Ein Kruzifix an einer Kette
APA/AFP/Alberto Pizzoli
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„The Popes Exorcist“

Exorzismus in Film und Wirklichkeit

Der Horrorthriller „The Pope’s Exorcist“ über den früheren Chefexorzisten des Vatikans, Gabriele Amorth, läuft ab Donnerstag in österreichischen Kinos. Auch hierzulande wird das kirchliche Ritual des „Heilungs- und Befreiungsdienstes“ durchgeführt – allerdings unspektakulärer als im Kino.

Ein dunkles Zimmer, unheimliche Geräusche, ein schwach beleuchtetes Kreuz. In einem schmutzigen Bett verdreht ein Kind die Augen und spuckt einen toten Vogel aus. So wirbt die Filmindustrie für den Horrorstreifen „The Pope’s Exorcist“, der ab Gründonnerstag (6. April) in den Kinos zu sehen ist. Schauspieler Russell Crowe (58) verkörpert darin einen der bekanntesten Teufelsaustreiber der katholischen Kirche: Gabriele Amorth, Exorzist der Diözese Rom.

Auch in Österreich wird das Ritual durchgeführt, u.a. vom Grazer Priester Johannes König. Der Seelsorger ist – anders als Hollywood – um ein nüchternes Bild vom Exorzismus bemüht: Ein Exorzismus biete nichts „Reißerisches“ und keinen Horror, unterstreicht König. Es sei vielmehr eine Hilfe für Menschen in großer Not, die unterschiedliche Formen annehmen könne, erklärt der Seelsorger. Der „Heilungs- und Befreiungsdienst“ sei eine Möglichkeit unter vielen, sagte König im Kathpress-Interview. Und: „Den Teufel habe ich noch nie gesehen“.

Reinigung und Heilung

Unter Exorzismus wird die rituelle Vertreibung böser Mächte und Geister aus Personen, Lebewesen oder Gegenständen verstanden. Solche Praktiken gibt es in vielen Kulturen und sollen der ganzheitlichen Reinigung und Heilung dienen. Die katholische Kirche versteht unter dem Begriff eine Bitte an Gott, einen Menschen von der Macht des Bösen zu befreien.

Der ehemalige Chef-Exorzist des Vatikans, Gabriele Amorth
APA/AFP/Giuliano Napolitano
Das Leben des 2016 verstorbenen Priesters und Chefexorzisten des Vatikans, Gabriele Amorth, dient als Vorlage für den fiktiven Horrorfilm „The Pope’s Exorcist“, der am Donnerstag in Österreichs Kinos anläuft

Der Exorzismus kann auch einen im Namen Jesu Christi an den Teufel gerichteten Befehl umfassen, den Betroffenen zu verlassen. Die Vollmacht zum Vollzug des Exorzismus leitet die Kirche aus dem Neuen Testament ab. Vorbild sind die Dämonenaustreibungen, die Jesus vornahm.

Nach vatikanischen Richtlinien muss ein Exorzist zunächst prüfen, ob wirklich ein Fall von Besessenheit vorliegt. Um böse Mächte zu vertreiben, spricht der Priester unter anderem Gebete und Segensformeln. Gegebenenfalls berät er sich aber auch mit Medizinern und Psychiatern. Der 1999 vom Vatikan etablierte „Große Exorzismus“ ist ein einstündiges und fast vollständig in lateinischer Sprache vorgetragenes Gebet. Das Ritual wird immer von zwei Priestern durchgeführt.

Unerklärliche Vorkommnisse

Der 2016 verstorbene Amorth berichtete in Interviews immer wieder über unerklärliche Vorkommnisse. So sollen Besessene beim Exorzismus ganze Gegenstände wie Nägel oder auch Rasierklingen ausgespuckt haben. Der Grazer Jesuit kann mit solchen Ereignissen nicht mithalten. Nur einmal habe sich eine Person am Boden gewälzt, eine andere mit fremder Stimme gesprochen.

König ist einer von acht steirischen Priestern, die von Bischof Wilhelm Krautwaschl beauftragt wurden, Menschen mittels „Heilungs-und Befreiungsdienst“ zur Seite zu stehen. Wie oft in Österreich Exorzismen durchgeführt werden, ist unbekannt. Der 78-Jährige war selbst erst einmal bei einem sogenannten „Großen Exorzismus“ dabei, der „sehr nüchtern und ruhig“ abgelaufen sein soll.

Klare Regeln für Seelsorgemaßnahmen

In der Steiermark gebe es „klare Regeln, was zu tun ist, wenn Betroffene einen Exorzismus verlangen“, erklärt König. Zuerst werden die Personen an einen Ombudsmann verwiesen, in weiterer Folge wird ihnen ein Priester für den begleitenden „Heilungs- und Befreiungsdienst“ zur Seite gestellt. „In Gesprächen finden wir dann heraus, welche Seelsorgemaßnahmen sinnvoll sein könnten“, erklärt König.

