Papst Franziskus
Reuters/Guglielmo Mangiapane
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Reaktionen

Papst Franziskus würdigt „edlen Benedikt“

Der emeritierte Papst Benedikt XVI. ist tot. Weggefährten und Kirchenvertreter verschiedener Konfessionen würdigen ihn als „großartigen Theologen“, „bescheidenen Seelsorger“ und „Brückenbauer“. Als eine „edle und sanfte Person“ bezeichnete ihn sein Nachfolger Papst Franziskus.

Franziskus äußerte sich Samstagabend erstmals zum Tod von Benedikt XVI: „Mit Rührung erinnern wir uns an seine so edle, so sanfte Person“, sagte das Kirchenoberhaupt bei der Andacht zum Jahresabschluss im Petersdom. Sein Vorgänger, der „geliebte emeritierte Papst Benedikt XVI.“, war am Samstagvormittag im Alter von 95 Jahren im Vatikan gestorben.

Franziskus dankte Gott dafür, dass er der Kirche und der Welt Benedikt XVI. geschenkt habe. Er empfinde Dankbarkeit „für all das Gute, das er vollbracht hat, und vor allem für sein Zeugnis des Glaubens und des Gebets, besonders in diesen letzten Jahren seines Ruhestandes“. Nur Gott kenne den Wert und die Kraft seiner Fürsprache, seiner Opfer, die er für das Wohl der Kirche gebracht habe.

Papst Franziskus mit dem emeritierten Papst Benedikt XVI.
Reuters/Vatican Media
Papst Franziskus dankte Gott für das „Geschenk“ Benedikt XVI.

Schönborn „Er war mir ein Vorbild“

Kardinal Christoph Schönborn erklärte in einer ersten Reaktion nach Bekanntwerden der Todesnachricht: „Mit großer Dankbarkeit denke ich an Papst Benedikt, mit dem ich jahrzehntelang verbunden war“. Weiter hieß es: „Benedikt XVI. war mir als Theologe, Priester und Bischof ein Begleiter und Vorbild. Nun darf er die Freundschaft Jesu, die er verkündet hat, in Fülle erfahren“, so der Wiener Erzbischof.

Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl würdigte Benedikt XVI. in einer ersten Reaktion für dessen Demut und Intellekt: „Erlebt habe ich ihn als stets auf Gott schauend, der ihn nunmehr heim gerufen hat.“ Der Feldkircher Bischof Benno Elbs würdigte Benedikt als „größten Theologen des vergangenen Jahrhunderts“. Bischof Josef Marketz sprach von einem „charismatischen Papst mit Tiefgang und Souveränität“.

„Geistiger Meister“

Auch der emeritierte Grazer Diözesanbischof, Egon Kapellari, würdigte den verstorbenen Joseph Ratzinger als „unbestreitbar großen Theologen und geistigen Meister aus Deutschland“. Mit Blick auf Kritik an Benedikt XVI. betonte er, dass „manche Enttäuschung später als Befreiung von Täuschung erfahren werden wird“, so Kapellari in einer Stellungnahme gegenüber Kathpress und der „Kleinen Zeitung“.

Papst Benedikt XVI.
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Der emeritierte Papst Benedikt XVI. ist im Alter von 95 Jahren gestorben

„Feines Gespür für Wahrheit“

Franz Lackner, Erzbischof von Salzburg und Vorsitzender der Bischofskonferenz, betonte, dass Benedikt XVI. in allen ihm übertragenen Aufgaben, vom Professor und Erzbischof bis hin zum Kardinal und Papsttum, stets ein „gläubiger Theologe mit einem tiefen und feinen Gespür für Wahrheit“ geblieben sei.

Der St. Pöltner Bischof Alois Schwarz hob den großen Intellekt Benedikts XVI. hervor und lobte ihn als „einen der größten Lehrer der Theologie und Freund der Menschen“. Er habe in seinem Leben und Wirken die Menschen ermutigt, „in der Freundschaft zu Jesus zu leben“ und damit „Lebensregeln des Glücks“ zu erfahren, so Schwarz. Das theologische Lebenswerk von Benedikt XVI. und sein Bemühen um Gerechtigkeit und Frieden in der Welt, würdigte der Linzer Bischof Manfred Scheuer.

