Jubiläum

Wiener Erzbischof Schönborn seit 25 Jahren Kardinal

Am Dienstag jährt sich die Aufnahme des Wiener Erzbischofs Christoph Schönborn in das Kardinalskollegium zum 25. Mal. Er wurde am 21. Februar 1998 von Papst Johannes Paul II. zum Kardinal erhoben.

Seit dem 14. September 1995 ist Schönborn Erzbischof von Wien. Er zählt zu den wichtigsten Persönlichkeiten der Weltkirche, war ein enger Vertrauter des jüngst verstorbenen Papstes Benedikt XVI. und gilt als wichtiger Gesprächspartner auch für Papst Franziskus.

Von 1998 bis 2020 war er zudem Vorsitzender der Österreichischen Bischofskonferenz. Papst Franziskus hatte seine Amtszeit bei Erreichen des Pensionsalters von 75 Jahren 2020 „vorläufig und auf unbestimmte Zeit“ verlängert.

Krankheit: „Erlebte mich dabei nicht sehr fromm“

In einem aus Anlass seiner Kardinalserhebung vor 25 Jahren am Sonntag in der ORF-„Orientierung“ ausgestrahlten Interview gab Schönborn Einblicke in seine eigene religiöse Sozialisation, aber auch in seine Krankheitsgeschichte und seine vielen Spitalsaufenthalte in den letzten Jahren: „Ich erlebte mich dabei nicht sehr fromm: Mich beschäftigte die Krankheit. Man meint vielleicht, als Kardinal im Spital strömt das Beten nur so – aber das ist nicht unbedingt so“, antwortete Schönborn auf die Frage, ob Not beten lehre.

Kardinalsweihe von Christoph Schönborn durch Past Johanes Paul II. am 21. Februar 1998 im Vatikan
Reuters/Paolo Cocco
Schönborn wurde am 21. Februar 1998 von Papst Johannes Paul II. zum Kardinal erhoben

Not lehre weniger Beten als vielmehr das tatkräftige Helfen. Das sei auch der Kern des Evangeliums, das nicht zuerst von religiöser Praxis handle, sondern davon, wie man sich dem Nächsten gegenüber verhalte, so Schönborn. Entsprechend sehe er Impulse kirchlicher Erneuerung auch vor allem in „starken, positiven Erfahrungen“ des Helfens und der Fürsorge. Damit verbinde sich auch ein gesellschaftlicher Auftrag: „Wir müssen wegkommen von der Ich-AG. Ich, ich, ich: das ist nicht das, was das Leben erfüllt macht“.

Tiefe Krise infolge „Causa Groer“

Als Schönborn – seit 1991 bereits Wiener Weihbischof – 1995 zunächst Erzbischof Koadjutor und schließlich Erzbischof von Wien wurde, übernahm er eine Kirche in einer tiefen Krise infolge der „Causa Groer“.

Angesprochen auf eine damals aufsehenerregende Szene, bei der er vor 25 Jahren auf dem Petersplatz seinen Vorgänger, Kardinal Hans Hermann Groer (1919–2003), zur Begrüßung geküsst hatte, erklärte Schönborn gegenüber dem ORF: „Das war eine spontane Geste gegenüber einem Menschen, der sich zweifellos schwere Verfehlung hat zuschulden kommen lassen. Aber er war mein Vorgänger, und ich wollte ihm als Menschen jenen Respekt zum Ausdruck bringen, den wir einander schulden, auch wenn wir schuldig geworden sind.“

Nachfolger „muss menschlich in Ordnung sein“

Auf die Frage eines möglichen Nachfolgers und notwendige Qualifikationen angesprochen sagte Schönborn: „Die wichtigste Qualifikation ist: Er muss menschlich in Ordnung sein“, außerdem „ein Herz haben, Verstand und Verantwortungsbewusstsein“.

Christoph Schönborn wurde am 22. Jänner 1945 im böhmischen Skalken (Skalka) geboren. Seine Kindheit verbrachte Christoph Schönborn in Schruns in Vorarlberg. Nach der Matura 1963 trat er im westfälischen Warburg in den Dominikanerorden ein. Er studierte an den Ordenshochschulen in Walberberg bei Bonn (Philosophie und Theologie) und Le Saulchoir (Theologie), an der Universität Wien (Philosophie und Psychologie), an der Ecole Practique des Hautes Etudes, Sorbonne (Christianisme Byzantine et Slave) sowie am Institut Catholique in Paris (Theologie). Am 27. Dezember 1970 wurde er von Kardinal Franz König in Wien zum Priester geweiht.

