Dieser ermittelt seit Jänner im rätselhaften Fall. Vor Journalistinnen und Journalisten sagte Pietro Orlandi, er sei „zuversichtlich“, dass das Treffen mit Diddi, auf das er zwei Jahre lang gewartet hatte, zu konkreten Ergebnissen führen werde.
Im Fall Orlandi sei es der Wunsch und der eiserne Wille des Papstes und des vatikanischen Staatssekretärs Pietro Parolin, „ohne Vorbehalt Klarheit zu schaffen“ sagte Diddi in einem Interview mit der Mailänder Tageszeitung „Corriere della Sera“ (Dienstag-Ausgabe).
„Größtmögliche Handlungsfreiheit“
„Sowohl der Heilige Vater als auch Kardinal Parolin haben mir größtmögliche Handlungsfreiheit zugestanden, um ohne jegliche Beeinflussung und mit der festen Aufforderung, nichts zu verschweigen, umfassend zu ermitteln“, erklärte der Staatsanwalt. Diddi verriet, dass die Untersuchungen „erste Ergebnisse“ gebracht hätten.
Die 15-jährige Emanuela Orlandi war am 22. Juni 1983 nicht vom Musikunterricht heimgekehrt. Der Fall gilt als eines der größten Rätsel in der jüngeren italienischen Kriminalgeschichte. Um Orlandis Verschwinden rankten sich immer neue Spekulationen und Verschwörungstheorien, in denen auch der Vatikan eine Rolle spielt.
Erpressung als Hintergrund vermutet
Eine verbreitete Theorie geht davon aus, dass die Tochter eines Vatikan-Mitarbeiters von einer Bande entführt wurde, die den damaligen Chef der Vatikanbank, Paul Marcinkus, erpressen wollte. Unbewiesen ist auch eine andere Theorie, wonach Emanuela Orlandi entführt wurde, um die Freilassung von Mehmet Ali Agca zu erpressen, der 1981 einen Mordversuch auf Papst Johannes Paul II. verübt hatte.
Eine im Oktober ausgestrahlte Netflix-Serie untersuchte alle Schritte des damaligen Ermittlungsprozesses, auch dank der zum Teil brisanten Aussagen von Zeugen. Zu ihnen zählt eine damalige Freundin Orlandis, die behauptete, Emanuela habe ihr in einem Gespräch eine Woche vor ihrem Verschwinden berichtet, sie sei von einer „dem Papst sehr nahestehenden Person“ sexuell belästigt worden.