Menschen vor der Hofkirche in Dresden, Deutschland
APA/AFP/Mathhias Hiekel
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Deutschland

Letzte Beratungen über katholische Reformen

Von Donnerstag bis Samstag tagen die deutschen Katholikinnen und Katholiken zum vorerst letzten Mal, um den seit 2019 laufenden Reformprozess Synodaler Weg abzuschließen. Dabei geht es möglicherweise auch um Ungehorsam gegenüber Papst Franziskus.

Der Vatikan hatte in den vergangenen Jahren in immer schärfer formulierten Erklärungen dazu aufgerufen, die Reformbemühungen aufzugeben. Zum Beispiel verbot er explizit die Segnung homosexueller Paare. Das gleiche gilt für das Vorhaben, ein permanentes Leitungsgremium einzurichten, in dem Laien (Nicht-Kleriker) zusammen mit den Bischöfen Entscheidungen treffen. Dieses Gremium soll Synodaler Rat heißen.

In Frankfurt am Main tritt nun zum fünften und letzten Mal die Synodalversammlung zusammen. Sie umfasst 230 Menschen aus allen Bereichen des katholischen Lebens. Allerdings zählen in erste Linie die 67 Bischöfe – von denen nicht alle auf Reformkurs sind. Es geht um Reformen in vier Bereichen: Umgang mit Macht, Sexualmoral, Position der Frau und verpflichtende Ehelosigkeit der Priester (Zölibat).

Strukturen aufbrechen und Missbrauch verhindern

Auslöser für den Synodalen Prozess war der Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche. Wissenschaftliche Untersuchungen haben immer wieder hervorgehoben, dass es in der Kirche Strukturen gibt, die Missbrauch begünstigen.

Dazu gehören der extrem hierarchische Aufbau, die Machtkonzentration in den Händen einiger weniger Männer, die Überhöhung der Priester als Mittler zwischen Gott und den Menschen, die Verteufelung von Homosexualität und die strukturelle Diskriminierung von Frauen. Der Synodale Weg will diese Strukturen verändern und dadurch auch neuem Missbrauch vorbeugen.

Zweidrittelmehrheit nötig

Mit jedem der vier Themenbereiche beschäftigt sich ein Synodalforum. Dieses Forum erarbeitet Reformvorschläge. Darüber stimmt dann die Synodalversammlung in erster und zweiter Lesung ab. Allerdings haben die derzeit 67 deutschen Bischöfe Sonderrechte: Nur wenn sie dem jeweiligen Vorschlag mit Zweidrittelmehrheit zustimmen, ist er auch angenommen.

Die katholische Kirche ist keine Demokratie, sondern eine absolutistische Monarchie mit dem Papst als Herrscher. Der Papst wird als Stellvertreter Gottes auf Erden betrachtet. Er ernennt Kardinäle und Bischöfe. Nach katholischer Auffassung wirkt auf diese Weise Gott selbst in seiner Kirche. Die normalen Gläubigen haben eher wenig zu sagen.

Veränderungen im Kleinen möglich

Die katholische Kirche in Deutschland mit gut 20 Millionen Mitgliedern ist Teil der katholischen Weltkirche mit 1,4 Milliarden Gläubigen und kann über die ganz großen Fragen nicht allein entscheiden. Sie kann zum Beispiel nicht das Priestertum für Frauen einführen oder den Zölibat abschaffen. Allerdings kann sie sich dafür aussprechen. Daneben gibt es kleinere Öffnungsschritte, die die deutschen Katholiken durchaus selbstständig beschließen könnten.

Trotz des Verbots aus dem Vatikan soll ein Synodaler Rat vorbereitet werden. Und die Mehrheit der Synodalversammlung ist auch entschlossen, sich etwa über das Verbot von Segnungen homosexueller Paare hinwegzusetzen.

Manche wünschen Veränderungen, andere nicht

Die Frage ist allerdings, ob sich dafür auch unter den Bischöfen eine Zweidrittelmehrheit findet. Nachdem der Papst in den vergangenen Monaten seinen Unmut deutlich gemacht hat, könnte der Reformplan scheitern. Sollten sie doch beschlossen werden, kann der Papst sie verbieten.

„Rom erfährt zurzeit seine Ohnmacht“, sagte kürzlich der Kirchenrechtler Thomas Schüller der Deutschen Presse-Agentur. Manche Kleriker seien in Sorge, „dass von Deutschland aus ein Flächenbrand an Reformvorhaben in die Weltkirche ausgehen kann.“ Denn Deutschland ist nicht das einzige Land, in dem Katholikinnen und Katholiken Veränderungen wünschen. Einige befürchten eine Kirchenspaltung.

Unterstützung und Ablehnung

Aus Italien kommt jedenfalls Unterstützung. „Mögen Sie, die Katholiken in Deutschland, sich nicht allein fühlen. Wir sind mit Ihnen vereint“, schrieben katholische Gruppen in einem Brief, den die Deutsche Bischofskonferenz am Dienstag auf ihrer Internetseite veröffentlichte. Bei den Unterzeichnern handelt es sich um katholische Basisgruppen, Vereinigungen, Gemeinschaften und interreligiöse Einrichtungen.

Zuvor hatten konservative Bischöfe aus Polen und den USA die deutschen Reformbemühungen scharf verurteilt. Auch die römische Kurie – die Zentralverwaltung der katholischen Weltkirche im Vatikan – kritisierten die Erneuerungsbestrebungen massiv.