Studium in Paris

1971/72 absolvierte Schönborn ein Doktoratsstudium am Institut Catholique in Paris, 1972/73 ein Studienjahr in Regensburg, wo der spätere Papst Benedikt XVI. sein Lehrer war. 1974 erwarb Schönborn am Institut Catholique in Paris den Doktorgrad mit einer Dissertation über das Thema „L’Icone du Christ“, einer ersten Frucht seiner profunden ostkirchlichen Studien.

Von 1973 bis 1975 war Schönborn parallel zu seinen Studien Studentenseelsorger an der Grazer Hochschulgemeinde. Ab 1975 lehrte Christoph Schönborn zunächst als Gastprofessor Dogmatik an der Katholischen Universität Fribourg (Schweiz) und betreute ab 1978 auch einen Lehrauftrag für die Theologie des christlichen Ostens. Von 1981 bis 1991 war er Ordinarius für Dogmatik in Fribourg.

1980 wurde er Mitglied der Internationalen Theologenkommission des Heiligen Stuhls. 1987 wurde ihm die Aufgabe übertragen, als Redaktionssekretär den „Weltkatechismus“ zu redigieren, der 1992 veröffentlicht wurde.

Bischofsweihe am 29. September 1991

1991 wurde Christoph Schönborn zum Weihbischof für die Erzdiözese Wien ernannt. Seine Bischofsweihe erfolgte am 29. September 1991. Am 13. April 1995 wurde Schönborn von Johannes Paul II. unter dramatischen Umständen (es war das Jahr der „Causa Groer“) zum Erzbischof-Koadjutor von Wien ernannt, am 14. September 1995 zum Erzbischof von Wien.

Kardinal Hans Hermann Groer und Christoph Schönborn bei Schönborns Weihe am 29. September 1991 im Wiener Stephansdom
APA-/Ulrich Schnarr
Kardinal Hans Hermann Groer und Christoph Schönborn bei Schönborns Weihe am 29. September 1991 im Wiener Stephansdom

Am 21. Februar 1998 wurde der neue Wiener Erzbischof zum Kardinal erhoben. Seine Titelkirche ist „Gesu Divin Lavoratore“ in den südlichen Vorstädten Roms, eine Pfarre mit einer besonders intensiven Seelsorge. Am 30. Juni 1998 übernahm Schönborn auch den Vorsitz der Österreichischen Bischofskonferenz, den er bis 2020 innehatte.

Schönborn ist Mitglied in mehreren römischen Dikasterien, darunter dem Dikasterium für die Glaubenslehre und jenem für die Orientalischen Kirchen. Dem Dikasterium für Kultur und Bildung gehörte er bis heuer an. Mitglied ist er außerdem u. a. im Synodenrat und in der Kardinalskommission für die Vatikanbank.

Mehrmals im Scheinwerferlicht

In den Jahren als Erzbischof und Kardinal rückte Schönborn mehrfach ins weltkirchliche Scheinwerferlicht: etwa durch die Stadtmissions-Initiativen, die Wiener Diözesanreform, das Handling der Missbrauchskrise und seine wichtige Rolle als Vermittler und theologischer Interpret der Anliegen von Papst Franziskus.

Die Liste der Preise, Ehrenzeichen und Ehrendoktorate des Kardinals ist lang und reicht von der Verleihung des Goldenen Komturkreuzes mit dem Stern des Ehrenzeichens für Verdienste um das Bundesland Niederösterreich (1998), der Ehrenstatuette „Heiliger Leopold“ des Landes Niederösterreich (2005) über den rumänischen Nationalorden „Serviciul Credincios“ (2005), die Ehrenbürgerschaft der Stadt Mariazell (2006), das Große Goldene Ehrenzeichen am Band für Verdienste um die Republik Österreich (2006), bis hin zum Großkreuzritter des Ritterordens vom heiligen Grab (2004), Ehrenritter des Deutschen Ordens (2007), sowie Ehren- und Devotionsritter vom Großen Kreuz des Malteserordens.

Zu Schönborns wichtigsten Werken zählen u. a. „Die Christusikone“ (1984/1998); „Einheit im Glauben“ (1984); „Herzstücke unseres Glaubens. Das Credo im Katechismus der Katholischen Kirche“ (1994); „Die Menschen, die Kirche, das Land. Christentum als gesellschaftliche Herausforderung“ (1998); "Mein Jesus. Gedanken zum Evangelium (2002); „Ziel oder Zufall? Schöpfung und Evolution aus der Sicht eines vernünftigen Glaubens“ (2006); „Die Lebensschule Jesu. Anstöße zur Jüngerschaft“ (2013).