Missouri

USA: Religionsvertreter klagen gegen Abtreibungsverbote

Eine Gruppe aus Vertreterinnen und Vertretern mehrerer Religionsgemeinschaften hat eine Klage gegen das im US-Bundesstaat Missouri geltende Abtreibungsverbot eingereicht.

Sie argumentieren, dass sich die für das Gesetz Verantwortlichen offen auf ihren religiösen Glauben berufen und damit ihre Entscheidung auch allen anderen auferlegt hätten, die diesen Glauben nicht teilen. Das berichtete die Nachrichtenagentur AP am Donnerstagabend.

„Ich bin heute hier, weil keine unserer religiösen Ansichten über Abtreibung oder über irgendetwas anderes in unseren Gesetzen verankert werden sollte“, sagte einer der Kläger, Maharat Rori Picker Neiss, Direktor des „Jewish Community Relations Council of St. Louis“, am Donnerstag in einer Pressekonferenz. Das Gesetz verletze die Trennung von Kirche und Staat, so die mit dem Fall betraute Anwältin.

Religiöse Führerinnen und Führer, die gegen die Abtreibungsgesetze des US-Bundesstaats Missouri klagen, vor der Christ Church Cathedral in St. Louis
APA/AP/Jim Salter
Religiöse Führerinnen und Führer, die gegen die Abtreibungsgesetze des US-Bundesstaats Missouri klagen, vor der Christ Church Cathedral in St. Louis

Restriktive Abtreibungsgesetze

Die in St. Louis eingereichte Klage ist eine von vielen, die sich gegen die restriktiven Abtreibungsgesetze richten, die mehrere konservative Bundesstaaten in Kraft setzten, nachdem der Oberste Gerichtshof (Supreme Court) „Roe vs. Wade“, die bis dahin geltende Grundsatzentscheidung zum Abtreibungsrecht, am 24. Juni 2022 gekippt hatte.

Dadurch liegt seither das Recht, über Abtreibungsgesetze zu entscheiden, bei den einzelnen Bundesstaaten. „Roe vs. Wade“ war 1973, vor fast genau 50 Jahren, in Kraft getreten. Dadurch war es möglich gewesen, eine Schwangerschaft bis zur 24. Woche zu beenden.

Seit der Supreme-Court-Entscheidung laufen Klagen gegen insgesamt 19 Bundesstaaten, darunter auch mehrere von religiösen Gruppen, berichtete die AP. Die Klage in Missouri wurde im Namen von 13 christlichen und jüdischen Religionsführerinnen und -führern eingereicht, darunter Bischof Deon Johnson von der Episkopalkirche. Sie möchten eine einstweilige Verfügung erreichen, die den Staat daran hindern soll, seine Abtreibungsgesetze zu verschärfen, sowie eine Erklärung, dass diese Gesetze die Verfassung von Missouri verletzen.

Bis zu 15 Jahre Haft möglich

Gleich nach der Supreme-Court-Entscheidung hatten der Gouverneur des Staates, Mike Parson, und der damalige Generalstaatsanwalt ein Gesetz eingereicht, das Abtreibungen „mit Ausnahme medizinischer Notfälle“ verbietet. Dieses Gesetz macht einen Schwangerschaftsabbruch zu einem Verbrechen, das mit zwischen fünf und 15 Jahren Haft bestraft wird – medizinisches Personal, das einen solchen vornimmt, kann es außerdem die Zulassung kosten.

Missouri hatte bereits zuvor eines der restriktivsten Gesetze des Landes; die Folge sei gewesen, dass Abtreibungen sich in Richtung der benachbarten Staaten Illinois und Kansas verlagert hätten, so der AP-Bericht.

Berufung auf „religiöses Bestreben“

Inhalt der Klage im Namen der Religionsführer, hinter der die Organisationen „Americans United for Separation of Church & State“ und das „National Women’s Law Center“ stehen, ist die wiederholte Berufung auf „religiöses Bestreben“ und zitiert etwa den Politiker Nick Schroer, der gesagt habe, dass er „als Katholik glaube, dass das Leben bei der Empfängnis beginnt“. Ein weiterer republikanischer Politiker wurde mit der Aussage zitiert, er sei „von der biblischen Seite her“ motiviert gewesen.

Im US-Bundesstaat Indiana argumentieren zugleich die Anwälte von fünf anonymen, zum Teil muslimischen und jüdischen Frauen sowie die jüdische Organisation „Hoosier Jews for Choice“ damit, dass das staatliche Verbot ihren Glauben verletze. Diese Klage stützt sich auf die jüdische Lehre, wonach ein Fötus erst bei der Geburt eine lebendige Person wird, und die außerdem Leben und Gesundheit der Mutter priorisiert.

In Kentucky klagten drei jüdische Frauen mit den gleichen Argumenten. Sie werfen dem republikanisch dominierten Staat vor, die Gesetzgebung erlege den Bürgerinnen und Bürgern eine „sektiererische Theologie“ auf, indem so gut wie alle Schwangerschaftsabbrüche verboten würden.

„March for Life“ wieder erwartet

In der US-Hauptstadt Washington DC werden an diesem Freitag Abtreibungsgegnerinnen und -gegner aus den gesamten Vereinigten Staaten zum 50. „March for Life“ erwartet, wie Kathpress am Freitag berichtete. Der Marsch sei weiterhin notwendig, sagte Bischof Michael Burbidge, der den Ausschuss für Pro-Life-Aktivitäten in der katholischen US-Bischofskonferenz leitet. Die legalisierte Abtreibung sei „immer noch eine Realität in unserer Nation“, so Burbidge.

Es ist der erste Marsch der Aktivisten, seit das Oberste Gericht im Juni 2022 gekippt hatte. Sieben Monate nach dem Ende von „Roe vs. Wade“ zeigen sich die Abtreibungsgegner uneinig darüber, wie sie weiter vorgehen sollen. Teile der Bewegung machen sich für strengere Einschränkungen bei der Abtreibung stark, andere beabsichtigen, soziale Sicherheitsnetze für Familien auszubauen.

Umfrage: Mehrheit für Fristenregelung

Laut einer aktuellen Marist-Umfrage unmittelbar vor dem „March for Life“ sind sechs von zehn US-Amerikanerinnen und Amerikanern für ein Wahlrecht der Frauen in der Abtreibungsfrage, wie die deutsche Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) berichtet. Knapp vier von zehn Befragten bezeichneten sich als Abtreibungsgegner.

Gleichzeitig sprachen sich rund 70 Prozent der Befragten für eine Art Fristenregelung aus, konkret eine Begrenzung von Abtreibungen auf die ersten drei Monate der Schwangerschaft. Dieses Ergebnis deckt sich weitgehend mit einer Umfrage von 2022, die vor dem Grundsatzurteil des Supreme Court vom Juni durchgeführt wurde.