Veröffentlichung

Schönborn kritisiert Gänswein-Buch

Kardinal Christoph Schönborn hat die Veröffentlichung eines Buches des ehemaligen Privatsekretärs von Papst Benedikt XVI., Erzbischof Georg Gänswein, als „ungehörige Indiskretion“ kritisiert. Inhaltlich bestätigte er zwei Vorkommnisse, die ihn betreffen.

„Ich finde es nicht richtig, dass so vertrauliche Dinge veröffentlicht werden, zumal vom persönlichen Sekretär.“ Gänswein hatte kurz nach dessen Tod ein Buch mit dem Titel „Nichts als die Wahrheit“ („Nient’altro che la verita“) herausgebracht. In dem auf Italienisch erschienenen Buch sind Vorkommnisse enthalten, über die Schönborn „bewusst geschwiegen“ habe, wie er der katholischen Nachrichtenagentur Kathpress am Mittwoch sagte.

Dazu gehört, dass Schönborn jene Person war, die Joseph Ratzinger (den späteren Papst Benedikt XVI.) im Falle seiner Wahl zum Papst darin bestärkt hat, diese Entscheidung des Konklaves auch anzunehmen. Gegenüber Kathpress bestätigte Schönborn die Angaben Gänsweins, wonach er, Schönborn, Kardinal Ratzinger noch vor dem Konklave „ein Brieflein für den Fall des Falles“ geschrieben habe.

"Brieflein für den Fall des Falles“

„Ja, das war so. Ich habe aber bisher bewusst darüber geschwiegen, obwohl es im Rahmen der Kardinalsversammlung geschehen ist, und nicht beim Konklave selbst“, sagte der Wiener Erzbischof. Konkret bezieht sich der Privatsekretär von Benedikt XVI. in seinem Buch im Kapitel über „Schönborns Brief“ („La lettera di Schönborn“) auf eine Rede des wenige Tage zuvor neugewählten Papstes an eine deutsche Pilgergruppe am 25. April 2005.

v. l. n. r.: Kardinal Christoph Schönborn, Erzbischof Georg Gänswein, Papst Benedikt XVI. 2007
APA/Roland Schlager
V. l. n. r.: Kardinal Christoph Schönborn, Erzbischof Georg Gänswein, Papst Benedikt XVI. im Jahr 2007

Damals sprach Benedikt XVI. überraschend offen über seine Gefühlslage beim Konklave und sagte: „Als langsam der Gang der Abstimmungen mich erkennen ließ, dass sozusagen das Fallbeil auf mich herabfallen würde, war mir ganz schwindelig zumute. (…) Ich habe mit tiefer Überzeugung zum Herrn gesagt: Tu mir dies nicht an! Du hast Jüngere und Bessere, die mit ganz anderem Elan und mit ganz anderer Kraft an diese große Aufgabe herantreten können. Da hat mich ein kleiner Brief sehr berührt, den mir ein Mitbruder aus dem Kardinalskollegium geschrieben hat.“ Dass mit dem vom Papst erwähnten „Mitbruder“ Kardinal Schönborn gemeint war, hat erst jetzt Gänswein mit seinem Buch publik gemacht.

Mit Benedikt XVI. per Du

Über den Inhalt des Briefes gab Benedikt XVI. in der damaligen Rede an seine Landsleute detailliert Auskunft: „Er (Schönborn, Anm.) erinnerte mich daran, dass ich die Predigt beim Gottesdienst für Johannes Paul II. vom Evangelium her unter das Wort gestellt hatte, das der Herr am See von Genezareth zu Petrus gesagt hat: Folge mir nach! Ich hatte dargestellt, wie Karol Wojtyla immer wieder vom Herrn diesen Anruf erhielt und immer neu viel aufgeben und einfach sagen musste: Ja, ich folge dir, auch wenn du mich führst, wohin ich nicht wollte. Der Mitbruder (Schönborn, Anm.) schrieb mir: Wenn der Herr nun zu Dir sagen sollte ‚Folge mir‘, dann erinnere Dich, was Du gepredigt hast. Verweigere Dich nicht! Sei gehorsam, wie Du es vom großen heimgegangenen Papst gesagt hast. Das fiel mir ins Herz. Bequem sind die Wege des Herrn nicht, aber wir sind ja auch nicht für die Bequemlichkeit, sondern für das Große, für das Gute geschaffen.“

Auch darauf, dass Schönborn und Ratzinger per Du waren, geht Gänswein in seinem Buch ein. Abgesehen von Benedikts Jugendfreunden sei Kardinal Schönborn, der dem Ratzinger-Schülerkreis angehörte, einer der wenigen gewesen, der seinen früheren Lehrer mit Du ansprach, schreibt Gänswein.

Die zweite im Buch von Gänswein geschilderte Episode – ein kurzes, aber sehr persönliches Gespräch zwischen dem eben erst gewählten Papst Benedikt XVI. und Kardinal Schönborn – habe sich ebenfalls so ereignet, bestätigte der Wiener Erzbischof.