Zwei Männer legen Äste auf ein Dach aus Schilfmatten
APA/AFP/Lukas Schulze
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Sukkot

Essen in der Laubhütte: Juden feiern Erntedank

Ab Sonntag feiern Juden und Jüdinnen weltweit das siebentägige Wallfahrts- und Erntedankfest Sukkot. Auch in Österreich errichten praktizierende Gläubige dafür eine sogenannte Sukka (Laubhütte), in der gemeinsam gegessen wird.

Das Laubhüttenfest erinnert an die harten Bedingungen beim Auszug des jüdischen Volkes aus Ägypten. Schon die Vorbereitungen auf das einwöchige Fest seien Rituale und in Israel weit verbreitete Folklore, sagt Jaron Engelmayer, der Oberrabbiner der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, gegenüber religion.ORF.at. In den Tagen zwischen Jom Kippur, dem Tag der Versöhnung, und Sukkot werde auch in Österreich mit dem gemeinsamen Bauen von Laubhütten begonnen.

Ihre Wände bestehen aus unterschiedlichen Materialien, etwa aus Holz oder Stein, so Engelmayer. Besondere Bedeutung komme aber dem S’chach, dem Dach der Hütte, zu. Die Hütten werden mit Blattwerk und Geäst abgedeckt, doch die Decke muss für alle Witterungen durchlässig bleiben und den Blick auf den Sternenhimmel freigeben. Schließlich erinnere das Fest an den beschwerlichen Weg des israelitischen Volkes durch die Wüste Sinai, das unter freiem Himmel in Laubhütten Schutz fand, erklärt Engelmayer.

„Sieben Tage sollt ihr in Hütten wohnen“

Im dritten Buch Moses steht geschrieben: „G’tt sprach: ‘Sieben Tage sollt ihr in Hütten wohnen (…), damit Eure kommenden Generationen wissen, dass ich die Israeliten in Hütten wohnen ließ, als ich Sie aus Ägypten herausführte‘“ (Lev 23,42-43). Bereits in der Zeit des Zweiten Tempels (515 v. Chr.–70 n. Chr.) pilgerten Juden zum Fest nach Jerusalem und brachten im Tempel Opfer für die Gaben Gottes dar. Schon damals wurden Laubhütten (Sukkot) gebaut, die dem Fest seinen Namen geben.

Ein Mädchen legt Äste auf eine Hütte, US-Bundesstaat Vermont, Brattleboro
APA/AP/Kristopher Radder
Weltweit werden für das jüdische Laubhüttenfest Hütten im Freien gebaut, im Bild im US-Bundesstaat Vermont

Freude als Gebot

Heute, wenn auch nicht ganztags, versuchen praktizierende Juden und Jüdinnen in Österreich, sich zumindest zu den Mahlzeiten in ihren Hütten einzufinden, so Engelmayer. In den provisorischen Behausungen wird nicht nur der beschwerlichen Wüstenwanderung des israelitischen Volkes gedacht, sondern auch der Vergänglichkeit von materiellem Wohlstand. Nach jüdischem Glauben ist nur Gott unvergänglich. Nur bei ihm gebe es Sicherheit und echten Anlass zur Freude.

In der Thora wird das Gebot, an den Tagen des Laubhüttenfests fröhlich zu sein, drei Mal angeführt. Da das Ende des Fests zugleich das Ende der Erntezeit markiert, wird es seit jeher als Erntedankfest und als Fest der Freude begangen. Praktizierende Juden und Jüdinnen nutzen ihre Hütten auch heute für gesellige Treffen und gemeinsame Mahlzeiten mit Freunden und Gemeindemitgliedern, wie Engelmayer erzählt.

„A gutt Kwittel!“

Nach den Tagen der Reue und Umkehr – beginnend mit Rosch ha-Schana, dem jüdischen Neujahrstag, und endend mit dem höchsten Feiertag Jom Kippur – wird nach jüdischem Glauben das göttliche Urteil über das Schicksal der Menschen beschlossen.

An Jom Kippur und den kommenden Tagen ist es darum mancherorts Brauch (vor allem in orthodoxen Gemeinden), einander „A gutt Kwittel“ (Jiddisch für: ein gutes Zettelchen) zu wünschen, das dem „Buch des Lebens“ eingefügt werden soll. In diesem Gedanken spiegelt sich die Hoffnung wider, Gottes Urteil noch positiv beeinflussen zu können, bevor dieses an Hoschana Rabba (großes Hosianna), dem letzten Tag des Laubhüttenfests, endgültig besiegelt wird.