Katholiken

Kirche Polens plant Missbrauchskommission

Die römisch-katholische Kirche in Polen will eine Kommission unabhängiger Experten zur Prüfung von Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger durch Priester einberufen. Papst Franziskus kündigte am Dienstag in einem Schreiben an, er wolle den Kampf gegen kirchlichen Missbrauch verstärken.

Dem Gremium sollten Historiker, Juristen und Psychologen angehören, sagte der polnische Primas Wojciech Polak am Dienstag nach einer Sitzung der Bischofskonferenz. Alle Bischöfe seien für die Einberufung der Expertenkommission gewesen.

In den vergangenen Jahren hat der Vatikan mehrere polnische Bischöfe bestraft, weil sie Hinweise auf sexuellen Missbrauch vernachlässigt hatten. Erst in der vergangenen Woche sorgte ein TV-Dokumentarfilm mit Vertuschungsvorwürfen gegen Papst Johannes Paul II. (1920–2005) für Aufruhr in Polen.

Vorwürfe gegen Papst Johannes Paul II.

Darin wird Karol Wojtyla vorgeworfen, er habe in den 1960er und 1970er Jahren vor seiner Wahl zum Papst als Erzbischof von Krakau von Missbrauchsvorwürfen gegen Priester gewusst und die Täter durch Versetzung geschützt.

Statue von Papst Johannes Paul II. vor einer Kirche in Warschau
Reuters/Kacper Pempel
Auch gegen den früheren Papst Johannes Paul II. sind Vorwürfe laut geworden

Für einen Priester schrieb Johannes Paul II. der Doku zufolge 1972 ein Empfehlungsschreiben an den damaligen Wiener Kardinal Franz König, um ihn in eine österreichische Kirchengemeinde schicken zu können. Über die Vorwürfe gegen den Priester habe er König nicht informiert.

Bischöfe sehen Diskreditierungsversuch

Polens Bischöfe sprachen in der Abschlusserklärung ihrer Vollversammlung von „noch nie dagewesenen“ Versuchen, „die Person und das Werk des heiligen Johannes Paul II. zu diskreditieren“. Die Bischöfe appellierten „an alle, das Andenken an einen unserer bedeutendsten Landsleute zu achten“. Sie dankten jenen, die den „guten Namen“ Johannes Pauls II. verteidigten.

Polen ist stark katholisch geprägt. Der Kirche gehören Schätzungen zufolge knapp 33 Millionen Menschen an – das sind mehr als 85 Prozent der Bevölkerung. Wojtyla gilt bis heute als wichtige Autorität im Land und wurde 2014 von der Kirche heiliggesprochen.

Zu den aktuellen Vorwürfen gegen Papst Johannes Paul II. sagte der amtiertende Papst Franziskus am Wochenende in einem Interview mit der argentinischen Zeitung „La Nacion“ (Freitag-Ausgabe): „Ich kenne den Fall nicht, aber es war das Übliche.“ Allerdings müsse jede Epoche „mit der Hermeneutik der jeweiligen Zeit gedeutet werden". Damals hat man alles vertuscht“, so Franziskus.

Papst will Kampf gegen Missbrauch verstärken

Der Papst will den Kampf der katholischen Kirche gegen den sexuellen Missbrauch Minderjähriger durch Geistliche weltweit verstärken. In einem Schreiben an Bischöfe und Experten in Lateinamerika teilte er am Dienstag mit, er habe die Päpstliche Kinderschutzkommission beauftragt, in allen Ländern zu überprüfen, ob die Kirche das Nötige tue, um sexualisierte Gewalt zu verhindern und zu ahnden, wie Kathpress meldet.

„Gefahr für Wohlergehen des Volkes Gottes“

In dem Schreiben geißelte er den Missbrauch und seine Vertuschung mit ungewöhnlich scharfen Worten. „Wer auch immer die Auswirkungen kleinredet oder die aktuelle Gefahr verharmlost, entehrt jene, die so viel gelitten haben, und betrügt die, denen zu dienen er vorgibt“, so Franziskus. Der Missbrauch sei zu jeder Zeit eine „Gefahr für das Wohlergehen des Volkes Gottes, und wer schlecht damit umgeht, entwertet die Botschaft Jesu“.

Anlass für das Papst-Schreiben ist der Zweite Lateinamerikanische Kongress zur Verhinderung von sexuellem Missbrauch in der Kirche. Beim ersten Kongress im Jahr 2019 hatten mehr als 400 Personen aus allen Teilen Lateinamerikas teilgenommen. Zu den Referenten in diesem Jahr gehören der Leiter der Päpstlichen Kinderschutzkommission Kardinal Sean O’Malley, der Erzbischof von Malta, Charles Scicluna, und der deutsche Jesuitenpater Hans Zollner von der Päpstlichen Universität Gregoriana.