UNO-Sicherheitsrat

Moskau prangert Kirchenpolitik der Ukraine an

Russland hat im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen am Dienstag (Ortszeit) der Ukraine eine beispiellose Verletzung der Religionsfreiheit vorgeworfen. Kiew und westliche Partner werfen Russland vor, mit Desinformation von eigenen Kriegsverbrechen ablenken zu wollen.

Der russische UNO-Botschafter Wassili Nebensja sagte, Moskau werde nicht hinnehmen, dass vor seinen Grenzen eine „antichristliche Diktatur“ errichtet werde. Die Ukraine und westliche Partner beschuldigten Russland im Gegenzug, mit Desinformation von eigenen Kriegsverbrechen ablenken zu wollen.

Die orthodoxen Ukrainer gehören im Wesentlichen zwei konkurrierenden Kirchen an: der Ende 2018 gegründeten autokephalen „Orthodoxen Kirche der Ukraine“ (OKU) und der vormals dem Moskauer Patriarch unterstehenden „Ukrainischen Orthodoxen Kirche“ (UOK). Die Regierung in Kiew unterstützt die mit Hilfe des Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel, Bartholomaios I., gegründete OKU. Sie ging aus zwei Konfessionen hervor, die sich bereits vor Jahrzehnten vom Moskauer Patriarchat getrennt hatten.

Vorwurf an Kiew

Bei der von Russland beantragten Sicherheitsratssitzung sprach per Videoschaltung aus Moskau auch der Leiter des Außenamts des russisch-orthodoxen Moskauer Patriarchats, Metropolit Antonij (Sevrjuk). Er sagte, das „Regime“ in Kiew zerstöre die Ukrainische Orthodoxe Kirche (UOK). Es ist eine seltene Ausnahme, dass ein Religionsvertreter vor dem Gremium zu Wort kommt. Moskau hatte Antonij eingeladen. Die Leitung des Moskauer Patriarchats ist ein Verbündeter des Kremls und unterstützt Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine.

Russlands UN-Botschafter Nebensja behauptete, Kiew führe „Krieg gegen die kanonische Ukrainische Orthodoxe Kirche“. Die Ukraine stehe an der Schwelle zu einem großen interkonfessionellen Konflikt, den es in der Geschichte des modernen Europas noch nie gegeben habe.

„Krieg durch nichts zu rechtfertigen“

Die Stellvertreterin des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Ilze Brands Kehris, betonte, dass seit Beginn des russischen Überfalls im Februar 2022 mehr als 7.000 Zivilisten in der Ukraine getötet worden seien. Sie zeigte sich besorgt über zwei Gesetzentwürfe von Abgeordneten des Parlaments in Kiew, die sich gegen die früher zum orthodoxen Moskauer Patriarchat gehörende UOK richten würden.

Der Vorsitzende des Sicherheitsrats, der Japaner Ishikane Kimihiro, verurteilte Russlands Krieg gegen die Ukraine. Dieser Krieg könne durch nichts gerechtfertigt werden.

Neues Gesetz in Vorbereitung

Die ukrainischen Behörden werfen einer Reihe von Geistlichen der UOK Kollaboration mit der russischen Armee oder prorussische Propaganda vor. Im Dezember wurde ein Priester zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er Informationen über ukrainische Militärstützpunkte gesammelt und an Russland verraten habe.

Die ukrainische Regierung bereitet einen Gesetzentwurf vor, der ein gerichtliches Verbot von religiösen Organisationen erlaubt, wenn sie von Russland beeinflusst werden. Das Gesetz richtet sich gegen die UOK, die dem Moskauer Patriarchat zugerechnet wird, obwohl sie sich im Mai 2022 für unabhängig erklärt hatte.