„Person von feinster Spiritualität“

Als Person von Kultur, Intelligenz und feinster Spiritualität bezeichnete der ehemalige Papstsprecher, Federico Lombardi, Benedikt XVI. „Er hatte die große Fähigkeit, seine Spiritualität auszudrücken, die aus einem tiefen Glauben entsprang“, so Lombardi im Interview mit dem italienischen Fernsehsender Rai 1.

Papst Benedikt XVI. und Kardinal Christoph Schönborn im Vatikan
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Papst Benedikt XVI. und Kardinal Christoph Schönborn

Der Privatsekretär des verstorbenen Papstes Benedikt XVI., Erzbischof Georg Gänswein, hob in einem am Samstag von der „Bild“-Zeitung veröffentlichten Nachruf, die ausgeprägte menschliche Seite des Verstorbenen hervor: „Er war und blieb auch auf dem Thron Petri ganz und gar Mensch.“

Papsttum „neue Humanität verliehen“

Der evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka würdigte Benedikt XVI. in einer ersten Reaktion in seiner Bedeutung für die Ökumene, aber auch für seinen Rücktritt als Papst. Dadurch habe Benedikt XVI. „dem Bild des Papsttums neue Humanität verliehen“, so Chalupka.

Auch die evangelische Kirche in Deutschland hob den Beitrag Benedikts XVI. für die Ökumene hervor: „Joseph Ratzinger hat mit großem Scharfsinn und intellektueller Prägnanz theologische Beiträge geleistet“, erklärte Annette Kurschus, Präses der evangelischen Kirche von Westfalen und Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). „Als Kardinal und später als Papst Benedikt XVI. hat er in Ökumene-Fragen das Gemeinsame unterstrichen.“

„Einer der größten Theologen“

Der Präsident des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE), Gintaras Grusas, erinnerte insbesondere an das „europäische Lehramt“, das Benedikt XVI. während seines Pontifikats entwickelt hat, indem er die Bedeutung der christlichen Wurzeln Europas hervorhob. Der Vorsitzende des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ), Domdekan Rudolf Prokschi, würdigte vor allem das ökumenische Bemühen von Papst Benedikt XVI. Der Limburger Bischof und Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing würdigte Benedikt als „großen Mann der Kirche“.

Das geistliche Oberhaupt der Church of England, Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, bezeichnete Benedikt XVI. als „einen der größten Theologen seiner Zeit“. Als „tiefen geistlichen Denker“ würdigten ihn auch der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki und der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck. Auch Patriarch Kyrill, russisch-orthodoxes Kirchenoberhaupt, würdigte Benedikt XVI. und bezeichnete ihn als Verfechter „traditioneller Werte“.

„Besonders tief mit Orthodoxie verbunden“

Benedikts Bedeutung für die Orthodoxie betonte auch der griechisch-orthodoxe Metropolit Arsenios (Kardamakis): „Seine profunde wissenschaftliche Auseinandersetzung und Kenntnis der Väter der Kirche führten ihn zu einer besonders tiefen und ökumenischen Verbundenheit mit der orthodoxen Kirche, die Zeit seines Lebens andauerte“, so der Metropolit von Austria und Exarch von Ungarn und Mitteleuropa gegenüber der Nachrichtenagentur Kathpress.

Kein „Mozart der Theologie“

Der Kirchenrechtler Thomas Schüller wies auf die Bedeutung des Rücktritts Benedikts XVI. hin: „Damit hat er das Papstamt im guten Sinn entmystifiziert, menschlich wieder lebbar gemacht und seiner Kirche angesichts seiner abnehmenden Kräfte einen klugen Dienst erwiesen“, sagte Schüller, Direktor des Instituts für kanonisches Recht an der Universität Münster, gegenüber der deutschen Presseagentur.