Wird ein „Großer Exorzismus“ durchgeführt, muss der Betroffene davor mit einem Psychiater sprechen, der abschätzt, ob das Ritual oder aber eine andere Möglichkeit sinnvoll sein könnte. Erst dann werde der Exorzismus durchgeführt, bei dem immer zwei Priester anwesend sein müssen.

Exorzismus „keine Tablette“

„Ein beträchtlicher Teil erledigt sich schon mit dem ersten Gespräch, weil die meisten Menschen mit den normalen Wegen der Seelsorge, wie Beichte oder Krankensalbung, auskommen.“ Laut König liegt aber oft ein Missverständnis vor: So sei ein Exorzismus „keine Tablette, die man nimmt und dann ist alles erledigt“.

Manchen Personen ginge es lediglich um die Befriedigung des eigenen Narzissmus, andere kämen aus reiner Neugier, erklärt der Priester, der u. a. in der Gefangenenhausseelsorge tätig ist. Das Gebet um Heilung und Befreiung sei letztlich nur im Kontext eines gläubigen Lebens sinnvoll.

Kritik an schnellen Austreibungsritualen

Wenn Personen etwa über „Attacken des Bösen“ klagen oder glauben, von „dem Bösen“ besessen zu sein, helfe es oft, sensible Seelsorgegespräche zu führen. Manche benötigten eine theologische Aufklärung und Erklärungen, wie man mit Sorgen oder psychischen Belastungssituationen umgehen könne, meint König, seit über 25 Jahren Krankenhausseelsorger im Landesklinikum Graz Süd-West.

Die Kirche sehe das Angebot als „Hilfe zur Selbsthilfe, um die Betroffenen in ein geordnetes Leben zu führen“, sagt König. Wird der Exorzismus leichtfertig eingesetzt, kann dies zulasten der Betroffenen gehen und das psychische Leid verstärken. Kritik übt der Seelsorger dabei an Priestern, die zu schnell mit einem „kleinen Befreiungsgebet“ oder Austreibungsritualen „helfen“ wollen. Davon Betroffenen treffe er oft später im Landeskrankenhaus Graz in der Psychiatrischen Abteilung.

Kirche bezüglich Exorzismus gespalten

Generell sei die Kirche in dieser Frage gespalten, meint der Jesuitenpater. Manche Diözesen besetzten ihre Exorzisten mit Verweis auf die psychiatrischen Heilungsmöglichkeiten nicht mehr nach, andere gingen eher locker mit dem Anbieten von Exorzismen um. Letzteres träfe speziell auf Italien, Rumänien, Polen, Kroatien und den afrikanischen Kontinent zu – die laut König einen „anderen Umgang mit dem Bösen“ hätten.

Auch in Deutschland bemüht man sich um einen nüchterneren Blick auf die Praxis des Exorzismus. Einerseits müssten die spirituellen Bedürfnisse von Menschen, die um eine Teufelsaustreibung bitten, ernst genommen werden, heißt es auf der Internetseite der Deutschen Bischofskonferenz. Gleichzeitig soll die Hilfe nicht einseitig auf das Spirituelle verkürzt, sondern ein „Netzwerk an Helfenden“ einbezogen werden – etwa medizinische Fachleute.

Russell Crowe als Gabriele Amorth in dem Hooror-Thriller „The Pope’s Exorcist.“
APA/AP/Sony/Jonathan Hession
Russell Crowe als Gabriele Amorth in „The Popes Exorcist“

Exorzistenvereinigung kritisiert Film

Seit 1994 gibt es eine Internationale Vereinigung der Exorzisten (AIE), der nicht nur Priester angehören. 2014 erkannte die vatikanische Kleruskongregation den Zusammenschluss offiziell an und billigte dessen Statuten. Gründer der Vereinigung war der 2016 verstorbene Priester Gabriele Amorth, dessen Leben die Vorlage für den fiktiven Horrorfilm „The Pope’s Exorcist“ liefert. Zum aktuellen Film äußerte sich die AIE kritisch. Schon der Trailer zeige, wie unglaubwürdig mit dem sensiblen Thema des Exorzismus umgegangen werde, so die Vereinigung.

Der 1925 im norditalienischen Modena geborene Amorth war einst antifaschistischer Widerstandskämpfer und kam erst spät zu seinem Fach. Nachdem Amorth Theologie und Rechtswissenschaft studiert hatte, arbeitete er rund 30 Jahre als Herausgeber der katholischen Monatszeitschrift „Madre di Dio“. 1986, im Alter von 61 Jahren, ernannte ihn die Diözese Rom den Mann zum Exorzisten.