Reise

Schönborn in Saudi-Arabien: Positive Bilanz

Kardinal Christoph Schönborn hat nach seinem mehrtägigen Besuch in Saudi-Arabien eine positive Bilanz gezogen. Eine Öffnung des Landes sei deutlich spürbar, so Schönborn im Kathpress-Interview.

Er hoffe sehr, dass diese Entwicklung so weitergehe und auch vom Westen so wahrgenommen und unterstützt werde. Der Besuch des Kardinals in Saudi-Arabien, der vor einigen Jahren wohl noch nicht möglich gewesen wäre, diente zum einen dem interreligiösen Dialog, zum anderen auch der Stärkung der Christen in Saudi-Arabien.

Dass die in Saudi-Arabien lebenden Christinnen und Christen inzwischen zumindest im Stillen zu Treffen und Gottesdiensten zusammenkommen können und dies toleriert wird, sei Zeichen einer positiven Entwicklung, so Schönborn, auch wenn es nach wie vor keine Kirchen im Land gibt. Er habe in der österreichischen Botschaft drei Gottesdienste mit katholischen Migrantinnen und Migranten vor allem aus den Philippinen, Indien und Sri Lanka feiern können, berichtete der Kardinal.

Kardinal Christoph Schönborn u. World Muslim Leage-Generalsekretär Muhammad Al-Issa in Riad (Saudi-Arabien)
Kathpress/Georg Pulling
Kardinal Christoph Schönborn und World Muslim League-Generalsekretär Muhammad Al-Issa in Riad

Die christlichen Gläubigen in Saudi-Arabien sind durchwegs Migrantinnen und Migranten. Sie lebten oft unter nicht einfachen Bedingungen, umso wichtiger sei für sie das Zusammenkommen zum Gebet und zum Gottesdienst. Die Kirche als Gemeinschaft sei für sie ein Zuhause und ein Zufluchtsort. Schönborn zeigte sich beeindruckt vom tiefen Glauben der Menschen. Zugleich sei es eine bewegende Erfahrung gewesen, den Katholikinnen und Katholiken in Saudi-Arabien das Gefühl vermitteln zu können: „Ihr seid nicht vergessen, wir wissen um euch und wir denken an euch.“

Werben für Religionsfreiheit

Er habe in den Gesprächen mit den religiösen Führungspersönlichkeiten im Land immer wieder den Vergleich mit Österreich gezogen und auf die rechtliche Situation der Kirchen und Religionsgemeinschaften hingewiesen, so Schönborn. Das sei eine indirekte Form, für die Religionsfreiheit zu werben. Nachsatz: „Und das ist auch mein Wunsch für dieses Land.“

Immer wieder sei in den Gesprächen – diplomatisch verpackt – zur Sprache gekommen, dass Saudi-Arabien eine Zivilgesellschaft brauche, „in der es all jene Grundfreiheiten gibt, die für uns selbstverständlich sind, so auch Religionsfreiheit und Meinungsfreiheit.“ Diese Freiheiten hätten jedoch „ihre Grenzen im Respekt vor den Überzeugungen und Freiheiten des anderen“, sagte Schönborn.

Herzliche Begegnungen

Ausdrücklich würdigte der Kardinal die Begegnung mit dem Generalsekretär der World Muslim League, Muhammad Al-Issa. Die Begegnung sei außerordentlich herzlich verlaufen. Der Wiener Erzbischof war auf Einladung Al-Issas nach Saudi-Arabien gereist.

Schönborn erinnerte daran, dass Al-Issa im vergangenen Herbst am Weltfriedenstreffen der katholischen Gemeinschaft Sant’Egidio in Rom und zuvor am italienischen Katholikentreffen in Rimini teilgenommen hatte. An den lauteren Absichten der World Muslim League und ihres Generalsekretärs zweifle er nicht. Er sei zutiefst überzeugt, „dass Begegnung möglich ist, dass wir uns zuallererst als Menschen begegnen können“.

