„Es gibt viele Menschen, die von unserem Angebot ausgeschlossen sind“, zeigte sich Musikvereinsintendant Stephan Pauly zur Präsentation des ersten Konzerts am Montag selbstkritisch. Das möge an mangelndem Interesse für Klassik, finanziellen Hürden und sprachlichen Barrieren liegen. Aber auch an möglichen gesundheitlichen Hindernissen wie Demenz.
Dieses strukturelle Problem gehe man nun aktiv an. Die Konzertreihe „Souvenir“ entstand in Zusammenarbeit mit der Caritas, der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien und „Promenz“ – Initiative von und für Menschen mit Vergesslichkeit.
Inklusion
Durch eine offenere Bestuhlung, die ein freies Herumgehen ermöglicht, durch kurzweilige Moderation und ein auf Demenzkranke geschultes Personal sollen die speziellen Bedürfnisse der Konzertbesucherinnen und -besucher erfüllt und ein weiterer Schritt zu mehr Inklusion gemacht werden, wie es vor Beginn des ersten Konzertes im Rahmen einer Pressekonferenz hieß.

„Menschen mit Vergesslichkeit“
Andreas Trubel, selbst Betroffener und als Vertreter von „Promenz“ an der Konzeption der Konzertreihe maßgeblich beteiligt, lehnt das Wort „Demenz“ ab, denn es schüre Angst und stigmatisiere Menschen, erklärte er bei der Pressekonferenz zur Konzertreihe. Das Wort bedeute aus dem Lateinischen übersetzt „ohne Hirn und ohne Geist“. „Das ist sicher für niemanden sehr schmeichelhaft, wenn er hört, dass er das sein soll,“ so Trubel.
Er bevorzugt den Begriff „Vergesslichkeit“. Darum heißt die Initiative „Promenz“ auch „Initiative von und für Menschen mit Vergesslichkeit“. Ihr Ziel sei, Betroffenen ihre Freiheit und ihre Persönlichkeit zurückgeben. Die Konzertreihe „Souvenir“ sieht er als eine Maßnahme, ihnen Hindernisse aus dem Weg zu räumen.

„Barrieren im Kopf abbauen“
„Es ist Zeit, die Barrieren im Kopf abzubauen – diese blockieren nur das Tempo von Veränderung“, meinte auch der Wiener geschäftsführende Caritasdirektor Klaus Schwertner.
Dass der Musikverein sich in der Sache engagiert, sei ein schönes Zeichen, das Aufmerksamkeit generieren könne, so Schwertner. Und da Demenz eine Krankheit ist, die die Gesamtgesellschaft betrifft, sei dies von besonderer Wichtigkeit. Immerhin seien derzeit 150.000 Menschen in Österreich betroffen, eine Zahl, die sich bis 2050 verdoppeln wird, so Schwertner.
Musik als Türöffner
Daran schließt die Meinung Veronika Mandls an, dass Musik als Türöffner fungiere. Die Musikpädagogin Veronika Mandl zeichnet für die Repertoireauswahl der Konzertnachmittage verantwortlich. Es sei ihr ein Anliegen gewesen, einen möglichst breiten Geschmack zu treffen und Lieder zu wählen, die aus der Jugendzeit des Publikums stammen.

Die Musikerinnen und Musiker seien darauf vorbereitet worden, auf die Reaktionen der Besucherinnen und Besucher zu reagieren, so Mandl. Für den Titel des ersten Konzertnachmittags habe sie auf Hildegard Knefs Lied „Für mich soll´s rote Rosen“ zurückgegriffen. Es sei ein Titel, der ein Leben Revue passieren lasse und Rosen würden alle Sinne ansprechen.
Die übrigen fünf Konzerte wurden nach den Jahreszeiten konzipiert und finden bis Juni 2023 (jeweils um 15.00 Uhr) im Brahm-Saal statt. Sie sind offen für alle Interessierten.