Zudem habe Benedikt lange vor seiner Wahl zum Papst als Professor Joseph Ratzinger einige theologisch großartige Bücher geschrieben und sich Verdienste als Berater des einflussreichen Kölner Kardinals Josef Frings beim Zweiten Vatikanischen Konzil von 1962 bis 1965 erworben. Kritik äußerte Schüller daran, dass Benedikt die neuzeitliche Hinwendung zu freien Gesellschaften nie vollzogen und stattdessen für die Kirche das Programm der Weltflucht ausgerufen habe. Es sei deshalb unzutreffend, wenn ihn seine Fans als „Mozart der Theologie“ bezeichneten.

„Trauma der Revolution von 1968“

In eine ähnliche Richtung weist die kritische Würdigung des Pastoraltheologen Paul Zulehner, der neben den bleibenden Verdiensten auch auf Widersprüche in der Amtszeit von Benedikt XVI. hinwies. Das „Trauma“ der Revolution von 1968 habe aus dem glühenden Konzilstheologen Joseph Ratzinger einen Kardinal und Papst gemacht, der gegenüber den aus der Kirchenreform hervorgehenden Entwicklungen sowie der modernen Welt eher kritisch und pessimistisch eingestellt gewesen sei.

Ähnliche äußerte sich das Zentralkomitee der deutschen Katholiken, das Benedikt XVI. ausführlich würdigte, aber auch darauf hinwies, dass manche bei Benedikt XVI. Antworten auf die Frage vermisst hätten, wie ihr Christsein im 21. Jahrhundert gelingen könne. In dieselbe Richtung geht die Kritik der Reform-Initiative „Wir sind Kirche“, die Benedikt XVI. zudem als widersprüchlichen Theologen bezeichnete und seine Stellungnahme zum Münchner Missbrauchsgutachten, in dem ihm vorgeworfen wurde, nichts gegen Missbrauchstäter unternommen zu haben, als „unglaubwürdig“.

Papst Franziskus
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Theologen würdigen den emeritierten Papst Benedikt XVI. auch für seine Schriften

Für den Dogmatiker Jan-Heiner Tück war Benedikt einer der „bedeutendsten theologischen Köpfe auf der cathedra Petri“. Als ein „Desaster“, welches einen „Schatten“ über das Pontifikat Benedikts insgesamt gelegt hat, bezeichnete Tück den missglückten Versuch der Aussöhnung mit der Piusbruderschaft.

Es entstand der Eindruck, dass Benedikt zentrale Weichenstellungen des Konzils wie die ökumenische und interreligiöse Öffnung oder die Anerkennung der Religionsfreiheit zur Disposition stellen wolle, um sich mit den Traditionalisten zu einigen. „Hier hätte er als Papst ganz klar machen müssen, dass eine Relativierung dieser Grundlehren des Zweiten Vatikanums nicht in Frage kommt.“

Trauerbeflaggung am Stephansdom

Zum Tod von Benedikt XVI. erhält der Wiener Stephansdom in diesen Stunden eine Trauerbeflaggung. An der Westfassade der Kathedrale wird ab frühem Samstagnachmittag eine 18 Meter lange Fahne in den Kirchenfarben gelb-weiß und ein sechs Meter langer Trauerflor hängen.

Unmittelbar nach Bekanntwerden der Nachricht vom Tod des emeritierten Papstes hatte am Samstagvormittag die Pummerin des Wiener Stephansdoms fünf Minuten lang geläutet. Auch die Glocken der anderen Domkirchen in ganz Österreich stimmten in das Trauergeläut ein.

Trauergottesdienste in Mariazell und Rom

An diesem Donnerstag soll ein von Papst Franziskus geleiteter Trauergottesdienst auf dem Petersplatz in Rom gefeiert werden. Bereits ab Montag wird der Leichnam von Benedikt XVI. im Petersdom aufgebahrt, Gläubige können dann Abschied nehmen.

Kardinal Schönborn wird am Neujahrstag (1. Jänner) um 11.15 Uhr in der Basilika Mariazell einen Trauergottesdienst im Gedenken an Benedikt XVI. feiern.