Papst emer. Benedikt und Rabbi Rosen
Reuters/Osservatore Romano
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Judentum

Jüdische Vertreter würdigten Benedikts Dialogbereitschaft

Führende Vertreter des Judentums haben den verstorbenen emeritierten Papst Benedikt XVI. und seinen Beitrag zum christlich-jüdischen Dialog gewürdigt. Gleichzeitig gab es aber auch kritische Töne.

„Er war eine historische Persönlichkeit und ein großer Theologe, der sich und seinem Amt stets treu geblieben ist und auch mit umstrittenen Positionen, etwa zum jüdisch-christlichen Dialog, die religiöse und interreligiöse Debatte fruchtbar angeregt hat“, hieß es am Wochenende aus der orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland.

Benedikt XVI. habe stets die Nähe zur jüdischen Gemeinschaft gesucht. Unvergessen bleibe sein Besuch in der Synagoge in Köln anlässlich des Weltjugendtages 2005, wo er aktiv in der Tradition seines Vorgängers für die Verbesserung der Beziehungen und der Freundschaft mit dem jüdischen Volk eingetreten sei, so die Rabbinerkonferenz: „Ruhe in Frieden, Papst Benedikt“.

„Gewichtige Stimme“

Auch Oskar Deutsch, Präsident der Israelitischen Religionsgesellschaft Österreich würdigte Benedikt XVI.: „Wir möchten allen Gläubigen unser Mitgefühl ausdrücken, die um den ehemaligen Papst Benedikt XVI. trauern. Er war eine gewichtige Stimme in vielen gesellschaftspolitischen Debatten seiner Zeit und prägte nicht nur das Denken seiner Anhänger sondern auch jenes seiner Kritiker. Ihm war der respektvolle und friedliche Austausch zwischen den Religionen ein besonderes Anliegen. Dieses Andenken möchten wir weiterhin wach halten.“

Papst Benedikt beim Weltjugendtag in Köln
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Benedikt XVI. beim Weltjugendtag in Köln

Benedikt XVI. habe zu einer theologischen Untermauerung und einem verbesserten Verständnis der katholisch-jüdischen Beziehungen beigetragen, so der Präsident Ronald S. Lauder. Kein Papst vor ihm habe so viele Synagogen besucht. Zudem habe er auf seinen Reisen stets lokale Vertreter des Judentums getroffen.

„Mehr Synagogen besucht als je ein Papst zuvor“

Der Präsident der Konferenz der Europäischen Rabbiner und frühere Oberrabbiner von Moskau, Pinchas Goldschmidt, erklärte: „Papst Benedikt XVI. war ein großer Theologe, für den die Beziehung zum Judentum von wesentlicher Bedeutung für seinen Glauben war.“ Auch nach seiner Emeritierung habe er den Dialog mit den Rabbinern Europas fortgesetzt, insbesondere über die Frage, welche religiöse Bedeutung die Rückkehr der Juden in ihre Heimat nach zwei Jahrtausenden im Exil für die Katholiken hat.

Benedikts Dialogbereitschaft mit der jüdischen Gemeinschaft bezeichnete Goldschmidt als Fortsetzung der Öffnung durch das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965), mit dem die katholische Kirche unter anderem ein neues Verhältnis zu den anderen Religionen einleitete. Auch der Jüdische Weltkongress würdigte den Verstorbenen als herausragende Figur der katholischen Kirche.

„Juden nicht leicht gemacht“

Kritisch äußerte sich der deutsche Rabbiner Walter Homolka zur Dialoghaltung Benedikts XVI. „Er hat es uns Juden mit seinem klaren Wahrheitsanspruch nicht leicht gemacht. Er vermittelte stets ein triumphales Bild der Kirche. Ihr Glanz gründet im auferstandenen Christus als dem Neuen, das das jüdische Umfeld Jesu hinter sich lässt“, sagte Homolka der deutschen Katholischen Nachrichtenagentur (KNA). Aus einem gemeinsamen geistlichen Erbe habe sich für Benedikt XVI. noch keine substanzielle Nähe ergeben.

Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, erklärte, Benedikt habe einen intensiven Austausch mit Vertretern der jüdischen Gemeinschaft gepflegt. „Als Mensch von Geist und Wort war ihm wichtig, dass dieser Dialog nicht nur um des Dialoges willen geführt wurde – er musste Inhalt und Zweck haben. Für diesen Einsatz bleibe ich ihm dankbar.“