Glaubwürdige Distanz zu Gewalt und Terror

Das habe er auch bei dem ausführlichen Gespräch mit Religionsminister Scheich Abd al-Latif bin Abd al-Asis Al Scheich so erlebt. Schönborn, wie auch der Minister, verurteilten jede Form von religiös legitimierter Gewalt oder gar Terrorismus. Er sehe keinen Grund, weshalb es sich bei den Ausführungen des Ministers nur um vordergründige Propaganda handeln sollte, betonte der Kardinal gegenüber Kathpress.

Der vom Minister propagierte Kurs werde freilich auch von der saudischen Regierung mitgetragen. Auffällig sei bei seinen Besuchen in den verschiedenen Ministerien gewesen, wie viel junge und gut ausgebildete Frauen zu den wichtigen Mitarbeitenden gehören.

Kardinal Schönborn u. Scheich Abdullahtif bin Abdulaziz Al-Sheikh. Zwischen den beiden sitzt eine vollverschleierte Frau
Kathpress/Georg Pulling
Kardinal Schönborn mit Religionsminister Scheich Abd al-Latif bin Abd al-Asis Al Scheich und einer Schriftführerin

Respekt vor Glaubensüberzeugungen

Wie Kardinal Schönborn weiter sagte, habe er in Saudi-Arabien auch erleben können, welch überragende Bedeutung dieses Land und vor allem die heiligen Stätten in Mekka und Medina für muslimische Gläubige habe.

„Das muss man auch innerlich mitfühlen können und sich ein wenig in die Menschen hineinversetzen. Und das erfüllt mich mit großer Ehrfurcht. Auch wenn ich diesen Glauben nicht teile, sehe ich doch, wie hier Menschen intensiv ihren Glauben leben.“ Ohne Respekt vor dem anderen und dessen inneren Überzeugungen sei keine echte Begegnung möglich, „und diese echten Begegnungen waren in diesen Tagen für mich das Wichtigste“.

Reformwille

Schönborn war am vergangenen Freitag in die saudische Hauptstadt Riad und am Montag nach zahlreichen Gesprächen und Begegnungen nach Jiddah weitergereist. Dort hatte er die Islamic Arts Biennale besucht. – Eine Ausstellung, die sich unter anderem der (erneuten) Annäherung von moderner Kunst und Islam angenommen hat.

Gesprächstermine hatte der Kardinal außerdem im saudischen Außen-und Kulturministerium. Alle Gesprächspartner bekräftigten gegenüber Schönborn, dass sich Saudi-Arabien Reformen verschrieben habe und die Gesellschaft in den vergangenen Jahren – bei allen Problemen – offener geworden sei.

Die junge Generation unterstützen

Begleitet wurde Kardinal Schönborn in Saudi-Arabien unter anderen vom Präsidenten der Stiftung Pro Oriente, Alfons Kloss. Das Bedürfnis der Saudis nach mehr Dialog zwischen den Religionen sei beim Besuch deutlich zu spüren gewesen, so die Bilanz von Kloss gegenüber Kathpress.

Viele der existenziellen Probleme wie Kriege, fehlende soziale Gerechtigkeit oder die Klimakrise seien allen gemeinsam und könnten auch nur gemeinsam bewältigt werden. Es sei in Saudi Arabien zudem motivierend zu sehen gewesen, wie sehr sich die junge Generation um die Entwicklung ihres Landes bemüht. Auffallend sei dabei natürlich die neue, aktive Rolle der Frauen.

Die positiven interreligiösen Erfahrungen bei diesem Besuch in Saudi Arabien seien für die Stiftung Pro Oriente auf jeden Fall Motivation, sich im innerchristlichen Dialog weiterhin mit Vehemenz zu engagieren. „Und wir wollen auf jenen Fall die junge Generation motivieren, den Weg in die Zukunft gemeinsam zu gehen“, so Kloss.