Menschen bei einer Parade für Homosexuelle, Gay-Pride in Johannesburg in Südafrika
APA/AFP/Guillem Sartorio
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Katholisch

Südliches Afrika: Kirche debattiert über Homosexualität

Homosexuell, afrikanisch, katholisch – geht das unter einen Hut? Diese Frage debattieren derzeit katholische Kirchenführer aus Ländern im südlichen Afrika. Ihre Ansätze sind höchst unterschiedlich.

„Es gibt ein neues Phänomen in der Kirche, das in Lesotho bisher komplett unbekannt war: gleichgeschlechtliche Beziehungen“, zitiert das jüngst veröffentlichte Arbeitspapier zur Weltsynode die Bischöfe im Königreich Lesotho. Sie sehen eine „Herausforderung“ für Pfarreien und Diözesen, da man überhaupt nicht wisse, wie mit dem Thema umzugehen sei. Der von Papst Franziskus eingeleitete mehrjährige Dialogprozess für die Weltkirche soll nun Orientierung bringen.

Homosexuelle Katholikinnen und Katholiken in Lesotho wollten von ihrer kirchlichen Gemeinschaft akzeptiert werden, berichteten die Geistlichen nach einer synodalen Befragung. Derzeit fühlten sich Betroffene „ausgeschlossen“. Und laut dem vatikanischen Papier, das Ergebnisse aus vielen Ländern zusammenfasst, sind sie damit nicht allein: Auch wiederverheiratete Geschiedene, Alleinerziehende und Menschen in polygamen Beziehungen wünschten sich einen Dialog mit ihrer Kirche.

In vielen Ländern „strafbar“

In Afrika sind Fragen von Sexualmoral, Glaube und Identität gesellschaftspolitisch besonders aufgeladen. Von den 69 Ländern weltweit, die Homosexualität unter Strafe stellen, ist etwa die Hälfte davon auf dem Kontinent. „Homosexuelle Praktiken stellen in Sambia eine kriminelle Handlung dar und das Gesetz muss respektiert werden“, betonte vor kurzem der Generalsekretär der Sambischen Bischofskonferenz, Francis Mukosa.

Der Priester äußerte sich in der Debatte um eine Aussage von Erzbischof Alick Banda, der im September das Erstarken einer lokalen Queer-Bewegung angeprangert hatte. Auf Anfrage der deutschen Katholischen Nachrichten-Agentur teilen die Bischöfe in der Hauptstadt Lusaka mit: „Bei den Befragungen zur Weltsynode auf lokaler Kirchenebene kam Homosexualität nicht zur Sprache.“ Das Thema werde von Sambias Katholiken „wie jedes andere menschliche Laster betrachtet“.

Im Stich gelassen

Eine Queer-Aktivistin in Lusaka fühlt sich von der Kirche im Stich gelassen. Sie will anonym bleiben, da sie wegen ihrer sexuellen Orientierung bereits zweimal verhaftet wurde.

So wünscht sie sich „die gleiche Sicherheit, die heterosexuelle, christliche Sambier genießen“. Die Position der Bischöfe empfindet sie angesichts der Verfolgung Homosexueller im Land durch Polizei, Politik und konservative Gruppen als „sehr problematisch“.

Größere Offenheit in Südafrika

Einen offeneren Zugang pflegt die südafrikanische Bischofskonferenz. Sie ist auch für Botsuana und das Königreich Eswatini zuständig. Dass Homosexualität in ihrem Synodenbeitrag erwähnt wird, sei ein Anzeichen dafür, „dass die Menschen darüber diskutieren“, sagt Priester Hugh O’Connor in Pretoria. Der Bischofskonferenz-Generalsekretär berichtet von einer „Spaltung“ in Südafrikas Pfarreien und Diözesen bei der Frage nach dem Umgang mit Homosexuellen.

„Manche fordern mehr Offenheit, andere wollen sie nicht vor ihrer Haustür, in der Familie oder im Freundeskreis.“ Das spiegele wider, was aktuell in der Gesellschaft vorgehe: einerseits eine gewisse Bereitschaft zur Akzeptanz, andererseits aber die Frage, wie man damit in der Familie umgehe.

Hilfe für Familie von Homosexuellen

Der Geistliche wünscht sich, dass Angehörige von Schwulen und Lesben besser seelsorglich betreut werden. Denn sie seien gefangen zwischen konservativen Moralvorstellungen und ihren homosexuellen Söhnen, Töchtern und Enkeln. „Hier beginnt der Wandel: Wenn Menschen offen darüber sprechen und fühlen, dass ihnen jemand zuhört. Darum geht es bei der Synode.“

Niemanden zu verurteilen – dies habe laut O’Connor die Geschichte Südafrikas gelehrt. In Südafrika herrschte bis 1994 das rassistische System der Apartheid. „Nach wie vor kämpfen wir mit der Rassismus-Problematik: Wer wird akzeptiert, wer nicht? Wer darf in die Gemeinschaft, und über wen richten wir?“ Als südafrikanische Kirche habe man durch die gewaltvolle Vergangenheit gelernt, künftig „keine schnellen Antworten“ mehr auf gesellschaftliche Fragen zu geben.

Lokale Lösungen

Die regionalen Unterschiede erklärt sich O’Connor durch die Vielseitigkeit der katholischen Kirche. Diese verstehe es, „politische, soziale, kulturelle und entwicklungspolitische Gräben“ zu überbrücken.

Mit Blick auf homosexuelle Katholiken sagt der Priester: „Lange bevor eine universelle Lösung ausgesprochen wird, werden lokale Gemeinden und Pfarreien mit diesem Problem auf unterschiedliche Weise umgehen.“