Höhlenkloster Petscherska Lawra in Kiew
APA/AP/Efrem Lukatsky
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Orthodoxie

Ukraine: Mönche wollen in Höhlenkloster bleiben

In der ukrainischen Hauptstadt Kiew droht ein Machtkampf um das berühmte Höhlenkloster. Dutzende orthodoxe Mönche wollen nicht akzeptieren, dass die Regierung sie aus diesem verbannt.

Die zuständige Behörde hatte am Freitag die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche (UOK) aufgefordert, das Höhlenkloster bis Monatsende zu verlassen. Am Montag kündigte Klosterabt Metropolit Pawlo laut der katholischen Nachrichtenagentur (KNA) an, dass die Mönche nicht ausziehen würden.

„Wir wollen nicht ausziehen – und werden es auch nicht tun“, sagte der Klosterabt in einer Videobotschaft. Die Behörden drohten zwar mit Strafmaßnahmen, aber heute sei „nicht das 17. Jahrhundert“, es gebe Gesetze, so der wegen seiner Nähe zu Russland in der Ukraine umstrittene Geistliche. Viele Ordensmänner lebten bereits seit 1988 in dem Heiligtum und „haben keinen anderen Ort als hier“.

Höhlenkloster soll Ort der Anbetung bleiben

In dem Höhlenkloster hat die Leitung der UOK ihren Sitz. Diese unterstand lange dem Moskauer Patriarchat und sagte sich erst im Mai 2022 von diesem los. Der zuständige Kulturminister Olexandr Tkatschenko begründete die Kündigung des Nutzungsvertrages damit, dass gegen Regelungen verstoßen wurde, indem etwa auf dem Klostergelände ohne Genehmigung Gebäude errichtet wurden.

Tkatschenko schloss eine mögliche Zukunft für die Ordensmänner in dem Kloster nach Abschluss einer Prüfung nicht aus. Das Heiligtum werde ein Ort der Anbetung und religiösen Zeremonien bleiben, versicherte er.

Kiewer Höhlenkloster
ORF/METAFILM
Das Höhlenkloster in Kiew

Selenskyi: „Spirituelle Unabhängigkeit stärken“

Präsident Wolodymyr Selenskyj bezeichnete das strikte Vorgehen seiner Regierung gegen die UOK als „Bewegung zur Stärkung unserer spirituellen Unabhängigkeit“. In einer Videoansprache sagte er, man werde nicht zulassen, dass Russland „irgendeine Gelegenheit bekommt, die Spiritualität unseres Volkes zu manipulieren, ukrainische Heiligtümer – unsere Lawras – zu zerstören oder aus ihnen irgendwelche Wertsachen zu stehlen“.

Selenskyj und seine Regierung beschuldigen die UOK seit Monaten, weiter mit Moskau zu kollaborieren. Anfang Dezember setzte er neun Bischöfe, darunter auch Pawlo, auf eine Sanktionsliste, weil sie sich im Krieg auf die Seite Russlands gestellt haben sollen. Der nationale Sicherheits- und Verteidigungsrat beschloss, für fünf Jahre ihr Vermögen einzufrieren. Zudem wurden ihnen bestimmte Handelsgeschäfte untersagt. Ukrainische Gerichte verurteilten mehrere Priester zu hohen Haftstrafen, unter anderem wegen Spionage für Russland. Insgesamt eröffnete die Ukraine Strafverfahren gegen etwa 60 Geistliche der UOK.

Unbefristeter Vertrag für Klosternutzung

Metropolit Pawlo widerspricht mit der auf der Kloster-Website veröffentlichten Videobotschaft auch dem Oberhaupt seiner Kirche, dem Kiewer Metropoliten Onufrij. Dieser hatte zuletzt signalisiert, man werde sich den Anordnungen der Behörden fügen. Die UOK hatte 2013 unter dem damaligen Staatspräsidenten Viktor Janukowitsch einen unbefristeten Vertrag über die kostenlose Nutzung eines Großteils des Höhlenklosters geschlossen.

Russischer Protest gegen „Zwangsschließung“

Die Abtei aus dem 11. Jahrhundert gilt als die Wiege der ostslawischen Orthodoxie. Der 23 Hektar große Klosterkomplex mit rund 140 Gebäuden trägt den Ehrentitel „Lawra“, wie insgesamt nur drei Abteien in der Ukraine und zwei weitere in Russland. Die UNESCO nahm das Kiewer Höhlenkloster 1990 in ihre Liste des Welterbes auf.

In Moskau rief unterdessen der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill ausländische Kirchenführer sowie die Vereinten Nationen und andere internationale Organisationen auf, alles zu tun, „um die Zwangsschließung des Klosters zu verhindern“. Diese verletze das Recht von Millionen ukrainischer Gläubiger auf Religionsfreiheit, das unter anderem von der ukrainischen Verfassung garantiert werde, schrieb der Patriarch. Auch der Kreml protestierte gegen den Entzug des Kiewer Hauptheiligtums der UOK.

Zwei orthodoxe Kirchen in der Ukraine

In der Ukraine gibt es zwei konkurrierende orthodoxe Kirchen. Die Regierung unterstützt die 2018 mit Hilfe des Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel und orthodoxen Ehrenoberhaupts Bartholomaios I. gegründete Orthodoxe Kirche der Ukraine (OKU). Sie ging aus zwei Konfessionen hervor, die sich bereits vor Jahrzehnten vom Moskauer Patriarchat getrennt hatten.