwa eine Predigtbeauftragung und Tauferlaubnis für Pastoralassistenten und Pastoralassistentinnen oder in der Krankenhausseelsorge, wo auf Grund des Priestermangels oft die Krankensalbung nicht gespendet werden kann.

Umgang mit Autorität und Hierarchie

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Umgang mit Autorität und Hierarchie. Es gilt demnach, einen Ausgleich zwischen notwendiger Führung und Mitbestimmung zu finden. Hier würden mehrere Beiträge den Wunsch von vielen Gläubigen betonen, für die Ortskirchen Formen der Mitbestimmung zu schaffen. Allerdings gebe es auch Stimmen, welche die hierarchische Verfassung der Kirche als Abbild der göttlichen Ordnung auffassen.

Schon in den bestehenden Strukturen könnte man die Repräsentation von Frauen verbessern, heißt es weiter. Die Beteiligung von Frauen in (Leitungs-)Gremien könne etwa durch Frauenquoten gesteigert werden, so ein öfter genannter Vorschlag. Zudem wird die Überlegung ausgesprochen, Frauen zur Beratung in Gremien, darunter auch den Priesterrat und die Bischofskonferenz zuzulassen, oder zu Synoden nach Rom einzuladen.

Frauenweihe vielfach gewünscht

Bemerkenswert ist für die Autoren der Österreich-Synthese die mehrfach eingebrachte Differenzierung zwischen Frauenordination und der Beteiligung von Frauen an der Leitung. So heißt es: „Wer für Förderung von Frauen in Leitungspositionen eintritt, unterstützt nicht deswegen automatisch die Forderung nach der Weihe von Frauen. Gleichzeitig wird klar, dass sich vor allem viele Gläubige in Österreich die Frauenweihe wünschen, zumindest in Form eines Diakonats.“

In zahlreichen Beiträgen wird sehr kritisch über die Art reflektiert, wie Macht, Leitung und Autorität gelebt werden. Die aktuelle Verfassung der Kirche ermögliche, dass Leitungsverantwortliche sowohl synodal als auch absolutistisch führen können. Es gebe jedoch auch Stimmen, die betonten, dass die Sakramentalität von Weiheämtern, insbesondere jenes des Bischofs, bei der Frage nach Leitung zu berücksichtigen ist: Leitung sei dem Bischofsamt inhärent.

Synodalität kein Selbstzweck

Ausdrücklich wird in dem Papier festgehalten, dass Synodalität kein Selbstzweck sei, sondern dazu diene, „dass die Kirche ihren Dienst-Auftrag, ihre Mission in der Welt von heute bestmöglich erfüllen kann“.

Der Synodale Prozess in Österreich macht weiters darauf aufmerksam, dass es mehr als die bisher daran beteiligten Weggefährten und Weggefährtinnen gibt, die man ansprechen und zur Partizipation einladen will: Kirchenferne, Migranten und Migrantinnen, Jugendliche, Familien (in all ihren Formen), LGBTQIA+, Menschen „am Rand“ und andere mehr. Auch jene, die zwar schon angesprochen, sich aber noch nicht beteiligt haben, wolle man nochmals einladen.

Bischöfliches Begleitwort

Die Synthese wurde von einem Autorenteam redaktionell erarbeitet, dem kein Bischof angehörte. Die Bischöfe haben das Dokument, das die authentische Stimme der Katholikinnen und Katholiken in Österreich wiedergeben will, lediglich mit einem Begleitwort ergänzt, das vom Bischofskonferenz-Vorsitzenden Erzbischof Franz Lackner und Bischof Josef Marketz gezeichnet ist.

Im Begleitwort heißt es, dass sich die Kirche in der Wahrnehmung nicht weniger Menschen in einer Schieflage befinde. Sie brauche das Dagegenhalten, nicht im Sinne des Verhinderns oder des Überwinden-Wollens, sondern im Sinne des Stützens. „Dankbar erkennen wir Bischöfe auch diese positive Absicht in dem vorliegenden Bericht“, so Lackner und Marketz.