Altarraum in der Wiener altkatholischen St. Salvator-Kirche
Altkatholische Kirchengemeinde St. Salvator
Altkatholische Kirche Österreichs
Österreich

Altkatholiken wählen: Bischöfin möglich

Seit 2016 ist Heinz Lederleitner Bischof der altkatholischen Kirche in Österreich. Nun neigt sich seine Amtszeit dem Ende entgegen. Am 22. April wählen die Altkatholikinnen und Altkatholiken einen neuen Bischof oder auch erstmals eine Bischöfin.

Zur Wahl stehen am 22. April Vikarin Maria Kubin und Pfarrer Richard Gödl. Gemeinsam haben die beiden, dass sie von der römisch-katholischen Kirche zur altkatholischen konvertiert sind. Maria Kubin ist 58 Jahre alt und Psychotherapeutin, bisher war sie als Vikarin (ehrenamtliche Priesterin) tätig. Als Bischöfin würde sie ein Sprachrohr sein wollen, „für die vielen engagierten Menschen“, sagte Kubin im Interview mit dem Ö1-Magazin für Religion und Ethik „Praxis“.

Der gelernte Koch und Pfarrer der Gemeinde Krems/St. Pölten Richard Gödl (53) würde in seinem Bischofsamt gerne die „Gastfreundschaft“ der altkatholischen Kirche ausbauen und in die Öffentlichkeitsarbeit investieren, die er als Art der Seelsorge betrachtet. Beide heben im Ö1-Gespräch die Bedeutung des Zusammenspiels von Klerikern und Laien hervor. Entscheidungen würden immer den Konsens zwischen Bischöfin oder Bischof mit den Laien brauchen.

Die altkatholische Bischofskandidatin, Vikarin Maria Kubin.
Altkatholische Kirche Österreichs
Vikarin Maria Kubin wäre die erste altkatholische Bischöfin Österreichs

Seit 20 Jahren Frauen im Klerus

In der neuen Folge des Podcasts „Wer glaubt, wird selig“ von Anfang April gibt Bischof Lederleitner einen Einblick in seine Kirche, in der seit rund 20 Jahren auch Frauen zu Priesterinnen geweiht werden, berichtete die römisch-katholische Nachrichtenagentur Kathpress. Und er erklärt auch, wie die Bischofswahl in seiner Kirche vor sich geht. In den ersten beiden Wahlgängen benötigt man eine Zweidrittelmehrheit, ab dem dritten Wahlgang reicht die einfache Mehrheit.

Die Zahl der Kirchenmitglieder gibt Lederleitner mit rund 8.600 an. Zwölf Kirchengemeinden gibt es in ganz Österreich, wobei die neueste in Vorarlberg erst in seiner Amtszeit hinzugekommen ist. Er gibt Einblicke in seine Kirche, in der seit rund 20 Jahren auch Frauen zu Priesterinnen geweiht werden. Derzeit machten Frauen rund ein Fünftel des altkatholischen Klerus aus. Die entsprechende Entscheidung hatte die altkatholische Synode, das höchste Gremium der Kirche, getroffen.

Die Synode besteht aus rund 70 Personen und setzt sich aus ca. zwei Drittel Laien und einem Drittel Geistlicher zusammen. Aus der Synode heraus wird wiederum ein Synodalrat gewählt, der gemeinsam mit dem Bischof die Kirche im Tagesgeschäft leitet. Eine Besonderheit der altkatholischen Kirche ist, dass Pfarrer oder Pfarrerinnen nicht vom Bischof bestellt, sondern von der Gemeinde gewählt werden.

Von der „Notkirche“ zur eigenen Identität

Die altkatholische Kirche ist aus der innerkatholischen Opposition gegen die Dogmatisierung der Unfehlbarkeit und der Allgewalt (Jurisdiktionsprimat) des Papstes auf dem Ersten Vatikanischen Konzil (1869/70) hervorgegangen. Die österreichischen Altkatholiken sind Mitglied der Utrechter Union (der altkatholischen Kirchen).

Der altkatholische Bischofskandidat, Pfarrer Richard Gödl.
Altkatholische Kirche Österreichs
Pfarrer Richard Gödl kandidiert ebenfalls für das Bischofsamt

Die Bezeichnung „altkatholisch“ habe man gewählt, weil man eben beim alten Glauben ohne die neuen Dogmen bleiben wollte, so Lederleitner. Auch mit der Überzeugung, „dass sich eigentlich die römische Kirche getrennt hat“. Zunächst habe man sich als „Notkirche“ empfunden, „für eine Zeitlang, bis es wieder vielleicht zu einer Revision der Papst-Dogmen kommt“. Erst mit der Zeit habe sich die konfessionelle Identität verfestigt.

Segnung homosexueller Paare

Die Frage einer Wiedervereinigung mit der römisch-katholischen Kirche stelle sich freilich derzeit nicht wirklich, räumte der Bischof ein, „weil es ja weitere Entwicklungen gegeben hat, die heute möglicherweise von der römisch-katholischen Kirche als stärker trennend empfunden werden“. Lederleitner sprach das Frauenpriestertum an, aber auch die Segnung von gleichgeschlechtlich Liebenden.

Im Blick auf die Segnung homosexueller Paare wies der Bischof darauf hin, dass auch innerhalb der altkatholischen Kirchenfamilie dies nicht überall praktiziert wird. So gebe es etwa in Polen keine Segnungen. Trotzdem wollten die Polen die altkatholische Kirchengemeinschaft nicht verlassen. „Das ist, glaube ich, ein gutes Kennzeichen der Utrechter Union, dass jede Kirche hier ihren eigenen Weg gehen darf“, so Lederleitner.

