Das Bundesheer beim Aufstellen von Zelten, aufgenommen am Freitag, 11. September 2015 in Nickelsdorf im Burgenland.
APA/Herbert P. Oczeret
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Hilfsorganisationen

Empörung über Zelte für Asylwerber

Caritas und Diakonie haben mit Entsetzen auf die Ankündigung von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) reagiert, wonach Zelte zur Unterbringung von Asylwerberinnen und Asylwerbern aufgestellt werden müssen.

Bei der sich zuspitzenden Unterbringungskrise von Asylwerbern in Österreich sei die Politik dringend gefordert, rasch Lösungen zu finden. Darauf haben Caritas und Diakonie am Freitag aufmerksam gemacht und damit auf die Ankündigung von Karner am Rande der Landesflüchtlingsreferentenkonferenz am Donnerstag reagiert.

Seit Wochen werde die Übernahme von zugelassenen Asylwerbern aus der Bundesbetreuung durch einzelne Bundesländer blockiert, kritisierte der Wiener geschäftsführende Caritasdirektor Klaus Schwertner auf Twitter. Obwohl derzeit nur rund 90.000 Menschen in ganz Österreich – davon 56.000 Ukrainerinnen und Ukrainer – in der Grundversorgung seien, solle „offenbar einmal mehr auf dem Rücken von Schutzsuchenden Politik gemacht werden“, schrieb Schwertner auf dem Kurznachrichtendienst.

Ruf nach raschen Lösungen

Wenn in den kommenden Tagen tatsächlich bereits Zelte zur Unterbringung von Geflüchteten in Österreich aufgestellt werden sollten, dann würden dafür acht Landeshauptleute, mit Ausnahme Wiens, die Verantwortung tragen.

Speziell Niederösterreich habe laut Teilnehmenden Landesflüchtlingsreferentenkonferenz am Donnerstag alle Lösungen blockiert. Nun sei die Bundesregierung, insbesondere das Innenministerium, gefordert, rasch an Lösungen zu arbeiten, so Schwertner.

Untragbare Zustände in Massenquartieren

Die Verteilung der zugelassenen Asylwerbenden müsse endlich entsprechend der 15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern umgesetzt werden, forderte der Wiener Caritasdirektor. Derzeit herrschten in der Bundesbetreuung völlig untragbare Zustände mit Massenquartieren und Engpässen, obwohl Plätze geschaffen worden seien.

So müssten private Wohnraumspender etwa endlich durch ihren Einsatz entstehende Kosten steuerlich absetzen können. Der Staat dürfe sich nicht dauerhaft auf dieser enormen Leistung der Bevölkerung ausruhen.

Drohende Schließungen von Quartieren

Dringend geboten seien auch Schnellverfahren für klare „Fälle“. Auch hier sei der Bund gefordert, den „Flaschenhals“ in der Unterbringung aufzulösen. Weiters brauche es dringend ein Realkostenmodel, um neue Quartiere in Gemeinden, Städten und Ländern zu schaffen.

„Obwohl aktuell 1.100 unbegleitete Minderjährige in der Bundesbetreuung in Massenquartieren sind, drohen Quartiere schließen zu müssen, weil die Kosten nicht erstattet werden“, kritisierte Schwertner. Ebenso müssten Gemeinden besser unterstützt werden, denn sie seien die ersten Anlaufstellen bei Unterkunft, Kinderbetreuung, Transport oder Integration.

„Keine Flüchtlings- sondern Solidaritätskrise“

Außerdem müssten subsidiär Schutzberechtigte zurück ins Sozialhilfesystem überführt werden. Sie verfügten genauso wie anerkannte Geflüchtete über einen Schutzstatus und seien in der Grundversorgung „ohnehin fehl am Platz“.

Selbst eine Lösung für die Zuverdienstgrenze sei bei den Beratungen der Länder nicht fixiert worden, kritisierte Schwertner. „Wir haben keine Flüchtlingskrise, sondern eine Solidaritätskrise in Österreich“, so der Wiener Caritasdirektor abschließend.

Diakonie ortet „politisches Totalversagen“

Auch die evangelische Diakonie drängte in einer Aussendung am Freitag auf die rasche Unterbringung Schutzsuchender in Österreich.

„Seit Monaten erledigt die Politik schlicht und ergreifend ihre Aufgabe nicht. Wann werden endlich zusätzliche Quartiere in den Bundesländern geschaffen?“, kritisierte Diakonie-Asyl-Experte Christoph Riedl. In einer solchen Situation über die Errichtung von Zelten nachzudenken, anstatt endlich die notwendigen Beschlüsse zu fassen, sei „ein politisches Totalversagen“, so Riedl.

Administrative Fehler

Die Diakonie verwies auf einen 7-Punkte-Plan, in dem Amnesty, Asylkoordination, Caritas, Diakonie, Integrationshaus, Samariterbund, SOS-Mitmensch und Volkshilfe erst im September Maßnahmen vorgeschlagen hatten, die die Menschenrechte von Geflüchteten schützen und gleichzeitig den Staat in die Verantwortung nehmen sollten.

„Es liegt auf der Hand, dass die aktuelle Krise in der Versorgung von Geflüchteten vor allem auf administrative Fehler zurückzuführen ist. Bevor man über Zelte spricht, wäre es an der Zeit, die vorgeschlagenen Sofortmaßnahmen umzusetzen“, forderte Riedl.