Ein Spezifikum der Altkatholiken besteht darin, dass es für Geistliche keinen Pflichtzölibat mehr gibt. Das sei aber eigentlich auch in der Ökumene kein Stolperstein mehr, so der Bischof. Auch in den katholischen Ostkirchen könne man als verheirateter Mann die Priesterweihe empfangen.

Der altkatholische Bischof Heinz Lederleitner
Manfred Buchhart
Der altkatholische Bischof Heinz Lederleitner

Offen für Ökumene

Für die Ökumene sei die altkatholische Kirche jedenfalls sehr offen, betonte der Bischof. So gibt es seit den 1930er-Jahren eine volle Kirchengemeinschaft mit den anglikanischen Kirchen, „die für uns sehr wesentlich und wichtig ist, weil wir dadurch auch anglikanische Geistliche aufnehmen können oder auch Altkatholiken, die im anglikanischen Raum leben, sich dort als Gemeindemitglied empfinden können“.

Kirchengemeinschaft gebe es zudem mit der Philippine Independent Church. „Das ist eine Kirche der Armen, die in jener Zeit entstanden ist, als sich die Philippinen aus der Kolonialzeit heraus entwickelt haben und die eine Theologie der Befreiung nicht nur verkündet, sondern auch lebt“, so Lederleitner. Der Bischof war schon mehrmals zu Gast auf den Philippinen, man stehe in stetem Austausch.

Herausforderung Religionsunterricht

Eine besondere Herausforderung für die kleine altkatholische Kirche werde in Zukunft der Religionsunterricht sein, berichtete der Bischof. Bei ca. 500 Schülerinnen und Schülern österreichweit sei es höchst schwierig, den Religionsunterricht zu organisieren. Es gebe deshalb auch Überlegungen zu einem gemeinsamen Unterricht mit der evangelischen Kirche. Es stelle sich aber zu Recht dabei auch die Frage nach der eigenen konfessionellen Identität.

Auf die Kirchenfinanzen angesprochen, wies der Bischof darauf hin, dass sich seine Kirche analog zur katholischen und evangelischen Kirche aus dem Kirchenbeitrag finanziere. Im Extremfall verzichte man aber auf gerichtliche Klagen und versuche, mit anderen Methoden die Beiträge zu lukrieren, „was aber auch nicht immer sehr erfolgreich ist“, wie der Bischof einräumte.

Der Altarraum der altkatholischen Auferstehungskirche in Graz
Altkatholische Kirchengemeinde Auferstehungskirche
Blick in die altkatholische Auferstehungskirche in Graz

Gegen Spaltungstendenzen

Angesprochen auf den Karfreitag – dieser war bis 2019 nicht nur für die evangelischen, sondern auch für die altkatholischen Christinnen und Christen ein Feiertag – bedauerte Lederleitner, dass das Thema derzeit wenig Beachtung findet. Er könne Vorschlägen durchaus etwas abgewinnen, auf Feiertage wie etwa den theologisch weit weniger gehaltvollen Pfingstmontag zu verzichten, und dafür den Karfreitag als Feiertag wieder einzuführen.

Sendungshinweis

Die Altkatholiken sind auch Thema im Religionsmagazin „Praxis“, Mittwoch, 19.4.2023, 16.05 Uhr, Ö1.

Die altkatholische Kirche ist Gründungsmitglied des Weltkirchenrates wie auch des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ). Lederleitner vertrat seine Kirche auch im ÖRKÖ-Vorstand. Im Podcast sprach sich der Bischof auch vehement für mehr gesellschaftspolitisches Engagement der Kirchen aus. Er wies auf die Teuerungen, die zunehmende Armut und Spaltungstendenzen in der Gesellschaft hin. Hier seien die Kirchen massiv gefordert.

Benedikt XVI. spendete Priesterweihe

Bischof Lederleitner ging im Podcast auch auf seine persönliche Lebensgeschichte ein. Ursprünglich römisch-katholischer Priester, trat er in die altkatholische Kirche über. Er sei damit freilich kein Einzelfall, wie er sagte. Mehr als zwei Drittel des altkatholischen Klerus’ kämen aus der römisch-katholischen Kirche, die katholische Priesterweihe werde in der altkatholischen Kirche anerkannt. Die Priesterweihe empfing Lederleitner übrigens vom späteren Papst Benedikt XVI.

Glasfenster mit Jesus-Kopf in der altkatholischen Heilandskirche in Wien
Altkatholische Kirchengemeinde Heilandskirche
Fenster der altkatholischen Heilandskirche in Wien

„Aus der Gnade der Pensionisten“

In der altkatholischen Kirche müssen alle Kleriker, und so auch der Bischof, mit 65 Jahren in Pension gehen. Freilich gebe man sein priesterliches Amt damit nicht einfach ab, betonte Lederleitner im Podcast. Auch seine beiden Vorgänger im Bischofsamt – Bernhard Heitz und John Okoro – seien noch „hoch aktiv“.

„Die Kirche lebt im Moment auch aus der Gnade der Pensionistinnen und Pensionisten.“ Bernhard Heitz helfe regelmäßig in einer Kirchengemeinde in Wien aus und John Okoro leite die Kirchengemeinde Vorarlberg als verantwortlicher Seelsorger.

Seine persönlichen Pläne gingen dahin, so Lederleitner, dass er sich etwa in der Kirchengemeinde Graz engagieren werde. Ebenso wolle er nach wie vor in Sachen Religionsfreiheit beim Hilfswerk „Christen in Not“ und im Blick auf den interreligiösen Dialog bei der „Coalition of Faith-Based Organizations“ tätig bleiben.